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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mann am Ruder ist genug!«
    Die Ruder wurden eingezogen, die Hälfte der Bänke maskirt, und nun hatte das Boot gegen früher nur die Hälfte der thätigen Mannschaft.
    »Legt Beil und Messer zur Hand! Greift wieder an! So, meine Jungens! Die Anderen gehen unter Deck!«
    Man sah, der Bootsmann wollte den Dänen über die Größe der Bemannung täuschen, eine List, die unter allen Umständen von Nutzen sein mußte. Man war ihm unterdessen so weit nahe gekommen, daß man sich eher ein sicheres Urtheil über ihn bilden konnte, und die Leute im Boote warteten mit Spannung auf den Ausspruch ihres Vorgesetzten, den sie als einen Mann kannten, der allen an ihn gemachten Ansprüchen gewachsen war.
    »Ja, ein Däne ist’s,« sagte er endlich, »und zwar ein Holsteingänger, der für den Dänenkönig Erik nach Kräften raubt und stiehlt. Wer weiß, was für ungehörig Gut er in seinem Raume birgt! Fast könnte man ihn ein wenig leichter machen, oder gar – – Hm, ich schätze ihn auf dreißig Mann, und wir sind ohne einen, der am Steuer bleiben müßte, unserer neunzehn. Die Sache könnte gehen, wenn alles glücklich steht. Am besten ist’s, wir lassen ihn an uns kommen. Hat er Vernunft, so fahren wir vorüber; will er uns aber an den Kragen, so mag er sehen wie es kommt!«
    Das Boot folgte unverändert seinem Cours und kam bald in die Nähe des Dänen. Es war eine kleine Galeote mit hohem Vorder-und Hintercastell, schwerbauchig gebaut und trug das unbehilfliche Segelwerk der damaligen Zeit. In den Raaen und Wanten hingen einige Leute, welche eifrig damit beschäftigt waren, die Schäden auszubessern, welche man während der Nacht erlitten hatte; neugierige Köpfe blickten über die hohe Brustwehr, und auf dem Quarter stand ein Mann, der das Kommando führte und das herannahende Boot mit scharfem Blicke musterte. Als es in Sprechweite gekommen war, legte er die Hände an den Mund und rief:
    »Boot, ahoi, laß das Segel fahren!«
    »Laß fahren!« kommandirte der Bootsmann mit schallender Stimme, und leiser setzte er hinzu: »Du sollst Deinen Willen haben, Alter; sprich Dich nur aus!«
    »Wendet zur gleichen Fahrt!« schallte es vom Dänen herab.
    »Legt um!« rief der Bootsmann seinen Leuten zu, indem er zum Steuermanne trat und leise hinzufügte: »Gieb her; will’s selbst einmal versuchen!«
    »Woher den Kurs?«
    »Von Hamburg.«
    »Wohin?«
    »Nach Helgoland.«
    »Was habt Ihr geladen?«
    »Proviant für die Inselleute.« Und leiser klang es: »Den können wir kaufen; wir haben kaum zwei Handbreit vom Boote unter Wasser, und dennoch fragt er nach der Ladung.«
    »Proviant? Den brauche ich nothwendiger, als die da drüben: ich werde ihn Euch abkaufen. Nehmt das Tau und macht Euch fest!«
    »Geht nicht, Herr! Der Proviant ist schon bezahlt; ich kann die Leute nicht hungern lassen.«
    »Ich die meinen auch nicht. Werde Euch das Zeug nochmals bezahlen.«
    »Womit?«
    »Das werdet Ihr sehen. Laßt das Geschwätz und nehmt das Tau!«
    »Gut, so werft es!«
    Das Tau wurde geworfen; der Bootsmann fing und befestigte es.
    »So, jetzt hat er entweder uns oder wir ihn. Wir sollen sehen, womit er zahlt? O, das wissen wir schon! Nun, wir werden ihm vielleicht nichts schuldig bleiben!« brummte er.
    Der Däne ließ einige Reffs in die Segel fallen und drehte bei, ein Manöver, welches damals noch bei Weitem schwieriger war als jetzt, ja, es wäre wohl ganz unmöglich gewesen, wenn der Wind sich nicht so sehr gemildert gehabt hätte. Das Boot lag hart im Lee des Schiffes; ein Ruderschlag genügte, um Planke an Planke zu bringen. Die Leute, welche ihren Bootsmann gar wohl verstanden hatten, warteten nur auf den Befehl desselben, um statt der Ruder die Enterbeile in die Hand zu nehmen.
    »Der Bootsmann herauf!« erscholl es von oben.
    »Gleich, Herr! Aber laßt doch das Fallreep herab, ich bin krank zum Klettern!«
    Wirklich wurde ganz wider Erwarten die Schiffstreppe herabgelassen, so daß jetzt dem Besteigen der hohen Borde gar keine Schwierigkeiten im Wege standen.
    »D’rauf, Ihr Mannen. Schlagt sie nieder, aber schont das Leben!« rief der Bootsmann und stand, allen Anderen voran, im nächsten Augenblicke droben auf dem Verdecke.
    Mit einigen raschen Sprüngen hatte er den Befehlshaber erreicht, den er mit der Axt vor die Brust stieß, daß er hintenüber stürzte.
    »So, nun können wir über den Preis reden, Alter! Einstweilen liegst Du gut.«
    Mit kräftigen Streichen wehrte er einige der Feinde ab, welche herbeigeeilt waren,

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