Der Bestienhelm
dann erkannte er jedoch im Fackellicht Nottr, der das Krummschwert schlagbereit in der Hand hielt.
»Ich habe dich gesucht!« rief Nottr. Er schob das Schwert in die Scheide und hielt sich am Steigbügel Mythors fest. »Sie warten alle auf dich. Elivara will die Stadt verlassen. Sie brauchen dich.«
Mythor nickte. In langsamem Trab ritt er auf das Schloss zu. Nottr ließ sich mitziehen und rannte neben ihm her. Die Hufe klapperten durch das Tor. Als Mythor den Hof erreichte, sah er ihn hell erleuchtet von zahlreichen Fackeln. Mägde und ein paar Jungen waren dabei, Pferde zu satteln und auszurüsten.
Die Rappen von Elivaras Gespann bissen aufgeregt auf den Trensen und konnten nur noch mühsam gehalten werden.
Sogar bis in diesen Schlosshof, von Mauern und Gebäuden umgeben, drang noch das chaotische Geräusch der Kämpfe herein.
Nottr löste sich von Mythors Sattel und lief auf Kalathee zu, die neben einem der Pferde stand.
»Wo ist die Königin?« rief Mythor und sprang aus dem Sattel.
Eine Dienerin deutete zur Treppe und antwortete: »In ihren Räumen.«
Mythor dankte mit einem Kopfnicken und stürmte die Treppe hinauf. Er hatte plötzlich das starke Gefühl, dass sich eine Entwicklung anbahnte, die ihm angst machte. Das Gläserne Schwert in seiner Hand leuchtete schwach. Schloss Fordmore hatte sich auf beängstigende Weise geleert; es befanden sich nur noch Menschen darin, die nicht oder nur ungenügend zur Verteidigung der Stadt beitragen konnten. Mit einigen Ausnahmen. Inzwischen kannte Mythor die Hallen und Korridore, und er rannte zielstrebig auf die Gemächer neben der großen Halle zu. Als er die schwere, dunkle Tür mit den Schnitzereien vor sich sah, hörte er einen furchtbaren Schrei.
Eine Frau war es, die geschrien hatte und noch immer schrie. Entsetzen und tödliche Angst klangen in diesem Laut, der Mythor zusammenzucken ließ. Er hob das Schwert, drehte seinen Körper und rammte die Tür, die mit einem krachenden Geräusch aufsprang und gegen die Wand schlug. In einer Wolke aus Staub und Holzsplittern stand Mythor in dem Türrahmen. Was er in dem Raum sah, ließ ihm das Blut in den Adern gerinnen.
*
In der Dunkelheit waren große Truppenteile der Caer in einem weiten Bogen nördlich der Stadtmauern durch die Felder und das leere Land gezogen, vorbei an leeren Bauernhöfen, vorbei an Quellen, Waldstücken und über kleine Brücken.
Die Caer trugen alles bei sich, was sie brauchten, um durch eines der kleinen Tore in Nordosten, Osten oder Südosten durchzubrechen. Die Hufe der Pferde waren mit Lumpen und Fellen umwunden gewesen, als sie das Lager verlassen hatten. Die Achsen der Wagen troffen vor Fett.
Waffen, Rammböcke, ballistische Geschütze und Verpflegung für die Krieger, Werkzeuge, Sturmleitern und Seile befanden sich auf den Karren. Im Schutz der Finsternis formierten sich drei Stoßkeile, deren Ziel die drei kleinen Tore waren.
Auf seinem schweren Pferd galoppierte Coerl O'Marn entlang der nördlichen Streitmacht. Er saß trotz der Schwere seiner Rüstung locker im Sattel. Seine Augen und auch die des braunen Hengstes Chelm schienen die Dunkelheit durchdringen zu können, denn die Caer trugen keine brennenden Fackeln. Sie erkannten die größten Hindernisse auf ihrem Weg nur im schwachen Widerschein der Fackeln, die sich wie ein Lichterkranz entlang der Mauerkrone, den Zinnen der Türme und der Torbefestigung hinzogen.
Coerl O'Marn erreichte die Spitze des ersten Zuges und beugte sich aus dem Sattel. Er brauchte weder die magischen Kräfte Drudins noch die beiden Priester Aerinnen und Feithearn, um seine Aufgaben richtig durchzuführen.
»Hör zu, Mann«, sagte er, »du wirst keine Männer willkürlich opfern! Berennt das Tor, versucht einzudringen und legt Brände! Aber wir brauchen kein falsches Heldentum in dieser Nacht.«
»In ein paar Tagen fällt Nyrngor!« versicherte der Anführer grimmig und voller Zuversicht. »Auch Aerinnen sagte es.«
»Ich sage es auch, und ich bin nicht Aerinnen«, gab O'Marn zurück. »Aber der Hauptangriff wird am Hafentor geführt. Es ist unsere Aufgabe, Verteidiger von dort abzuziehen und hier zu binden. Verstanden?«
»Wir gehorchen deinen Befehlen, Ritter!« sagte der Anführer. »Werden auch die anderen wissen, was zu tun ist?«
»Ich sorge dafür«, grollte Coerl und schob das Visier wieder in die Stirn.
Er hob den Arm, gab Chelm die Sporen und überholte die Spitze des Zuges, wandte sich nach Süden und galoppierte quer über die
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