Der Bestseller
man sich ein Video über einen fiktiven Mord an, der irgendwo verübt worden ist — in dem Jahr, in dem wir teilnahmen, war der Schauplatz des Verbrechens ein englisches Herrenhaus. Während der folgenden Tage haben die Gruppen Gelegenheit, verschiedene Verdächtige (die in Wirklichkeit verkleidete Krimiautoren sind) zu verhören. Als Margo und ich dort waren, nahmen unter anderen Ed McBain, Simon Brett und Mary Higgins Clark teil. Nach den Verhören und ein oder zwei weiteren »Morden« ziehen sich die Gruppen zur Beratung in einen der unzähligen Winkel zurück, mit denen das Mohonk Mountain House, ein weitläufiges Hotel, das an einem Berghang steht, reichlich ausgestattet ist.
»Unsere Gruppe hat sich versammelt, um Notizen zu vergleichen und das Rätsel zu lösen«, sagte Margo. »Und weißt du noch, was wir dann gemacht haben?«
»Klar. Wir haben eine Tafel benutzt — nein, eigentlich war es ein großer Block auf einer Staffelei.«
»Ja, und wir haben drei Spalten gemacht: Motiv, Gelegenheit und Alibi.«
»Und dann haben wir diese drei Kategorien bei jedem Verdächtigen überprüft«, fiel ich ihr ins Wort.
»Und schließlich«, sagte Margo triumphierend, »hatten wir unseren Hauptverdächtigen und schrieben ein Fünf-Minuten-Expose, in dem wir den Mörder entlarvten.«
>Leider war er es dann doch nicht. Trotzdem hatten wir eine Menge Spaß.<
»Was ich jetzt vorschlagen möchte«, fuhr Margo fort, »ist, daß wir uns am nächstmöglichen Wochenende in Connecticut versammeln...«
»Am nächsten Wochenende geht es nicht«, unterbrach ich sie. Dank Lieutenant Hatcher .
»...und eine Gruppe bilden wie in Mohonk. Und dann gehen wir genauso vor wie damals. Wollen mal sehen: Also, du und ich, Tim, Joe Scanlon, wenn er kann...«
»Wir sollten auch meine Mutter mit einbeziehen«, sagte ich. »Und Herbert Poole.«
»Poole unbedingt. Und Gertrude auch, wenn sie Lust hat.«
»Sie wird Lust haben«, murmelte ich. Laut sagte ich: »Das ist eine hervorragende Idee, Margo.«
Sie strahlte. »Ich dachte mir schon, daß dir das gefallen wird.«
Am dritten Tag, den Margo bei mir verbrachte, traf ich die nötigen Vorbereitungen. Ich telefonierte mit Joe Scanlon, der sagte, er habe schon immer wissen wollen, wo ein reicher Verleger seine Wochenenden verbrachte, und mit Herbert Poole, der bereit war, sein Domizil auf Fire Island zu verlassen, um ein Wochenende lang Detektiv zu spielen. Meine Mutter und mein Bruder brannten ebenso wie Margo darauf, es mit dieser Methode zu versuchen.
In der dritten Nacht erwachte ich schreiend und stöhnend und fand Margo auf meinem Bett, die mich in den Armen hielt und sagte: »Ist schon gut, ist schon gut, Nick — ich bin ja da.« Sie wischte mir mit einem Zipfel der Bettdecke den Schweiß von der Stirn.
»Ich muß einen Alptraum gehabt haben«, sagte ich, »aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern. Mein Gott, ich weiß nur noch, daß es schrecklich war.«
»Jetzt ist alles gut, mein Liebling«, flüsterte sie und küßte mich auf den Mund, wie sie es schon einige Male getan hatte, seit ich aus dem Krankenhaus entlasssen worden war. Allerdings hatte sie mich immer nur ganz leicht geküßt, damit ich bloß nicht auf den Gedanken kam, sie hätte irgendwelche Absichten.
Diesmal jedoch war der Kuß intensiver, und sie löste sich nicht aus der Umarmung, sondern schmiegte sich an mich. Durch das dünne seidene Nachthemd spürte ich die Wärme und die tröstliche Fülle und Kraft ihres Körpers. Ich seufzte, erwiderte ihren Kuß und nahm sie in meine Arme.
Sie blieb für den Rest der Nacht in meinem Bett, und am nächsten Morgen war keine Rede mehr davon, daß sie in ihre Wohnung zurückkehren würde.
Beim Frühstück kam sie jedoch auf Susan Markham zu sprechen, und darüber war ich regelrecht erleichtert, denn ich wollte nicht, daß irgend etwas aus der jüngeren Vergangenheit das, was ich als unseren Neubeginn betrachtete, überschattete.
»Liebling«, sagte sie, »ich glaube, meine Frage entspringt einer gewissen Unsicherheit, aber... na ja, sie war natürlich jünger als ich und... also... Warst du in sie verliebt? Du weißt schon, was ich meine.«
Ja, ich wußte, was Margo meinte. Sie wollte wissen, ob ich Susan besser als sie gefunden hatte.
»Nein, ich glaube, ich war nicht in sie verliebt«, sagte ich. »Dafür kannten wir uns zu kurz. Keiner von uns hatte am Leben des anderen teilgehabt wie du und ich. Ich war fasziniert von ihr. Sie war so anders — wie
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