Der blaue Mond
unsere Antwort ziemlich schnell bekommen.
Doch leider war es nicht die gute Nachricht, auf die ich gehofft hatte.
Eigentlich eher im Gegenteil.
Gerade als alles wieder ins Lot zu kommen schien und so aussah, wie es sollte, fielen meine Hoffnungen wie ein Kartenhaus zusammen. Denn ich erfuhr, dass der blaue Mond, der seltenste aller Vollmonde, der bloß alle drei bis fünf Jahre vorkommt und der außerdem mein einzig mögliches Fenster für eine Zeitreise darstellt, seinen nächsten geplanten Auftritt ausgerechnet morgen hat.
»Ich kann es immer noch nicht glauben«, sage ich und steige aus dem Auto, während Ava die Parkuhr mit mehreren Münzen füttert. »Ich dachte, es sei nur ein einfacher Vollmond. Mir war völlig unklar, dass es da einen Unterschied gibt oder dass sie so selten sind. Was soll ich denn jetzt machen?«
Sie klappt ihren Geldbeutel zu und sieht mich an. »«Tja, soweit ich sehe, hast du drei Möglichkeiten.«
Ich presse die Lippen zusammen und weiß nicht, ob ich auch nur eine davon hören will.
»Du kannst gar nichts tun, dich einfach zurücklehnen und zusehen, wie alles, was du liebst und schätzt, vor die Hunde geht, du kannst dich auf Kosten aller anderen nur um eine einzige Sache kümmern, oder du kannst mir genau sagen, was hier los ist, damit ich sehe, ob ich dir helfen kann.«
Ich hole tief Luft und sehe sie an, wie sie in ihrer gewohnten Kluft aus verwaschener Jeans, silbernen Ringen, einer weißen Baumwolltunika und braunledernen Zehensandalen vor mir steht. Immer zur Stelle, immer verfügbar, immer bereit, mir zu helfen, sogar wenn ich gar nicht kapiere, dass ich Hilfe brauche.
Selbst damals, als ich ihr gegenüber abweisend (und wenn ich ehrlich bin - mehr als ein bisschen fies) war, war Ava da und hat gewartet, bis ich eingelenkt habe. Nie hat sie mir meine negative Haltung ihr gegenüber zum Vorwurf gemacht, nie hat sie mir die kalte Schulter gezeigt oder mich so weggestoßen wie ich sie. Es ist, als hätte sie die ganze Zeit bereitgestanden und darauf gewartet, als meine übernatürlich begabte große Schwester zu fungieren. Und jetzt ist sie so ziemlich die Einzige, die ich noch habe - die Einzige, auf die ich zählen kann, die Einzige, die mein wahres Ich zumindest ansatzweise kennt, einschließlich der meisten meiner Geheimnisse.
Und angesichts all dessen, was ich gerade erfahren habe, bleibt mir keine andere Wahl, als mich ihr anzuvertrauen. Es ist völlig ausgeschlossen, dass ich es allein schaffe, wie ich anfangs noch gehofft hatte.
»Okay.« Ich nicke und versuche, mir einzureden, dass es nicht nur das Richtige ist, sondern die einzige Möglichkeit überhaupt. »Du musst Folgendes für mich tun.«
Und während wir die Straße entlanggehen, schildere ich ihr, was ich an dem Tag in dem Kristall gesehen habe. Dabei erkläre ich ihr so viel wie möglich, während ich das bewusste Wort vermeide und mein Versprechen gegenüber Damen halte, nämlich niemals preiszugeben, dass wir unsterblich sind. Ich sage Ava, dass Damen das Gegengift braucht, damit er sich wieder erholt, ergänzt durch seinen »speziellen roten Energy-Drink«, um wieder zu Kräften zu kommen. Ich erkläre, dass ich vor der Wahl stehe, entweder mit der Liebe meines Lebens zusammen zu sein oder vier Leben zu retten, die nie hätten enden dürfen.
Als wir dann vor dem Laden stehen, in dem sie arbeitet, dem Laden, an dem ich schon oft vorbeigekommen bin, den ich jedoch niemals betreten wollte, sieht sie mich an, und ihr Mund öffnet sich, als wollte sie etwas sagen, doch dann macht sie ihn wieder zu. Dieses Schauspiel wiederholt sich ein paarmal, bis sie schließlich hervorstößt: »Aber schon morgen] Ever, kannst du so früh schon gehen?«
Ich zucke die Achseln, und mir wird flau im Magen, als ich es laut ausgesprochen höre. Doch da ich auf keinen Fall noch drei oder fünf Jahre warten kann, nicke ich wesentlich selbstsicherer, als mir zu Mute ist. Ich sehe sie an und sage: »Und genau deshalb musst du mir helfen, das Gegengift zu beschaffen und einen Weg zu finden, es ihm zusammen mit dem Elix ...« Ich halte inne und hoffe, sie nicht hellhörig gemacht zu haben, ehe ich es hastig zu überspielen suche, indem ich sage: »... diesem roten Energy-Drink zukommen zu lassen, damit er sich erholt. Ich meine, jetzt, wo du weißt, wie man in sein Haus gelangt, fällt dir bestimmt auch eine Methode ein, wie du, na ja, ich weiß nicht, ihm etwas in sein Getränk tun kannst oder so«, sage ich in dem Wissen, dass
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