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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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Kugeln. Keine Kristallscheiben. Weder runde weiße Räume noch Hybridfernseher. Nothing. Nada. Niente.
    Nur eine leise Stimme, die hinter mir sagt: »Es ist zu spät.«
    Ich wende mich um, in der Erwartung, Romy zu sehen, doch stattdessen steht Rayne vor mir. Sie folgt mir, während ich eilig auf die Tür zugehe, weil ich unbedingt Abstand zu ihr gewinnen will, während sie dieselben Worte mehrfach wiederholt.
    Ich habe keine Zeit für so was. Ich habe keine Zeit, um einen Haufen unverständlichen Unsinn vom gruseligsten Zwilling der Welt zu enträtseln. Denn selbst wenn es im Sommerland, wo alles in einem permanenten Jetzt stattfindet, keine Vorstellung von Zeit gibt, weiß ich genau, dass die Zeit, die ich hier verbringe, zu Hause sehr wohl verrinnt. Was bedeutet, dass ich mich beeilen muss. Ich weiß, ich muss Damen retten, bevor ich die Zeit zurückstelle und nach Hause gehe. Und wenn die Antworten nicht hier zu finden sind - dann suche ich sie eben woanders.
    Ich beginne zu laufen. Als ich in die Gasse einbiege, ergreift mich ein so heftiger plötzlicher Schmerz, dass ich zu Boden sinke. Ich bohre mir die Finger in die Schläfen, während mein Kopf schmerzt, als würde von allen Seiten mit Messern auf ihn eingestochen, und sich vor meinem geistigen Auge ein wahrer Bilderwirbel entfaltet. Eine Reihe von Skizzen, die ineinander übergehen wie Buchseiten, gefolgt von detaillierten Beschreibungen ihres Inhalts. Ich bin gerade auf der dritten Seite angelangt, als ich begreife, dass das die Anweisungen für das Gegengift sind, mit dem ich Damen retten kann, darunter Kräuter, die während eines Neumonds gepflanzt wurden, seltene Kristalle und Mineralien, von denen ich noch nie gehört habe, von tibetischen Mönchen bestickte Seidentäschchen, was alles in einer Abfolge genauestens einzuhaltender Schritte vermischt werden muss, ehe es die Energie des nächsten Vollmonds aufsaugen kann.
    Und gleich nachdem mir das Kraut gezeigt wurde, das ich zur Vervollständigung des Unsterblichkeitssafts brauche, wird mein Kopf wieder klar, als wäre nie etwas gewesen. Also greife ich nach meiner Tasche, krame Zettel und Stift hervor und notiere mir den letzten Schritt, als auf einmal Ava auftaucht.
    »Ich hab's durch das Portal geschafft!«, sagt sie mit leuchtender Miene und strahlt mich an. »Ich hätte nie gedacht, dass ich das kann, aber als ich mich heute Morgen zu meiner gewohnten Meditation gesetzt habe, dachte ich: Was kann es schon schaden, es einmal zu versuchen? Und im nächsten Moment...«
    »Du bist schon seit heute Morgen hier?«, sage ich und mustere ihr schickes Kleid, die Designerschuhe, die schweren goldenen Armreifen und die juwelengeschmückten Finger.
    »Im Sommerland gibt es keine Zeit«, mault sie.
    »Mag sein, aber zu Hause ist es schon Mittag«, mahne ich sie, woraufhin sie die Stirn runzelt und sich weigert, sich von den lästigen Regeln der Erde behindern zu lassen.
    »Na und? Was soll ich schon verpassen? Einen endlosen Strom von Klientinnen, die von mir hören wollen, dass sie bald steinreich und berühmt werden, obwohl alles auf das Gegenteil hindeutet?« Sie schließt die Augen und seufzt. »Ich hab's satt, Ever. Bin die Tretmühle leid. Aber hier ist alles so wundervoll, dass ich am liebsten bleiben würde.«
    »Das geht nicht«, sage ich schnell und automatisch, obwohl ich gar nicht weiß, ob das stimmt.
    »Warum nicht?« Sie zuckt die Achseln, reckt die Arme zum Himmel und dreht sich immer wieder um sich selbst. »Warum kann ich denn nicht hierbleiben? Nenn mir einen guten Grund.«
    »Weil...«, beginne ich, wobei ich es am liebsten dabei belassen würde, doch da sie kein Kind ist, muss ich mir etwas Besseres einfallen lassen. »Weil es nicht richtig ist«, sage ich schließlich in der Hoffnung, dass sie auf mich hört. »Du hast doch etwas zu tun. Wir haben alle zu tun. Und sich hier zu verstecken ist wie - schummeln.«
    »Wer sagt das?« Sie zwinkert. »Willst du mir etwa erzählen, all diese Leute wären tot?«
    Ich blicke mich um und mustere die belebten Gehsteige, die langen Schlangen vor den Kinos und den Karaoke-Bars, und muss einsehen, dass ich keine Ahnung habe, was ich ihr entgegnen soll. Ich meine, wie viele von ihnen sind wie Ava - müde, lustlose, desillusionierte Seelen, die den Weg hierher gefunden und beschlossen haben, sich von der Erde zu verabschieden und nie zurückzukehren? Und wie viele von ihnen sind wohl gestorben und haben sich geweigert, überzutreten, genau wie es Riley

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