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Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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behandeln. Er verbot ihm, zuviel Wasser zu trinken, weil das seinen Magen aufschwellen lassen könnte. In den folgenden Tagen genoß Dulnikker Malkas hingebungsvolle Pflege. Sie strahlte vor schmeichelnder Bewunderung für den Mann, der um ihretwillen ein solches Risiko auf sich genommen hatte. Jedesmal, wenn sie mit dem Staatsmann sprach, enthielt ihr Lächeln etwas wie eine geheimnisvolle Ermutigung, und ihre flinken Finger ließen Dulnikkers Blut jedesmal prickeln, wenn sie seine Verbände wechselte.
    Abgesehen davon fühlte sich der Staatsmann nicht wohl, an seine harte Matratze gefesselt zu sein. Jedermann kannte seine legendäre, angestrengte, überströmende Energie - die angeborene Fähigkeit >Dulnikkers, der Maschine< für die er sich selbst gern hielt. Und mit Ausnahme seiner häufigen Herzanfälle lag Dulnikker nie krank im Bett. Nur einmal, vor langer, langer Zeit, als er noch der junge Leiter einer neuen Zementfabrik war, war er gezwungen gewesen, seine Tätigkeit einige Tage wegen eines Magengeschwürs zu unterbrechen. An sein Bett gefesselt, hatte sich Dulnikker fast verzehrt vor Sorge, daß das Produktionsniveau unter seiner Abwesenheit leiden könnte. Er flehte seine Mitdirektoren an, es ihn unverzüglich und sofort wissen zu lassen, sollte die
    Produktionskurve - Gott behüte - einen Trend nach unten zeigen, in welchem Fall er selbst noch aus dem Grab in die Fabrik zurückkehren würde, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Dulnikker blieb einen Monat im Krankenhaus, während die Produktion um acht Prozent anstieg. Seither war er nie wieder krank geworden.
    Es war daher nicht überraschend, daß der Staatsmann nicht durchhalten konnte. Sein erhabenes Ziel - die Erziehung des Dorfes - brachte ihn schnell auf die Beine. Am dritten Tag war Dulnikker aus dem Bett und begab sich auf die Straße, wo ihn Zev mit einem wartenden Pferd und einem zweirädrigen Wagen überraschte. Es war derselbe Karren, der dem stummen Pfeifenraucher gehörte. Der Sekretär hatte das Gefährt für zwei Wochen von ihm gemietet. Es wurde bald klar, daß das Holpern des bäuerlichen Fahrzeugs dem Staatsmann große Schmerzen verursachte, und daher zog es Dulnikker vor, zu Fuß dahinzuhinken, während ihm der Karren langsam folgte.
    Der Staatsmann zog bald einige Aufmerksamkeit auf sich, weil er - wie das Gerücht verlautete - mit seinem Krankenwärter zusammen versucht hatte, für die Frau von Elifas Hermanowitsch eine Taube zu stehlen. Die Bauern drückten ihre Hochachtung dadurch aus, daß sie Dulnikker zunickten, wenn sie auf der Straße an ihm vorbeikamen. Darüber hinaus aber blieben sie dieselben friedlichen Leute, deren gemessener Schritt ihn so sehr erbitterte.
    »Selbstgefälligkeit«, versicherte Dulnikker seinem Sekretär auf einem ihrer Spaziergänge. »Es ist klar, daß sie in dem Sumpf der kollektiven Apathie versinken. Einer einzigen starken Persönlichkeit, in der der gewisse Funke der Führernatur lebt, könnte es gelingen, ein bißchen Gärung in dem Dorf zu erzeugen. Aber wer sollte das sein? Vielleicht der Schuhflicker?«
    »Wie soll ich das wissen?« erwiderte der Sekretär gleichgültig. »Jedenfalls ist seine Tochter recht lebhaft.«
    »Dir, mein fauler Freund, geht es nur um dein Vergnügen«, sagte Dulnikker wütend. »Immer muß ich alles selber machen!«
    An diesem Punkt kehrte der Staatsmann seinem Sekretär den Rücken und betrat gleich darauf den Schusterladen. Zev setzte sich unter eine große Linde, riß einen Grashalm ab, legte ihn quer über seine gespitzten Lippen und begann auf ihm zu blasen. Er hatte sich noch nie so gelangweilt wie in den letzten paar Tagen.
    Der Laden Zemach Gurewitschs war nichts als ein kleiner Raum an der Seite seines Hauses und enthielt einen Tisch, zwei Schemel, einen Hammer, ein Stemmeisen, etwas Pech und eine Menge über den ganzen Fußboden verstreute Schuhleisten. Auf dem einen Schemel saß ein alter Mann mit einem fahlen Gesicht, der Holznägel in eine Schuhsohle trieb. Zemach Gurewitsch war soeben von seinem Feld zurückgekehrt und hatte seinen Lederschurz angelegt. Er begrüßte den Staatsmann mit einem leichten Nicken, aber der alte Mann hob kein Auge, um ihn auch nur anzusehen.
    »Meine Herren«, sagte der Staatsmann zum Schuhflicker, »ich habe ein Paar gute Schuhe, aber ich möchte, daß Sie Gummiabsätze darauf geben, damit mein Schritt elastischer wird. Wenn Sie nichts dagegen haben, schicke ich Ihnen morgen meinen Sekretär mit den Schuhen

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