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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Italiener Pacioli in der Epoche erfunden, in der auch C. Columbus und andere lebten. Das Merkblatt hielt fest, in diesem Flugzeugtyp befinde sich der Notsauerstoff in einem Feuer-löscher-ähnlichen Ding unter dem Sitz und er falle nicht per Maske von der Decke. Die primitive Undurchdringlichkeit der Gesichter war im Grunde unheimlicher, als es Angst oder eine andere sichtbare Emotion gewesen wäre. Es war unklar, ob die Hauptfunktion des Merkblatts der Öffentlichkeitsarbeit galt, rechtlicher Natur oder eine Mischung aus beidem war. Er versuchte kurz, sich die Definition von Gierung ins Gedächtnis zu rufen. Als er letzten Winter für die Prüfung gebüffelt hatte, hatte Sylvanshine immer wieder aufstoßen müssen und dann den Eindruck gehabt, es sei mehr als Aufstoßen; er hatte einen Geschmack im Mund, als wäre ihm etwas hochgekommen. Ein leichter Regen überzog das Fenster mit einem Spitzengeflecht und verzerrte das kreuzschraffierte Land, über das sie hinwegflogen. Im Grunde sah sich Sylvanshine als wankelmütigen Trottel mit bestenfalls einem marginalen Talent, dessen Verbindung zu ihm ebenfalls marginal war.
    Folgendes war ungefähr zur besagten Zeit im IRS -Regionalprüfzentrum Nordosten in Rome, NY , passiert: Zwei Abteilungen waren ins Hintertreffen geraten und hatten auf beklagenswert unprofessionelle Weise darauf reagiert, eine extreme Stressatmosphäre hatte das Urteilsvermögen getrübt und die vorgeschriebenen Verfahren außer Kraft gesetzt, und die eine Abteilung hatte die wachsenden Stapel von Steuererklärungen, Fremdrevisionsbelegen und W -2/1099-Formularen zu verbergen versucht, statt den Überhang zu melden und zu beantragen, dass die Rückstände teilweise an andere Zentren weitergeleitet würden. Sowohl umfassende Offenlegung als auch sofortige Abhilfemaßnahmen blieben aus. Nur die Frage, wo genau Störung und Panne aufgetreten waren, sorgte trotz der Sündenbocksuche in den Compliance-Chefetagen noch für Kontroversen, aber die Verantwortung lag letzten Endes bei der RPZ -Direktorin in Rome, obwohl nie eindeutig bewiesen werden konnte, dass die Abteilungsleiter sie über das volle Ausmaß des Rückstands in Kenntnis gesetzt hatten. Im Service kursierte inzwischen der fiese Witz, auf dem Schreibtisch dieser Direktorin hätte ein Holzschildchen mit der Aufschrift WELCHER SCHWARZE PETER ? gestanden. Erst nach drei Wochen hatten die Bezirksrevisionsabteilungen wegen des Ausbleibens geprüfter Steuererklärungen für die Revision und/oder die Automatisierten Inkassosysteme aufgeschrien, und die Reklamationen hatten sich langsam einen Weg nach oben und zur Kontrollabteilung gebahnt, was, wie sich jeder hätte denken können, nur eine Frage der Zeit sein konnte. Die Direktorin in Rome war in den Vorruhestand getreten, und ein Gruppenmanager war fristlos gefeuert worden, was bei einem GS -13 äußerst selten vorkam. Die Abhilfemaßnahmen mussten selbstredend kaschiert werden, damit keine unnötige Öffentlichkeit den Glauben und das Vertrauen der Menschen in den Service kompromittierte. Niemand schmiss Formulare weg. Verstecken ja, vernichten oder wegwerfen nein. Selbst auf dem Höhepunkt der katastrophalen Abteilungspsychose brachte es niemand über sich, etwas zu verbrennen, zu schreddern oder in Müllsäcke zu stopfen und wegzuwerfen. Das wäre eine echte Katastrophe gewesen – das wäre bekannt geworden. Das Fenster der Rettungsluke bestand anscheinend nur aus mehreren Plastikschichten, und die innerste gab unheildräuend nach, wenn man mit den Fingern draufdrückte. Über dem Fenster wurde streng davor gewarnt, die Rettungsluke zu öffnen, und direkt daneben illustrierte ein kleines Triptychon, wie die Luke zu öffnen war. Mit anderen Worten, als System war das schlecht durchdacht. Was heute Stress genannt wurde, hieß früher Anspannung oder Druck . Druck war heute eher etwas, das man auf andere ausübte. Reynolds sagte, einer von Dr. Lehrls Zweigstellenverbindungsleuten hätte das RPZ von Peoria als »Dampfkochtopf« bezeichnet, das galt allerdings eher der Prüf- als der Personalabteilung, und später war Sylvanshine als Vorhut genau dorthin versetzt worden, um Vorkehrungen gegen einen potenziellen Systems-Totalausfall zu treffen. Die Wahrheit, die sich Reynolds gerade noch verkneifen konnte, lautete, dass der Auftrag nicht sonderlich prekär sein konnte, wenn man ihn Sylvanshine anvertraute. Seinen Recherchen zufolge waren die CPA- Prüfungstermine am Peoria College of Business der 7. und

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