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Der Blinde von Sevilla

Der Blinde von Sevilla

Titel: Der Blinde von Sevilla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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verschwand die Familie im Marks & Spencer’s auf der anderen Seite des Platzes. Wieder und wieder wurde die Familie gezeigt, bis die drei Männer angesichts all der Einkaufszentren, Strandausflüge und paseos auf der Plaza de España und im Parque de María Luisa ein Gähnen unterdrücken mussten.
    »Will er uns zeigen, dass er seine Hausaufgaben gemacht hat?«, fragte Ramírez.
    »Beeindruckend langweilig, nicht wahr?«, sagte Falcón, obwohl er eigentlich eigenartig fasziniert war von der sich verschiebenden Dynamik zwischen den einzelnen Familienmitgliedern an unterschiedlichen Schauplätzen. Die generelle Idee einer Familie zog ihn an, vor allem diese offensichtlich glückliche Familie, und wie es wäre, selbst eine zu haben, was ihn zu der Frage führte, wie es kam, dass er diesbezüglich so versagt hatte.
    Erst als der Film eine andere Richtung einschlug, wurde er aus seinen Grübeleien gerissen. Es waren die ersten Aufnahmen, in denen die Familie nicht als Ganzes zu sehen war. Raúl Jiménez und die Jungen waren im Betis-Stadion, und an den Schals konnte man erkennen, dass der Gegner Sevilla war – das Lokalderby.
    »An den Tag erinnere ich mich«, sagte Calderón.
    »Wir haben eins zu vier verloren«, fügte Ramírez hinzu.
    »Sie haben verloren«, protestierte Calderón. »Wir haben gewonnen.«
    »Ach nee«, sagte Ramírez.
    »Für wen sind Sie denn, Inspector Jefe?«, fragte Calderón.
    Falcón reagierte nicht. Kein Interesse. Ramírez sah sich um, sichtlich verlegen.
    Es folgte ein Schnitt auf das Edificio Presidente. Consuelo Jiménez stieg allein in ein Taxi. Ein weiterer Schnitt auf eine Allee, in der sie das Taxi bezahlte und wartete, bis der Wagen weggefahren war, bevor sie die Straße überquerte und eine kurze Treppe zu einem Haus hinaufstieg.
    »Wo ist das?«, fragte Calderón.
    »Das wird er uns schon zeigen«, antwortete Falcón.
    Eine Reihe von Aufnahmen zeigte Consuelo Jiménez, wie sie an verschiedenen Tagen in unterschiedlicher Kleidung das gleiche Hause betrat, dann die Hausnummer – 17 – und der Name der Straße Calle Río de la Plata.
    »Das ist in El Porvenir«, sagte Ramírez.
    »Tja, und ich glaube, wir haben einen Liebhaber.«
    Es folgte ein Schnitt auf das Heck eines Mercedes der E-Klasse mit einem Nummernschild aus Sevilla, ein Bild, das geraume Zeit stehen blieb.
    »Der bringt seine Geschichte ja nicht besonders flott voran«, bemerkte Calderón, dessen Geduldsfaden offenbar schon arg strapaziert war.
    »Soll wohl Spannung aufbauen«, sagte Falcón.
    Schließlich stieg Raúl Jiménez aus dem Wagen, schloss ab und trat aus dem Licht einer Laterne in die Dunkelheit. Schnitt auf ein Feuer in der Nacht, um das einige Frauen in so kurzen Röcken standen, dass die Strapse und die Spitzenabschlüsse ihrer Strümpfe gut zu sehen waren. Eine von ihnen drehte sich um, beugte sich vor und hielt ihren Hintern über das Feuer.
    Am Rande des Bildes tauchte Raúl Jiménez auf, es folgte eine unhörbare Verhandlung, bevor er zurück zum Mercedes ging, gefolgt von einer Frau, die auf hohen Absätzen über den unebenen Untergrund stöckelte.
    »Das ist die Alameda«, sagte Ramírez.
    »Nur das Billigste für Raúl Jiménez«, bemerkte Falcón.
    Jiménez stieß das Mädchen auf den Rücksitz und drückte ihren Kopf nach unten, als wäre sie eine verhaftete Verdächtige. Dann blickte er auf, sah sich um und stieg zu ihr in den Wagen. Die Kamera hielt auf die Hintertür des Mercedes und die schattenhaften Bewegungen hinter der Scheibe. Kaum eine Minute verging, bevor Jiménez wieder ausstieg, seinen Reißverschluss hochzog und dem Mädchen, das ebenfalls wieder aus dem Wagen geklettert war, einen Geldschein hinhielt. Er stieg hinters Steuer und fuhr davon, während sie einen fetten Schleimklumpen ausspuckte, sich räusperte und erneut ausspuckte.
    »Das ging ja schnell«, sagte Ramírez wie erwartet.
    Es folgten weitere Nachtaufnahmen derselben Art, bis ein plötzlicher Ortswechsel sie in einen Flur führte, in den durch eine offene Tür auf der linken Seite Licht fiel. Die Kamera fuhr den Korridor entlang auf ein helleres Quadrat unter einem Haken zu. Die drei Männer starrten jetzt wie gebannt auf den Bildschirm, weil sie wussten, dass der gezeigte Flur zu dem Zimmer führte, in dem sie jetzt saßen. Die Kamera schwankte, und die Spannung stieg, während in den Köpfen der drei Gesetzeshüter Bilder des möglichen Grauens aufstiegen, das sie vielleicht anschauen mussten. Die Kamera erreichte die

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