Der blonde Vampir
ausspionieren.«
Er blinzelt. »Ich spioniere niemanden aus, Miss Perne.«
»Tatsächlich?« Ich lächle immer noch. Dann lehne ich mich vor, so daß der Ansatz meiner Brüste im Ausschnitt meiner schwarzen Seidenbluse sichtbar wird. »Es ist spät, Mr. Riley. Sagen Sie mir, was Sie von mir wollen.«
Er schüttelt den Kopf. »Sie sind sehr vertrauensselig für jemanden in Ihrem Alter.«
»Und Sie sind sehr mutig, einen solchen Alleingang zu wagen.«
Der Gedanke gefällt ihm nicht. Er zeigt auf den offenen Hefter auf seinem Schreibtisch. »Ich habe Sie während der letzten Monate beobachtet, Miss Perne, seit dem Tag, an dem Sie nach Mayfair gezogen sind. Sie haben eine interessante Vergangenheit, und Sie sind an interessanten Geschäften beteiligt. Aber das wissen Sie ja besser als ich.«
»In der Tat.«
»Darf ich Sie fragen, wie alt Sie sind, bevor ich beginne?«
»Sie dürfen.«
»Wie alt sind Sie?«
»Das geht Sie nichts an.«
Er lächelt. Er glaubt, daß er einen Punkt gemacht hat. Er begreift nicht, daß ich längst darüber nachdenke, wie ich ihn sterben lasse, obwohl ich gleichzeitig noch immer hoffe, daß ich auf diese endgültige Maßnahme verzichten kann. Frag nie eine Vampirin nach ihrem Alter! Wir mögen diese Frage nicht. Wir empfinden sie als sehr unhöflich. Mr. Riley räuspert sich erneut, und ich überlege, ob ich ihn erwürgen soll.
»Bevor Sie nach Mayfair gezogen sind«, sagt er, »haben Sie in Los Angeles gelebt – in Beverly Hills, um genau zu sein –, Grove Street 256. Ihr Heim war eine Tausend-Quadratmeter-Villa mit zwei Swimmingpools, einem Tennisplatz, einer Sauna und einer kleinen Sternwarte. Der geschätzte Wert beläuft sich auf sechseinhalb Millionen. Bis zum heutigen Tag sind Sie die Besitzerin dieses Anwesens, Miss Perne.«
»Es ist nicht verboten, reich zu sein.«
»Sie sind nicht nur reich. Sie sind ungewöhnlich reich. Meine Nachforschungen haben ergeben, daß Sie in verschiedenen Landesteilen fünf solcher Anwesen besitzen. Weitere Nachforschungen belegen, daß Sie in Europa und im Fernen Osten ähnlich große, wenn nicht noch größere Besitztümer haben.
Ihre Börsen- und Vermögensanteile sind enorm – sie belaufen sich auf Hunderte von Millionen. Aber trotz all meiner Nachforschungen habe ich keinen Hinweis darauf gefunden, wie Sie zu diesem unglaublichen Reichtum gekommen sind. Es gibt keinen Hinweis auf Ihre Familie, und glauben Sie mir, Miss Perne, ich habe gründlich nachgeforscht.«
»Das kann ich mir vorstellen. Sagen Sie mir, von wem Sie all diese Informationen haben!«
Er genießt meine Neugierde. »Natürlich sind meine Quellen vertraulich.«
»Natürlich.« Ich starre ihn an; mein Blick kann sehr kraftvoll sein. Manchmal schaue ich eine Blume zu lange an, und sie verwelkt unter meinem Blick und stirbt. Mr. Riley lächelt nicht mehr und rutscht unruhig hin und her. »Warum also observieren Sie mich?«
»Sie geben zu, daß die Dinge, die ich herausgefunden habe, richtig sind?«
»Muß ich das wirklich noch?« Immer noch sehe ich ihn an. Auf seiner Stirn glitzern Schweißperlen. »Warum beobachten Sie mich?«
Er blinzelt und hat Mühe, mich nicht anzusehen. Er tupft den Schweiß von seiner Stirn. »Weil Sie mich faszinieren«, antwortet er. »Ich hab’ mir einfach gesagt: Hier hast du eine der reichsten Frauen der Welt vor dir, und niemand weiß genau, wer sie ist. Zu alledem kann sie nicht älter als fünfundzwanzig sein, und sie hat keine Familie. So etwas erstaunt einen eben.«
»Was erstaunt Sie, Mr. Riley?«
Er wagt es, mich kurz anzusehen, aber es ist ersichtlich, daß er es nicht gern tut. Und das, obwohl ich ziemlich hübsch bin. »Warum tun Sie soviel dafür, daß niemand auf Sie aufmerksam wird?« fragt er.
»Sie wollen wissen, ob ich bereit bin, für Ihr Schweigen zu bezahlen«, erkläre ich geradewegs.
Er gibt sich erstaunt. »Das habe ich nicht gesagt.«
»Wieviel wollen Sie?«
Meine Frage verblüfft und erfreut ihn gleichzeitig. Er ist erstaunt, daß er so einfach zum Ziel gekommen ist, ohne sich die Finger schmutzig machen zu müssen. Er begreift einfach nicht, daß Blutflecken schwieriger zu entfernen sind als Schmutz, daß man sie nie wieder richtig los wird. Ich sage mir einmal mehr, daß er wohl nicht mehr lange zu leben hat.
»Wieviel bieten Sie mir an?« wagt er zu fragen.
Ich zucke mit den Schultern. »Kommt drauf an.«
»Worauf?«
»Darauf, ob Sie mir sagen, wer Sie auf mich angesetzt hat.«
Er tut entrüstet. »Ich versichere Ihnen, daß es
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