Der Blumenkrieg
Drachen töten können.«
Wieder lächelte Knopf. »Ich wußte, daß sie das konnten, ja, aber selbst das war in gewisser Hinsicht ein Glücksspiel, und alle wissen, daß wir Goblins zwar gerne spielen, aber nicht immer gute Spieler sind.« Er wandte sich dem Goblin zu seiner Linken zu, dessen Kostüm vor Federn und Perlenschmuck nur so starrte. »Otter, als du in den Bergen lebtest, hast du einen Drachen getötet, stimmt’s?«
Der Goblin warf einen Blick auf Theo und rieb dann seine lange Nase. »Ja. Meine Leute nannten mich ›Wurmtöter‹.«
»Wie groß war er?« fragte Knopf.
Der Mann namens Otter überlegte kurz, dann breitete er weit die Arme aus. »Flügel etwa so«, sagte er. »Einer von den großen.« Er nahm wieder sein stoisches Kauen auf.
»Das würde bedeuten, daß Otters berühmte Trophäe ungefähr … ähem … ungefähr drei, dreieinhalb Meter lang war.« Knopf lachte. »Du siehst also, selbst die Grimbolde hatten keine Erfahrung mit den großen Würmern. Wieder konnten wir nur hoffen, daß Giftpfeile in ihren Augen und ihren weichen Kehlen die gleiche Wirkung haben würden wie bei den viel kleineren Verwandten der Ungeheuer.«
»Mein Gott! Das war ihr erster Versuch?«
»Das ist oft so im Krieg«, meinte Knopf. »Jetzt iß. Dabei würde ich dir gern noch ein paar Fragen dazu stellen, was du gehört und gesehen hast, was dir widerfahren ist. Besonders über den Beseitiger lästiger Hindernisse. Das wenige, was mir zu Ohren gekommen ist, klingt höchst erstaunlich.«
»Aber du ißt ja gar nichts.«
»Ich faste«, erklärte der Goblin. »Aber das Essen ist sehr gut. Iß. Du hast lange geschlafen, ich denke, du wirst es nötig haben.«
Theo war wirklich sehr hungrig, und obwohl vieles unvertraut schmeckte, war das Essen köstlich. Während er sich, von Knopf befragt, an die Reihenfolge der Ereignisse zu erinnern versuchte und dabei mehrmals wichtige Einzelheiten, die er ausgelassen hatte, nachtragen mußte, wurde ihm bewußt, daß Goblinessen und Goblinmusik, um nur zwei unbestreitbar fremde Dinge zu nennen, ihm allmählich beinahe normal vorkamen.
»Du selbst warst also der Schlüssel«, sagte Knopf schließlich.
»Nur ein Werkzeug.«
»Nein. Das war Nieswurz’ großer Irrtum. Er hielt dich für ein Werkzeug, aber was ihn überwand, waren dein Sinn und dein Herz. Jetzt werde ich dich etwas fragen, genau wie du vorher mich gefragt hast. Wußtest du, daß der Irrha sich das Kind holen würde, nachdem er dich nicht bekommen konnte?«
Theo zuckte die Achseln. »Wie du selbst gesagt hast. Ich hoffte es. Mir blieb nicht viel Zeit, um darüber nachzudenken. Ich erinnerte mich einfach daran, daß Dowd etwas über die besondere Verbindung zwischen einem Wechselbalg und dem ausgetauschten Menschenkind erzählt hatte. Ich verstand es nicht richtig, aber es gab sonst nicht viele Möglichkeiten. Außerdem wurde mir plötzlich klar, daß ich mich lieber einer der Wasserfrauen in die Hand geben wollte als dieser untoten Bestie.«
»Du hattest die Wahl zwischen einem schnellen Tod durch Feuer oder einem langsamen Tod unter Wasser«, sagte Knopf nachdenklich. »Es heißt, wen die Wassergeister zu sich holen, der verliebt sich in sie, bevor er stirbt.« Er schwieg eine Weile und schüttelte dann den Kopf. »Es ist schon zuviel über den Tod geredet worden. Erzähl mir mehr von deiner Welt! Dies ist schließlich ein Festmahl. Ich bin in letzter Zeit zuviel in der Gesellschaft meiner Leute gewesen, auch wenn ich sie noch so sehr liebe. Erzähl mir Geschichten von deiner Welt, die so knapp einem schrecklichen Schicksal entging, von dem sie höchstwahrscheinlich überhaupt keine Ahnung hatte.«
»Ich hoffe sehr, daß sie ihm entgangen ist. Ich fände es furchtbar, mich bei meiner Rückkehr in einer Neuauflage des finsteren Mittelalters wiederzufinden.« Theo stockte. »Eine Frage noch, wenn du nichts dagegen hast, eine Sache, die ich einfach nicht verstehe. Du sagtest, die Goblins waren bereit loszuschlagen, und das einzige, was sie weiter unter der Fuchtel dieser Blumenfürsten hielt, war anscheinend der Vertragsstock. Warum wurde er nicht schon längst von irgend jemand zerbrochen? Warum warst du der erste?«
Knopf warf ihm einen amüsierten Blick zu. »Willst du wirklich noch eine Goblingeschichte hören? Na schön, ich kann dir heute abend nichts abschlagen. Ich will versuchen, es kurz zu machen. Die Antwort ist täuschend einfach, Theo. Zunächst einmal wußten die meisten Goblins nicht, wo der
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