Der Blut-Mythos
öffnen. Nach einigen Rucken hatte ich sie so weit offen, daß ich in den Tunnel schauen konnte, den ich hochgefahren war.
Er war leer. Nur das graue Licht und die düsteren Vorhänge an den Seiten bewegten sich dort. Von einer nach unten eilenden Gestalt war nichts zu sehen.
Pech gehabt.
Der zweite Kontakt jedenfalls war schon intensiver gewesen als der erste. Ich setzte mich wieder in meinen Wagen und schaute auf das vor mir schwebende Hologramm.
Da war nichts passiert. Abgesehen von der Tatsache, daß die Drehung beendet war.
Wie auch unser Aufenthalt im Stollen. Dann wieder erklang die düstere Stimme, die uns erklärte, daß wir noch einmal Glück gehabt hätten und so flüchten sollten, bevor uns der alte Mythos fressen würde.
Das tat er nicht, denn er zog sich zurück. Das graugrüne Licht verschwand intervallweise, und die Gestalt löste sich allmählich auf. Sie wurde eins mit ihrer Umgebung, ohne daß irgendwelche Geräusche zu hören waren. Die Decke und die Wände hatten sich so gut wie lautlos wieder zurück in ihre alten Stellungen begeben, so daß für uns der Weg frei war.
Endlich frei!
Erleichterung machte sich bei den Gästen breit. Man sprach wieder, wenn auch flüsternd. Das erste Gelächter war zu hören, aber auch Worte wie super und echt stark. Dann fuhr der erste Wagen an. Ein kurzer Ruck, ein paar Meter auf der Schiene, wieder rammte er gegen eine Tür, und danach mußte irgend etwas passieren, denn ich hörte wieder die Schreie der beiden noch jungen Fahrgäste.
Die anderen Wagen fuhren ebenfalls los; ich war und blieb der letzte in der Reihe. So hatte ich noch Zeit, mich ein wenig umzuschauen, aber es war nichts mehr zu sehen, und auch die Gestalt ließ sich nicht mehr blicken.
War sie tatsächlich echt gewesen oder auch nur eine Täuschung? Allmählich kamen mir Zweifel. Dann allerdings dachte ich daran, daß ich sogar mit Namen angesprochen worden war. Irgend etwas war also faul an dieser Sache.
Die Luft war schlecht, irgendwie abgestanden. Es war kühl und trotzdem schwül. Für die Schwüle sorgte wohl das Sommerwetter, das uns bereits seit vierzehn Tagen verwöhnte, mir jedoch allmählich auf die Nerven ging.
Die Vorderseite meines Wagens rammt die Tür auf. Locker schwang sie zurück. Über die Schiene glitt ich hinaus aus dem Stollen und wieder hinein in die Dunkelheit.
Es ging steil bergab. Wie bei einer dieser Wasserbahnen. Und das Tempo war enorm.
Endlich wurde der Wagen abgebremst. Es ging normal weiter, wieder hinein in eine Höhle mit furchteinflößenden Gestalten.
Die unheimlichsten Wesen aus allen Gruselkabinetten der Welt hatten sich hier zusammengefunden. Sie schrieen, sie tobten, sie erschreckten. Sie waren einfach schlimm oder auch lächerlich. Es kam ganz darauf an, wie man die Dinge betrachtete. Zum Schluß wurde jeder Fahrgast noch von einer Stimme verabschiedet. »Ihr habt Glück gehabt, Leute, großes Glück!«
Mit dem letzten Wort öffnete sich auch die Tür, und mein Wagen glitt ins Freie. Hinein in die laute Welt des Rummelplatzes. Hinein in den Wirrwarr aus Musik, Stimmen und Geschrei, der auf einem Jahrmarkt nie abreißen wollte.
Es war noch nicht dunkel. Dennoch waren bereits die Lichter eingeschaltet worden. Sie blinken und blitzten in allen Farben und beherrschten die Szenerie mit ihrer Atmosphäre.
Mit etwas steifen Bewegungen stieg ich aus und ging auf den Ausgang zu. Diese Wagen waren für mich zu eng. Mit ein paar dezenten Lockerungsübungen versuchte ich einen Ausgleich zu schaffen.
Die kleine Treppe ging ich dann hinab und blieb zunächst einmal stehen, um mich umzuschauen.
Auf dem Rummel herrschte Action. Zudem hatten wir Samstag. Ein arbeitsfreier Tag zog die Massen noch stärker an. Es würden bei Einbruch der Dunkelheit noch mehr werden.
Die großen Fahrgeschäfte überragten alle anderen. Wie künstliche Gestirne reckten sie sich in die Höhe, schickten ihre farbigen und blinkenden Lichtsignale über den Rummel hinweg, als wollten sie diese Botschaften endlich loswerden, um noch mehr Menschen anzulocken.
Auf der anderen Seite gab es genügend Buden und Stände, an denen man nicht nur spielen und gewinnen konnte, sondern auch essen. Da gab es von der Tüte mit Fisch & Chips über Sandwichs bis hin zu asiatischen Gerichten ziemlich viel Auswahl. Selbstverständlich durften auch die Hamburger und Hot dogs nicht fehlen.
Die Gerüche dieser Freßbuden vermischten sich mit dem Schweiß oder dem Deo der Menschen. Wer Knoblauch zu
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