Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann
werden.“ Mit diesen Worten holte Lorenz tief Luft und verschwand unter Wasser. Katharina sah ihm eine Minute lang zu, und als er noch immer nicht aufgetaucht war und keine Blasen mehr aus der Wanne aufstiegen, griff sie in das warme Wasser, in der Höhe seiner Brust. Nun bewegte sich der bisher reglose Körper. Zwei große Hände umklammerten blitzartig ihren Arm und zogen daran.
„Aufhören!“ Sie nahm die zweite Hand zu Hilfe, um seine Finger zu lösen, doch gegen seinen Griff hatte sie keine Chance. Er wollte auftauchen. Katharina legte die Hand auf sein Gesicht und drückte es nach unten. Es war keine gute Idee, das begriff sie, während sie es tat. Natürlich würde sie es nicht wagen, ihn wirklich unter Wasser zu halten. Also gab sie nach, und er ließ sie los. Seine Haare lagen wie schwarze Teerspuren auf seinem Gesicht.
„Du möchtest kein Bad?“, erkundigte er sich mit der Stimme eines Engels und den Augen eines Teufels.
„Danke, ich verzichte! Nicht in dieser Brühe!“
„Was stört dich an dieser Brühe? Die Suppeneinlage? Oder hast du“, er grinste, „ein Haar darin gefunden?“
Katharina schüttelte sich. „Das Wasser ist voller Blut von der Jagd.“
„Es ist nicht mein Blut. Würdest du hereinkommen, wenn es meines wäre?“
„Wenn ich dich damit vor dem Tod retten könnte, würde ich es tun. In allen anderen Fällen … würde ich mich nicht darum reißen!“
Er setzte sich auf. „Du kannst mir den Rücken schrubben.“
Stumm nahm sie den Schwamm entgegen, den er ihr reichte. Drückte ihn über seinen Schultern aus. Begann zu reiben, vorsichtig zuerst, dann stärker. Wie ein Gewirr aus Straßen liefen Narben über seinen Rücken. Sie hatte sich davon nie abgestoßen, aber auch nie angezogen gefühlt. Sie nahm sie als einen Teil ihres Gatten, betrachtete sie neugierig und interessiert, als wären sie etwas Besonderes, doch was ihr an diesem Rücken wirklich gefiel, war seine Breite, die Kraft, die in ihm zu stecken schien … und in diesen Minuten der Duft der exotischen Seife, die den blutigen Geruch mit einem feinen Teppich aus Vanille überdeckte.
„Es sind keine neuen Wunden dazugekommen“, flüsterte sie.
„Nicht auf dem Rücken“, entgegnete er.
Katharina legte die Wange gegen seine feuchte Schulter, küsste seine Haut und verfolgte eine der Narben ein Stück mit den Lippen. Er hielt still, ohne ihr mit einer Geste oder einem Laut zu verraten, ob es genoss, was sie tat.
Von draußen waren die Stimmen eines Paares zu vernehmen, das auf dem Korridor vorüberging. Sie unterhielten sich lautstark, schienen guter Laune zu sein, und als sie das Ende des Flurs erreichten hatten, explodierte ihr Gespräch in ausgelassenes Gelächter. Erstaunlich, in was für einen lebendigen, fröhlichen Ort sich das Schloss an solchen Tagen verwandeln konnte. Noch erstaunlicher, dass gerade Lorenz, der so ernst, verschlossen und finster sein konnte, immer aufs Neue Einladungen an diese munteren Leute verschickte. Obwohl er auch in der Gegenwart seiner Gäste niemals ganz auftaute, niemals völlig in das frivole Treiben eintauchte, schien er ihre Anwesenheit zu brauchen. Wie eine Arznei, dachte sie, wie ein Medikament, das man in großen, aber regelmäßigen Abständen zu sich nimmt. Oder vielmehr eine Kur. Einen Klimawechsel, den man zu sich rief.
„Du hast dein Versprechen schon wieder gebrochen“, sagte Katharina leise. Nervös sah sie zur Tür, die keinen Riegel hatte, befürchtete, dass sie jemand versehentlich – oder scheinbar versehentlich – öffnen würde. Es war nichts Schlimmes daran, so mit ihrem Mann gesehen zu werden. Und doch wollte sie es auf keinen Fall. Diese Momente war kostbar, gehörten nur ihnen beiden. Sie waren nicht häufig genug, um das bittere Glück dieser Augenblicke leichtfertig mit anderen zu teilen.
„Welches Versprechen habe ich gegeben?“
„Dasselbe, das du mir jedes Mal gibst. Mich mit auf die Jagd zu nehmen.“ Noch immer lag ihr Gesicht an seinem Rücken, und ihre Haare wurden an den Seiten nass.
„Das Blut und der Tod liegt dir nicht. Das müsstest du selbst am besten wissen.“
„Ich möchte nicht des Blutes wegen dabei sein. Ich bin nicht wie du, Lorenz.“
„Darum geht es nun einmal bei einer Jagd. Was willst du dann?“
„Das ist mein Geheimnis.“
Lorenz brummte etwas Unverständliches und beugte sich weiter nach vorne, so dass sie sich aufrichten musste. „Die Umstände waren nicht ideal. Wir hatten nicht genügend Pferde. Und
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