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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Kollegen vom Lenkrad zu schieben.
    Zu spät.
    Der Wagen kippte hinunter,
überschlug sich dann, einmal, zweimal.

     
    Schengmann, nicht angegurtet,
spürte einen Stoß gegen die Schädeldecke.
    Blackout. Bewußtlos.
    Als er zu sich kam, lag der
Wagen auf dem Dach, war hinunter gestürzt in die Senke neben der Landstraße.
    Die Tür auf Schengmanns Seite
war aufgesprungen. Blut lief ihm übers Gesicht.
    „Claus! Um Himmels willen!“
    Mengl rührte sich nicht.
Schengmann fühlte nach dem Puls. Schwach, aber regelmäßig. Wenigstens das! Tot
war er also nicht. Offenbar ein Kreislaufkollaps.
    Schengmann kroch ins Freie.
    Es nieselte. Nebelschwaden
waberten. Die Sicht reichte nicht weit.
    Er sah zur Straße hinauf. Kein
Wagen. Keine Menschenseele. Er richtete sich auf.
    Und sah: Auch die Hecktür hatte
sich geöffnet.
    Einer der beiden Geldsäcke war
herausgeflogen auf die herbstfahle Wiese.
    In den Säcken,
zusammengenommen, befanden sich knapp zwei Millionen DM.
    Der Schock, der bis jetzt das
Blut rausgepreßt hatte aus Schengmanns Gehirn, ließ etwas nach. Und in diesem
Moment kam die Idee.
    Schengmann griff durch die
Hecktür, schnappte den zweiten Sack, dann auch den ersten und rannte los.
    Ostwärts in Richtung Stadt
verbreitete sich die Senke zu einer Buschlandschaft zwischen den Hügeln. Büsche
waren freilich auch hier. Und Sträucher. Ein dichtes, scheinbar
undurchdringliches Gefilze aus Grauerle, Weide, Haselnuß, Esche, Brombeer- und
Himbeerranken sowie Latschensträuchern.
    Noch ein Blick zur Straße.
    Bewegte sich etwas dort oben
hinter der Kurve? Nein.
    Schengmann drang ein in das
Gestrüpp, bemühte sich, keine Zweige zu knicken und nichts zu zertrampeln.
Unter einem dicken Tännchen, dessen unterste Zweige am Boden entlang wuchsen,
versteckte er die Geldsäcke.
    Dann lief er zum Wagen zurück,
zog endlich seinen Kollegen heraus und bettete ihn so, wie Erste Hilfe es
vorschreibt.
    Mengl war noch bewußtlos, sein
Gesicht sehr bleich.
    Schengmann griff zum Sprechfunkgerät,
mit dem der Wagen ausgerüstet war. Es funktionierte.
    Die Zentrale meldete sich.
    „Hier Schengmann“, keuchte er.
„Wir haben einen Unfall.

    Mengl ist am Lenkrad
zusammengebrochen. Und noch bewußtlos. Wir brauchen Ambulanz und Polizei. Sind
einen Hang runtergestürzt. Auch ich war bewußtlos. Die Türen sind aufgegangen.
Und inzwischen muß jemand hier gewesen sein. Denn die Geldsäcke fehlen. Ja, sie
sind weg.“
     
    *
     
    Tim hatte den Kragen
hochgestellt bis zu den Ohren. Aber der Nieselregen stach ins Gesicht, und Tims
braune Locken waren so naß wie ein frischgebadeter Hund.
    Klößchen, der hinter ihm fuhr,
keuchte im Rhythmus der Umdrehungen.
    Noch zehn Minuten, dachte Tim.
Dann — Kreuzung Hünengrab. Ist jetzt zehn vor drei. Na, toll in der Zeit!
Hünengrab? Ob’s da wirklich mal ein Hünengrab gab? Zu sehen ist nichts mehr.
    „Willst du dich tatsächlich bei
dem Wetter auf die Straße legen?“ rief Klößchen.
    „Klar. Und deine Jacke nehme
ich als Unterlage.“
    „Da mache ich nicht mit.“
    Tim lachte. Dann verging’s ihm.
    Ein schwarzer Audi kam ihnen
entgegen.
    80 km/h waren erlaubt aufgrund
der Beschilderung. Aber der — der fuhr 150.
    Tim konnte gerade noch die
Faust heben zur Drohgebärde, dann zzzzzwwwitschsch — sauste der Wagen vorbei,
Schmutzwasser spritzend beim Tiefflug durch Schlaglöcher.
    „Umweltsau!“ brüllte Tim
hinterher. „Aber deine Nummer habe ich. Bist aus der Stadt. Und dann... DW
1121. Mistkerl!“
    Klößchen wischte sich
Dreckspritzer aus dem Gesicht. „War das der fliegende Holländer?“
    „Eher ein ganz normaler Raser.
Beziehungsweise ein unnormaler. Wenn der uns erwischt hätte, könnten uns die
Friedhofsschaffner von den Chausseebäumen kratzen.“
    „Der hatte keinen Meter
Abstand.“
    „Meine ich doch.“
    „Über meine Jacke bin ich froh.
Sie ist dreckbraun. Ich wußte schon, weshalb ich die genommen habe. Kein
Schlamm, kein Dreck, kein Unrat — falls er mir um die Ohren fliegt — fällt
darauf auf. Nur Vogelkacke. Weil sie hell ist. Aber von der werde ich
verhältnismäßig selten getroffen. Deine rote Jacke ist anfälliger.“
    „Aber nicht, wenn mit Tomaten
geworfen wird“, erwiderte Tim. „Rot ist mir nun mal lieber als deine
Schweinekoben-Dreckfarbe. Von weitem hält man dich für einen Kanalarbeiter.“
    „Ist doch ein ehrenwerter
Beruf.“
    „Das allerdings.“
    Sie erreichten die Kreuzung,
rollten auf den Grünstreifen und stiegen ab.
    Rechts

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