Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
gemacht hatte, denn er sah aus wie der Teufel persönlich.
»Großer Gott, Shane! Was machst du da?« Jack starrte mich durchdringend an, als habe ich ihn irgendwie enttäuscht, und schüttelte den Kopf. »Warum bist du hergekommen, Lucie? Warum konntest du dich da nicht heraushalten?«
»Halt’s Maul!«, sagte Shane. »Du sollst das Maul halten, du Idiot!«
Für einen Moment sagte keiner etwas. Jack schaute Shane an, und der Glanz in seinen Augen erlosch. »Woher sollte ich das denn wissen? Schließlich stehst du hier mit diesem gottverdammten Gewehr in der Hand.«
»Und du solltest im Geschäft sein. Sie war schon hier, als ich kam. Ich habe ihr gesagt, ich hätte geglaubt, der Einbrecher von neulich Nacht sei vielleicht zurückgekommen.« Shane hob das Gewehr wie eine Keule und sagte zu mir: »Sie wissen gar nicht, was Sie eben getan haben. Jack hat recht. Sie hätten sich da raushalten sollen.«
»Aus was raushalten?«, fragte ich. Meine Hände waren schweißnass, und die Knie schlotterten. Um mich zu halten, stützte ich mich auf meine Krücke.
»Sie weiß Bescheid«, sagte Shane zu Jack. »Sonst wäre sie nicht hier.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Jack.
Shane zuckte die Achseln. »Ich kann es wie einen Unfall aussehen lassen.«
»Wie bei Valerie?« Ich zeigte auf den Washington-Wein. »Sie haben sie und Nicole wegen dieser Flasche Wein umgebracht? Oder war es wegen des Dorgon und der Dinge, die Ihr Vater während des Kriegs getan hat?«
Bei der Erwähnung des Dorgon kam Jack in den Raum und schlug die Tür zu. »Was ist mit dem Dorgon?«
»Nichts. Ich habe ihn beiseitegeschafft.« Shane schaute Jack mit der Dreistigkeit des geborenen Lügners in die Augen.
»Nein. Das hat er nicht. Die Flaschen befinden sich in Ihrem Gartenteich«, sagte ich. »Die Etiketten schwammen an der Wasseroberfläche.«
Shane blinzelte heftig mit den Augen und drehte einen Finger an der Schläfe. »Sie ist verrückt. Der Wein ist verschwunden.«
»Du Bastard!«, sagte Jack.
»Was hat Valerie über den Dorgon herausgefunden, Jack?«, fragte ich. »Dass Ihr Vater während des Krieges durchaus kein Held war? Dass er den französischen Winzern nicht geholfen hat, ihr Eigentum zu schützen, damit die Nazis es nicht konfiszieren konnten? Er räuberte und plünderte genau wie die anderen, nicht wahr? Vielleicht sogar schlimmer.«
Jack zupfte an etwas Imaginärem am Ärmel seines teuren Jacketts. Als er hochschaute, war sein Gesicht wutverzerrt. »Sie haben kein Recht, ein Urteil zu fällen. Welche Wahl hatte mein Vater denn? Sie verstehen das nicht … Keiner von uns versteht es. Keiner von uns war dort. Er tat, was er tun musste.«
»Warum haben Sie dann Sunny erzählt, der Wein sei das Dankeschön von jemandem gewesen, dem Ihr Vater geholfen hat?«, fragte ich. »Von jemandem, der sich für seine Tapferkeit und seinen Mut erkenntlich zeigen wollte.«
Er schloss die Augen. Als er sie öffnete, spukte darin die Qual durch den Vertrauensbruch. »Weil es das ist, was er mir erzählt hat. Weil ich geglaubt habe, er sei ein guter Mensch, der anderen zu helfen versucht hat.«
Die Frage, ob Jacks Vater ernsthaft geglaubt hatte, er diene dem Vaterland, indem er Hitlers Befehlen gehorchte, oder ob er einer der Tausenden Nazi-Soldaten gewesen war, die Frankreichs Weingüter einfach so plünderten und zerstörten, hatte dieser schon beantworten müssen, als er seinem Schöpfer gegenübertrat, da war ich mir sicher. Doch hatte er noch mehr Schande auf sich geladen, indem er seinen Sohn glauben machte, dass er das eigene Leben riskiert hatte, dass er ein Mann des Gewissens gewesen war und dass ihm die Weinflaschen, die er mit nach Hause brachte, für sein heldenhaftes Verhalten geschenkt worden waren.
Stattdessen war es Beutegut. Blutiger Wein.
»Was hat Ihnen Valerie berichtet?«, fragte ich.
»Das geht Sie nichts an.«
»Ihr Vater hat der Besitzerfamilie des Weinguts etwas angetan, stimmt’s?«
Jack zuckte die Achseln. »Er hatte den Befehl, das Eigentum zu konfiszieren. Der Wein wurde für Industriealkohol benötigt. Es war gegen Ende des Kriegs. Wir hatten nichts. Und das Château wurde zum Lazarett für unsere Soldaten.«
Wir. Unsere. Beim Gebrauch der Pronomen zuckte ich zusammen. »Und was geschah mit der Familie, die dort lebte?«
Erneutes Achselzucken. »Es waren Juden.«
»Ihr Vater hat sie in die Lager geschickt?«
»Ich habe genug Fragen beantwortet.«
Irgendwo hinter mir hörte Pépé dem Sohn eines
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