Der Boss und die sexy Luegnerin
Künstler zu lesen, die vor Jahrhunderten gelebt und so wunderschöne, fragile Kunstwerke geschaffen hatten, die ihre eigenen Leben überdauert hatten.
Wie musste es gewesen sein, solch langlebige Kunst zu erschaffen? Hatten sie erwartet, dass ihre Werke so lange bestehen bleiben würden? Oder hatten sie nur daran gedacht, eine Vase zu schaffen, die einen reichen Käufer anlocken würde, damit sie ihre Familie ernähren könnten? Das würde wohl niemand je wissen, aber Charlie liebte es, sich die Leben dieser längst gestorbenen Künstler auszumalen. Was sie wohl denken würden, wenn sie ihre Vasen hier in einem modernen Auktionshaus sehen könnten?
Während der Laserdrucker summte, ertönte ein heller Klang, der eine hereinkommende Mail ankündigte. Sie öffnete das Mail-Programm und klickte auf den Betreff. Dann erstarrte sie.
Ihr Blick blieb auf dem Bildschirm haften, ihr Herz stand still. Ihr stockte der Atem.
Angst stieg in ihr auf und fraß sich in ihre Seele.
4. KAPITEL
Vance verließ den Sitzungssaal und dachte über das nach, was Ann gesagt hatte. Er wollte so gern glauben, dass da nichts war zwischen ihr und Dalton Rothschild. Ebenso wie er glauben wollte, dass niemand eine feindliche Übernahme vorbereitete. Und dass jemand bei Waverlys für den Feind spionieren könnte, war ein schier unerträglicher Gedanke.
Einzig noch schlimmer war, was ihm seitdem nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Wenn er schon jemanden der Spionage verdächtigte, würde er Charlotte Potter genau unter die Lupe nehmen müssen. Sie war neu im Unternehmen. Neu als seine Assistentin. Eine Position, die ihr Zugang zu vielen vertraulichen Informationen über das Haus verschaffte.
Er marschierte den langen Flur zu seinem Büro entlang, und wer immer ihm entgegenkam, machte ihm umgehend Platz. Vance nahm das nur am Rande wahr. Seine Gedanken rasten. War Charlie eine Spionin? Oder war sie so unschuldig, wie sie aussah?
Er musste herausfinden, was hier vorging.
Charlie starrte auf die wenigen Sätze der Mail.
Ich weiß, wer Du wirklich bist. Leite alle Geschäftsunterlagen der letzten fünf Jahre von V. Waverly an diese Adresse weiter, oder riskiere vor einem Gericht, als ungeeignet zur Mutter erklärt zu werden.
„Ungeeignet?“ Charlie drehte sich der Magen um, als die kleine, ordentliche Welt, die sie sich aufgebaut hatte, um sie herum einstürzte.
Furcht verschlang sie, und sie konnte kaum atmen. Sie war nicht ungeeignet. Sie liebte ihren Sohn und würde um ihn kämpfen. Und doch flüsterte eine Stimme in ihr: Die Vergangenheit hat dich eingeholt, Charlie. Du kannst sie nicht ändern. Kannst sie nicht verstecken. Wenn jemand herausfindet …
„Jemand hat es herausgefunden. Aber wer?“ Sie hörte die Eiseskälte der Angst in ihrer Stimme. Das hier konnte nicht geschehen. Es war unmöglich. Niemand hier in New York wusste etwas über sie – weder wo sie aufgewachsen war noch wer ihre Familie war. Außer …
Die Erkenntnis ließ sie zitternd zurück. Die einzige Person, die ihre Vergangenheit kannte, war Jakes Vater. Der Mann, den sie nicht mehr gesehen hatte, seit sie ihm gesagt hatte, dass sie schwanger war.
Ein Mann, der nicht einmal existierte, wie sie schnell herausgefunden hatte, als sie damals nach ihm gesucht hatte.
O Gott, sie war so eine Idiotin gewesen! So jung und dumm und vertrauensvoll. Frisch aus der Kleinstadt angekommen, hatte sie einen Job auf dem untersten Level bei Waverlys bekommen und sich so … kultiviert gefühlt. Das leibhaftige Klischee: Junge Frau kommt in die Großstadt. Kennt niemanden. Ist überwältigt von den Möglichkeiten einer Welt, die größer ist, als sie je geglaubt hätte.
Schnell hatte sie eine kleine Wohnung in Queens gefunden. War jeden Tag mit der U-Bahn nach Manhattan gefahren. Hatte sich als Teil der großen, geschäftigen und aufregenden Stadt gefühlt. Im Rückblick konnte sie sehen, was für eine leichte Beute sie für den Mann gewesen war, der sie verführt hatte.
Sie hatte ihr Telefon fallen lassen, und der große, attraktive Mann hatte es für sie aufgehoben. Ein Blick in seine lächelnden braunen Augen und sie hatte jegliche Vernunft verloren, die ihre Großmutter ihr jahrelang gepredigt hatte.
Sie schämte sich immer noch, wenn sie daran dachte, wie leichtgläubig sie auf seine Komplimente hereingefallen war. Seine Aufmerksamkeiten.
Er hatte sie im Sturm erobert, hatte sie in nur wenigen Wochen in sein Bett bekommen und sie davon überzeugt, dass es wahre
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