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Der Brander

Der Brander

Titel: Der Brander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Wimmern der Fiedel. Der Admiralsflagge im Fockmast war sich auch der letzte Mann bewußt.
    Allday stand neben einem der Zwölfpfünder auf dem Achterdeck, als ihm plötzlich auffiel, daß Ozzard vergessen hatte, Bolitho den alten Familiensäbel umzuschnallen. Mit einem lautlosen Fluch rannte er davon und stürzte an dem verblüfften Wachtposten vorbei in die Heckkajüte.
    Doch er erstarrte, als er Pascoe mitten im Raum stehen sah, ein geöffnetes Schriftstück wie vergessen in der herabhängenden Hand.
    Wie Yovell, der fast alle Briefe für den Vizeadmiral schrieb, wußte auch Allday, was in dem Schriftstück stand. Es hatte ihn tief bewegt, daß er zu den wenigen Eingeweihten gehörte.
    »Alles in Ordnung, Sir?« fragte er.
    Als sich der junge Leutnant ihm zuwandte, gewahrte Allday mit Schrecken, daß seine Wangen tränennaß waren.
    »Nicht doch, Sir! Er wollte Ihnen eine Freude machen!«
    »Eine Freude?« So geistesabwesend, als begreife er die Welt nicht mehr, machte Pascoe ein paar Schritte zur Wand und zurück. »Und Sie wußten davon, Allday?«
    »Aye, Sir. Gewissermaßen.«
    Allday war in seinem Leben weit herumgekommen, und Bolitho hatte schon öfter erklärt, daß er es mit einer ordentlichen Erziehung zu sehr viel mehr gebracht hätte als bis zum Seemann. Aber er mußte gar nicht lesen können, um zu verstehen, warum Kapitän Keen über den Titel auf dem Umschlag so erstaunt gewesen war.
    Der Brief war adressiert an: ›Seine Hochwohlgeboren Adam Bolitho, Flaggleutnant auf Seiner Britannischen Majestät Kriegsschiff
Achates.‹
Mit schwimmenden Augen starrte Adam den Inhalt an, ohne weiterlesen zu können. Die schweren Wachssiegel des Anwalts, das Erbrecht auf Bolithos Besitztum in Falmouth, mehr sah er nicht.
    Allday führte ihn zu der Polsterbank unter den Heckfenstern.
    »Ich hole Ihnen etwas zu trinken, Sir. Und dann bringen wir ihm gemeinsam seinen alten Säbel.« Er sah Adam nicken und setzte leise hinzu: »Schließlich sind Sie jetzt ein echter Bolitho. Genau wie er.«
    Wie aus einer anderen Welt klang der Ruf zu ihnen herab: »Anker ist frei, Sir!«
    Das Getrappel zahlloser Füße und das rauhe Geschrei der Decksoffiziere schienen von weit her zu kommen.
    Allday goß Brandy in ein Glas und brachte es dem Leutnant, den er kannte, seit er mit vierzehn Jahren als Kadett auf Bolithos alter
Hyperion
angemustert hatte.
    »Hier bitte, Sir.«
    Adam faßte sich allmählich. »Sie wollen wissen, ob ich mich freue«, sagte er leise. »Meine Empfindungen lassen sich nicht in Worte fassen. Er mußte doch nicht…«
    Allday hätte gern ebenfalls einen Schluck getrunken. »Aber es war sein Wunsch. Schon lange.«
    Das Deck unter ihren Füßen krängte leicht, als das Schiff unter Mars- und Vorsegeln in der schwachen Brise Fahrt aufnahm.
    Allday hob den abgewetzten alten Säbel von seinen Haken an der Wand und betrachtete ihn. Beim letzten Mal hätten sie ihn beinahe für immer verloren. Eines Tages würde er also diesem jungen Mann gehören, dem Ebenbild des anderen oben an Deck.
    Leutnant Adam Bolitho wischte sich die Augen mit der Manschette trocken. »Dann wollen wir mal, Allday.« Aber ganz hatte er sich noch nicht wieder gefangen. Er ergriff den Bootsmann am Arm und murmelte: »Bin ich froh, daß Sie eben hier waren.«
    Grinsend folgte ihm Allday aus der Kajüte.
    Der junge Spund freute sich also wirklich, dachte er. Das mochte er ihm auch geraten haben. Anderenfalls hätte er ihn trotz seines Offiziersranges übers Knie gelegt und versohlt.
    Adam trat in den Sonnenschein hinaus. Er sah nicht die erstaunten Blicke, die ihm folgten, hörte auch nicht den unterdrückten Fluch eines vorbeihastenden Matrosen, der fast mit seinem Flaggleutnant zusammengestoßen wäre. Er nahm Allday den Säbel aus der Hand und schnallte das Gehenk um Bolithos Mitte.
    Bolitho sah ihm dabei zu. »Danke, Adam«, sagte er mit Wärme.
    Der Leutnant nickte und suchte nach Worten, aber Bolitho nahm seinen Arm und führte ihn beiseite, wandte sich mit ihm der welligen Küstenlinie zu, die querab vorbeizog und zurückblieb, während das Schiff in tieferes Wasser glitt.
    »Später, Adam. Wir haben noch viel Zeit.«
    Der Erste Offizier hob sein Sprachrohr und spähte durch das Gewirr der Takelage nach oben. »Los Bramsegel!«
    Er warf einen Blick zu der Gruppe, die in Luv stand: der noch jugendliche Vizeadmiral mit seinem Adjutanten; er wollte wohl sehen, ob das Schiff gut genug für ihn war.
    Allday war der Blick nicht entgangen. Ein

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