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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Bayer
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Tag, vor allem, solange wir noch im Ospedale lebten. Er bedeutete Freiheit, bisweilen sogar Zügellosigkeit, er bedeutete, daß wir andere Kleider tragen durften – unsere Bauerngewänder warteten an Haken in einer Scheune, und ich bezweifle, daß sie jedesmal frisch gewaschen wurden, vermutlich genausowenig wie die Bettwäsche in den riesigen Betten. Kein Wunder, wenn die Mütter diesen Betten, wenn sie sie erst einmal gesehen hatten, nicht trauten, ganz abgesehen davon, daß sie an Orgien dachten, die die Mädchen miteinander feiern könnten.
    Gegessen wurde draußen im Freien. Wir saßen unter einem alten, weitausladenden Olivenbaum mit rissiger Rinde, und es gab frischgebackenes Brot, Oliven und Käse.
    Dann ging es wieder ums Ernten der Trauben.
    Abends, wenn wir müde zurückkamen, den Rücken krumm vom Schleppen der Kiepen, die Hände vom Schneiden der Traube verkrampft, gab es ein Festessen: Meist wurde ein gefülltes Spanferkel auf dem Rost gebraten, dann auf ein Brett gesetzt und mit Pfannkuchen umhüllt, aus denen die Ohren und die Schnauze herausschauten. Dazu gab es Weichselkirschensoße und Wein.
    Als ich mich an diesem Morgen anzog, hörte ich Rocco bereits an meine Tür klopfen: Beeile dich, sonst kommen wir zu spät! Du weißt nie, ob unsere Stute wieder einmal ihren bockigen Tag hat.
    Es war vermessen, ›wieder einmal‹ zu sagen, im Grunde genommen hatte sie nur bockige Tage. Wir hatten dieses Pferd damals im Dorf unserer Amme dem Schlachter unter der Nase weggekauft, aber es hatte uns diesen Liebesdienst nie gelohnt: Bevor wir es besteigen durften, mußten wir jedesmal zunächst seine Zirkuskapriolen bewundern, die es einst gelernt hatte, erst dann war es bereit, sich mit uns abzugeben. Was jedoch keinesfalls bedeutete, daß es uns auch gehorchte: In Trab oder Galopp zu fallen, entschied die Stute, wann sie es für nötig erachtete, wobei der Galopp ohnehin nicht ihre Stärke war. Aber besser als zu Fuß zu gehen war dies alles immer noch, und deshalb machte es uns auch nichts aus, wenn wir vor Steigungen absitzen mußten, da wir wußten, daß unser altes Pferd bergauf Mühe hatte. Die Stute belohnte unsere Nachsicht, indem sie uns jedesmal mit lautem Wiehern begrüßte, wenn wir in den Stall kamen. Seltsamerweise tat sie dies nur bei uns, nie bei Daniele, obwohl er ihr stets eine Mohrrübe mitbrachte und freundlich mit ihr sprach. Kam Lazzaro, scharrte sie sogar ärgerlich mit den Hufen und fletschte die Zähne, eine Reaktion, die uns jedesmal verwunderte, weil wir dem Tier solch eine Gefühlsäußerung nicht zugetraut hatten.
    Heute morgen allerdings schien die Stute bester Laune zu sein, so als wittere sie bereits Landluft. Sie fiel, kaum daß wir die Stadt verlassen hatten, in Trab, und es gelang Rocco, der vor mir saß und die Zügel hielt, erst nach saftigen Flüchen, sie wenigstens an den Stellen, wo Langsamkeit angebracht war – wenn etwa Karren an uns vorüberzogen, die Straße weggeschwemmt worden war oder eine Kuhherde unseren Weg kreuzte –, von diesem Trab herunterzubringen.
    Den ganzen Ritt über ergingen wir uns in Mutmaßungen, ob Brigida wohl dieses Mal wieder dabeisein würde. Aber in Mona Orellis Augen waren solche Besuche auf dem Lande verpönt, und sie begleitete die entsprechenden Verbote mit spitzen Schreien des Abscheus. Deine Tochter wird eines Tages einen Schweinehirten heiraten, klagte sie ihren Mann an, wenn du weiterhin erlaubst, daß sie sich in diesen Kreisen bewegt. Sadona hatte uns diesen Ausspruch noch am gleichen Tag hinterbracht, so wie sie uns ständig auch über die belanglosesten Details dieser Ehe auf dem laufenden hielt.
    Die letzten Jahre war Brigida nicht mehr bei dem Namenstag anwesend gewesen, nur einmal, als ihre Stiefmutter zufällig verreist war und niemand Einspruch einlegen konnte. Und was in jener Nacht geschah, werde ich ganz gewiß nie vergessen.
    Jetzt endlich näherten wir uns dem Hügel mit dem Dorf, in dem wir einen Teil unserer Kindheit verbracht hatten. Ich spürte jedesmal von neuem die Erregung in mir aufsteigen, wenn der Ort in Sicht kam. Wir hörten bereits von weitem Stimmen, die wir kannten, wir riefen uns die Namen zu, ich hörte Pietro, Francesco, Bianca, Giovanni. Rocco versuchte, die Stute nochmals zu einer rascheren Gangart zu bewegen, aber im Augenblick war sie aus irgendwelchen Gründen für keinen Befehl mehr zugänglich und blieb einfach stehen. Und wieder einmal fragten wir uns, ob sie nicht vielleicht doch an

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