Der Brennende Salamander
gewiß nicht zur Villa, sagte sie verärgert und fast so störrisch wie das Maultier.
Du hast nicht einmal unsere Wandmalereien begutachtet, erwiderte ich, und das Maultier will aus irgendwelchen Gründen ohnehin in diese Richtung.
Und außerdem könnten wir die beiden Ölkrüge mitnehmen, die uns noch zustehen, sagte Rocco. Beim letztenmal war kein Platz mehr in unserem Gepäck.
Als Brigida schließlich bereit war, mit uns den Weg zur Villa einzuschlagen, war der Abend bereits nahe und die Dämmerung kündigte sich an.
Das Dorf sah aus, als sei ein großer Teil seiner Wunden bereits wieder vernarbt: Die offenen Flächen waren weitgehend mit Gras bewachsen. Vor der Mühle standen Männer in Arbeitskleidern um das reparierte Mühlrad herum, und man hatte den Eindruck, daß sie am liebsten gleich heute ausprobiert hätten, ob es wieder seinen vertrauten Gang aufnehmen würde. Selbst die Abbrüche bei den Straßen waren notdürftig geflickt, so daß wir gut vorankamen.
Die Villa sah aus, als sei ihr Mauerwerk sorgfältig instand gesetzt worden, und die zerborstene Haustür war durch eine neue ersetzt. Hinter dem Haus waren die Haken erneuert, an denen wir unsere Tiere festbanden, der Schlüssel für das Haus lag an der gleichen Stelle wie damals.
Im Inneren roch es feucht und nach Farbe.
Ihr habt nicht mal gelüftet, sagte Brigida vorwurfsvoll, und ich wußte in der gleichen Sekunde, daß der Geruch nicht der Geruch meiner Farben war.
Ich dachte, du hättest den Flur ausgemalt, sagte Rocco verblüfft, als wir durch den hinteren Eingang das Haus betraten.
Das habe ich auch, sagte ich grimmig. Aber offensichtlich ist wieder abgeblättert, was ich gemalt habe. Und man hat es erneut übermalt.
Nach ein paar Monaten bereits? zweifelte Rocco.
Brigida schaute sich um und schüttelte sich, obwohl esnicht eigentlich kalt war.
Ich gehe nach oben, sagte sie dann lahm, das muß ich ja wohl.
Oben ist nichts verändert worden, sagte ich.
Sie zuckte mit den Achseln. Und die Schlafkammer?
Ich habe dort nichts gemacht, beruhigte ich sie.
Geh ihr nach! drängte Rocco, als wir sahen, daß Brigidas Schritte immer langsamer wurden, je höher sie hinaufstieg.
Aber ich stand wie festgewachsen, und irgendwie mußte ich bereits gespürt haben, was kaum eine Minute später eintraf: Ein gellender Schrei drang zu uns herunter, und im ersten Augenblick dachten wir, dort oben lauere ein Wolf oder ein Bär oder es drohe eine andere schreckliche Gefahr.
Wir rannten die Treppe hinauf, liefen zu der großen Schlafkammer und blieben abrupt neben Brigida stehen, die mit weit aufgerissenen Augen, die Hände zu Fäusten geballt, die Wand gegenüber dem großen Himmelbett anstarrte: Die gesamte Breitseite war mit einem gewaltigen Höllenbild ausgefüllt. Ein Bild von solcher Realitätsnähe, daß man annehmen konnte, zwei dieser schrecklichen Ungeheuer, die dort die Menschen mit Zangen und Spießen quälten, seien im Anmarsch auf jeden, der das Zimmer betrat.
Sie hat es wahrgemacht, flüsterte Brigida. Sie hat die ganze Zeit über gedroht, wenn ich mich nicht endlich unterwerfe, dann werde ich schon sehen, was geschieht. Aber ich habe nie geglaubt, daß sie so grausam sein würde.
Ich weiß nicht, wie lange wir die Wand anstarrten – soviel stand fest, daß hier ein Maler sein Handwerk verstanden hatte, wenn auch nicht mit letzter Perfektion. Ich prüfte die Fluchtlinien, sah, daß die prospettiva zwar nicht an allen Punkten stimmte, aber immerhin an den meisten, was die Realitätsnähe des Bildes ausmachte.
Hier ist sie falsch, sagte Rocco und deutete mit dem Finger auf die Stelle, an der die Teufel mehrere Menschen aufspießten.
Ich nickte und deutete auf eine andere Stelle, die ähnlich fehlerhaft war.
Brigida war in ihrem Schreck so gefangen, so daß sie nicht merkte, wovon wir sprachen. Sie starrte wie gebannt auf den anderen Rand des Bildes, wo der Tod sich mit seinen knochigen Krallen soeben eine junge Frau holte, die dem Kindbett entstiegen war; das Neugeborene schmorte bereits im Höllenschlund. Die Frau hatte kurzgeschnittene Haare und trug Männerkleidung. Brigida trat einen Schritt näher an das Bild heran und strich dem Kind zärtlich über den flaumigen Kopf, der bereits angesengt war. Es ist ein junger Maler aus dem Dorf. Ein Anhänger von Savonarola, flüsterte sie dann.
Und die Frau eine Hure? fragte Rocco.
Nein, keine Hure. Nur ein junges Mädchen, dem es passiert ist. Die Tochter des Fattore, ich kenne sie, ich
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