Der Bronzehändler
voller Shafadurollen; mit weißen, roten, grünen oder blauen Bändern, meist einmal, oft zwei oder drei Mal umwunden; manche noch gesiegelt. Nun erst weiß ich, wie ich die Einteilung zu treffen habe, denn alles hängt zusammen: das neue, starke Metall und dessen Händler, der junge Goldhorus Cheperi, der dritte Chakaura also, und dessen unbeugsamer Wille, das Gold von Punt, Kush und Wawat und das wenige kostbare Erz der Sterne.
Von den Grenzen des Hapilandes schrieben meine Freunde mir Briefe; noch mehr schrieb ich an sie, aber viele Schreiben gingen verloren. Göttliche Gesetze, Machtwille und die Pflicht, Wissen zu sammeln für den Herrscher, jugendliche Kraft und der Drang, reich zu werden an Gold und Einfluss, dies trieb die Männer durch zwei Jahrzehnte; durch Stürme, Kämpfe und Sand- und Wasser-Wüsten. Was ich über die Jahre Eins bis Zwanzig weiß, bis zum größten Triumph des Goldhorus über die elenden Nehesi, weiß ich vor den Freunden und Männern unter seinem Thron; vieles über diese Männer, was sie fühlten und ersehnten, wie sie handelten, was sie umhertrieb, was sie glaubten und wem sie die Treue hielten, weiß ich von ihren Frauen.
So beginne ich die Geschichte des Goldhorus, indem ich die seines Freundes Karidon schreibe, der darunter litt, dass Senwosret-Chakaura nicht sein Freund sein durfte, nach dem Willen der Götter; Ptah, Sachmet und Month mögen, wie Thot und Imhotep, mein Tun gnädig betrachten.
1. Tod am Kap Thirr
Dunkelgrün, riesig und mit kochender Gischt gefleckt, rauschte die Woge heran, schlug wie ein Fels gegen das Schiff, riss an den Ruderschäften und prellte die Pinne aus Karidons Fäusten. Das Wasser stieg steuerbords am Heck hoch, bildete eine blasige grüne Wand und brach über Karidon, Jehoumilq und Holx-Amr zusammen. Die Flut, die gegen Hüften und Schultern gischtete, riss die Männer von den Füßen, traf Köpfe und Nacken mit schmerzhaften Schlägen, blendete Karidon und schwemmte über die Planken. Salzwasser biss in den aufgeplatzten Lippen und beim würgenden Atemholen im Rachen. Ehe Karidon den nassen Holzschaft wieder packen konnte, traf ihn der herumwirbelnde Hebel in den Magen. Sein Schrei ging im Heulen des Windes und im Dröhnen des Schiffsrumpfes unter. Die Taue, mit denen er sich festgebunden hatte, schürften die Haut über dem Gürtel auf, die Marter des Salzwassers in den Wunden trieb ihm die Tränen in die Augen. Keuchend holte er Luft.
Jehoumilq und Holx-Amr stemmten sich gegen den Pinnenschaft des Backbordruders. Holx würgte wieder blasigen Schleim hervor, der über sein Kinn lief. Kapitän Jehoumilq zeigte auf den jungen Ruderer, der sich am Mast festklammerte, und brüllte gegen das Mahlen des Nordwinds an:
»Lass los, Rebid! Hinunter mit dir. Die nächste Welle bringt dich um!«
Die Horus der Brandung kämpfte nordöstlich von Kap Thirr gegen Sturm und schweren Seegang. Die blaugrüne Welle, durch die weite Dünungswoge verstärkt, hob das Heck, schüttelte den Rumpf, zerrte und riss an Segel und Mast und schmetterte die bronzeverstärkten Blöcke des Tauwerks klirrend gegeneinander. Der Steuermann würgte und hustete; sein Körper zuckte, aber er ließ die Pinne nicht los und taumelte nur in den Haltetauen. Der Bug der Horus tauchte tief ein, hob sich; weißschäumende Bäche liefen über die hochgezogenen Lukenränder in den Bauch des Schiffes. Rebideka angelte mit der rechten Hand nach einem Tau, das wie eine Peitschenschnur über Deck wirbelte. Jehoumilq drehte den Kopf nach rechts und starrte Karidon an. Obwohl unablässig Gischt, Schauer und Brecher von rechts und links die Männer trafen, schwitzten sie. Jehoumilqs schwarzbehaarter Oberkörper dampfte.
»Das war die erste ... Welle«, schrie er und keuchte. »Wenn uns die dritte nicht umbringt, schaffen wir's bis an irgendeinen verfluchten Strand!«
Vier Stunden zuvor, kurz nach der neunten Stunde, war der Messes aus Nordost über das Meer von Kefti hergefallen. Der kalte Festlandswind türmte riesige Wogen auf, und obwohl die Mannschaft beide Seiten des Segels zur Mitte geklappt und festgezurrt, die Segelfläche um fast zwei Drittel verkleinert hatte, jagte das Schiff ächzend, mit dem Sturm im Heck, durch die Schaumkronen, legte weit nach Steuerbord über, bis die Enden der unteren Rah die Flanken der Wellen furchten. Karidon stand, ebenso wie Holx-Amr, dessen Gesicht fahlgrau war und der sich das Herz aus dem Leibe spie, seit drei Stunden am Ruder. Er sah sich um; der
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