Der Bund der Drei
unserem Haus.
Unterwegs toben ein Foxl und ein brauner Pudel gegen ihre Gitter, werden aber keines Blickes gewürdigt. Nur Weffi, der besonders guter Laune scheint, kehrt noch mal um, beschnüffelt die beiden und schickt ihnen wenigstens einen kurzen Strahl hinein, über den das Doppelgespann in tiefes Nachdenken verfällt. Im gleichen Augenblick höre ich ein Geräusch — tack-tack-tack — immer an den Zäunen. Und da kommt auch schon der Blinde, der im Krieg durch eine explodierende Kartusche das Augenlicht verlor und Gott sei Dank nicht weiß, wie furchtbar blauverbrannt sein Antlitz aussieht. Mit dem Stöckchen tastet er sich am Zaun entlang und findet so nach Hause.
Weffi, der völlig außer Rand und Band heute ist, springt an ihm hoch, reißt ihm den Stock aus der Hand und saust damit los. Ich ziehe den Hut (der andere sieht es doch gar nicht...): »Entschuldigen Sie bitte vielmals, es war mein Jüngster, er kennt Sie wohl noch nicht, und hat nichts als Dummheiten im Kopf. Kommst du her, du Kröte !«
Weffi kommt mit steifen Beinen angesprungen, ich reiße ihm den Stock aus den Zähnen und gebe ihn dem Blinden zurück. Weffi richtet sich wedelnd an ihm hoch, und die Hand des Mannes tastet über sein Köpfchen.
»Es ist ein weißes Drahthaarfoxl«, sage ich, »mit einem sehr schönen Bärtchen !«
»Oh«, sagt der andere, während seine lange, schmale Hand über den Rücken Weffis fährt, »ich sehe — ich sehe! Sie haben doch noch zwei andere Hunde, nicht wahr? Einen Cocker und einen Terrier? Ich habe den Cocker so lange nicht mehr bellen hören...«
»Das kann ich begreifen, denn er war sehr schwer krank. Aber nun ist er wieder gesund .«
»Das freut mich .« Er setzt seinen Weg fort, tack-tack-tack — seinen einsamen, seinen dunklen Weg — am Zaun entlang.
Und dann sind wir wieder in unserem Garten. Peterchen inspiziert sein Paradies, liebevoll vorsichtig durch die Blumen stolzierend. Der Dicke hat sich vor die Haustür auf die kühlen Steine gelegt und knackert sein Fell. Weffi schlendert allein auf die Straße zurück und guckt, ob Frauchen bald kommt. Ich habe mein Manuskript wieder zur Hand genommen.
Kaum sitze ich, höre ich auf der Straße einen hellen Jammerschrei und fürchterliches Knurren. Ich stehe auf, sehe den Dicken, wie er den Kopf hochreißt. Seine Augen funkeln. Peterchen sitzt im Moment aufrecht, und dann fegen sie beide aus der Tür ums Haus herum. Ich laufe hinterher. Draußen neue Jammerschreie, Fauchen und Fetzen. Ich sehe, was ich vermutete: Ajax, Weffis Feind, hat das kleine Holzpferdchen vor dem Grundstück erwischt. Der Fox hängt schreiend in des großen Airedale Fängen. Aber wie Schatten sind Cocki und Peter an Ajax. Cocki unterrennt ihn mit solcher Wucht, daß er stolpert und Weffi losläßt. Peter indessen hat sich sein Lieblingsziel ausgesucht und sitzt festgebissen an seinem Hinter schenke !. Weffi, eben noch ein hilfloses, schreiendes Etwas, macht kehrt und schlägt Ajax die scharfen Fänge in die Oberlippe. In den Augen des Airedale ist Entsetzen. Was ist mit seinen beiden Freunden? Er erhebt sich, schüttelt die drei kleineren Hunde ab, trabt dann höchst kümmerlich davon, ab und zu sich scheel umblickend und das rechte Hinterbein nachziehend.
Cocki und Peter verfolgen ihn noch ein paar Meter, kehren dann um und sehen sich das Holzpferd an. Aus der Gegend des Schulterblattes rinnt ihm etwas Blut. Sie beschnüffeln es, weichen zurück und niesen pflichtschuldigst. Ich hocke mich zu ihnen, streichle sie abwechselnd und lobe sie. Und dann schwenken alle Drei, Schulter an Schulter, zurück in unsern Garten und beschnuppern die Stellen, wo sie gestern abend den großen Igel aufstöberten...
Ich aber sehe ihnen lächelnd zu, während sich über ihnen die Zweige der Weide im Sommerwinde wiegen, und weiß ganz sicher, und mir ist ganz feierlich zumute: seit Cockis Krankheit sind sie endlich das geworden, was ich mir schon immer wünschte:
DER BUND DER DREI
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