Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
atmete etwas leichter, während er die Fähigkeit der Magori segnete, eine Lüge erkennen zu können. Er neigte den Kopf als Anerkennung von Kordens Versprechen.
» Wir wollen beide nur das Beste für Kardiastan, aber du kannst manchmal ein sentimentaler Narr sein, Temel. Wir haben guten Grund, das zu glauben.«
Temellin wusste, dass das eine abfällige Bemerkung wegen seiner Liebe zu Sarana war, aber Korden trank den letzten Rest Orangensaft und gab ihm keine Chance, darauf etwas zu erwidern. Er stand auf und sagte: » Ich muss dich jetzt verlassen. Ich habe Lesgath versprochen, mir seine Übungsstunde anzusehen. Mein jüngster Sohn macht bewundernswerte Fortschritte.«
Das Lächeln, das Temellin zustande brachte, während Korden ging, war gezwungen. Als er wieder allein war, ließ er sich in den Sessel zurücksinken, mit einem Seufzer, der fast ein Knurren aus tiefster Kehle war.
Aus dem Türeingang auf der anderen Seite des Zimmers unterbrach eine neue Stimme seinen Abstieg in die offene Gereiztheit und verzweifelte Sorge. » Der Mistkerl. Er ist so raffiniert wie eine sandmurramische Schlange.«
Temellin drehte sich um und unterdrückte einen weiteren Seufzer. » Hellesia, du sollst nicht an Türen lauschen, wie du weißt. Korden muss gewusst haben, dass du da bist. Ich habe es jedenfalls gemerkt.«
Die Frau, die mit einem Tablett mit einem weiteren Krug Saft den Raum betreten hatte, zuckte nachlässig mit den Schultern und sagte: » Natürlich wusste er es. Als er das letzte Mal hier war, hat er mir deshalb Vorwürfe gemacht. Ich habe es auf meine Sklavenmentalität geschoben. Es gab mal eine Zeit, da mussten wir lauschen, weil wir getötet werden konnten, wenn wir die Wünsche unseres Herrn nicht erahnten– und zwar jeden einzelnen verfluchten Wunsch. Alle wissen, dass es ehemaligen Sklaven schwerfällt, ihre Gewohnheiten zu ändern; ganz besonders, wenn sie sich so tief eingegraben haben wie diese.«
Temellin schüttelte den Kopf in kläglicher Anerkennung. » Deine Sklavenmentalität? So bezeichnest du dein verschlagenes Wesen?«
Hellesia, die einmal als das schönste Mädchen von Madrinya bezeichnet worden war, verströmte auch im reifen Alter noch die gleiche heitere Anmut, über die sie in ihrer Jugend verfügt hatte. Jetzt, mit Mitte Dreißig, betrachtete sie ihr Aussehen allerdings nicht als Segen, sondern als Fluch. Viele der Schrecken ihres vergangenen Lebens hatten ihren Grund in der Schönheit ihres Gesichts und den Rundungen ihres Körpers gehabt. In der Folge hatte sie ihre Haare zu einem festen Knoten im Nacken zusammengebunden, verzichtete auf Puder und mied Parfum und gab sich alle Mühe, unattraktiv zu erscheinen. Sie war allerdings nicht so richtig erfolgreich damit.
Sie stellte das Tablett auf den Tisch. » Ich wollte noch etwas Saft bringen, aber als ich gehört habe, was er gesagt hat, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass meine Anwesenheit nicht angebracht ist. Er ist sowohl gefährlich als auch arrogant, Tem: ein Freund, der glaubt zu wissen, was gut für dich ist. Wieso platzierst du eigentlich deinen sandalenbedeckten Fuß nicht in seinen Allerwertesten und sagst ihm, dass er nie mehr wiederkommen soll?«
Er sann darüber nach, wie er es ihr erklären sollte; sie war keine Magoria, und ihre Geschichte war nicht seine. » Versuch, dir vorzustellen, wie es war, Hellesia. Zehn Magoroth-Kinder, die dazu bestimmt waren zu herrschen, aber ihrem Zuhause entrissen worden waren, um in der Illusion samt ihren Sonderbarkeiten zu leben. Ich war fünf, als man uns sagte, dass wir die einzigen Magoroth waren, die in der ganzen Welt noch übrig waren– und dass unsere Familien niedergemetzelt worden waren.
Korden war der Älteste; er war derjenige, der sich noch am besten an das Leben und die Familien erinnern konnte, die wir verloren hatten. Ich war der Illusionist, ja– aber was bedeutet das, wenn das Land von Eroberern regiert wird? Und ja, wir hatten Imagos und Theuros als Lehrer, aber es war Korden, der die Verantwortung für unser Magoroth-Vermächtnis übernahm und für uns Übrigen zum Mentor wurde.
Versuch, dir das bildlich vorzustellen. Verwaiste Kinder, die darum kämpfen, stark zu bleiben, während ihre ganze Welt sich aufgelöst hat. Ein fünfjähriger Illusionist, der zu seinem zehnjährigen Cousin aufblickt. Dann war er zehn, und Korden fünfzehn. Fünfzehn und zwanzig. Er war mein Führer, mein Lehrer, mein Fels. Wie kann ich mich jetzt gegen ihn wenden, nur weil er in
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