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Der Chefarzt

Titel: Der Chefarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Argirov Valentin
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werde nie mehr zurückkehren.«
    »Sie liebt dich.«
    »Du sprichst wie eine … eben eine Frau«, sagte er.
    Die Stadt liegt unter ihnen; keine hundert Meter entfernt beginnt das Tal. Er sieht die Hügel in der Dämmerung. Lange, nachdem es im Tal bereits dunkel geworden ist, werden die Bergspitzen von den letzten Strahlen der Sonne erhellt. Eine schöne Stimmung.
    »Du hast mir nie gesagt, was ich gern wüßte …«, murmelt Hana und ihr blasses Gesicht verliert seine gewohnte Sicherheit. Verschämt fragt sie: »Liebst du mich?«
    »Was für eine Frage«, murmelt er ebenso und vermeidet dabei, ihr in die Augen zu sehen.
    Um diese Zeit stellte er sie seinen Eltern vor, nicht ohne die heimliche Genugtuung eines Seitenhiebes auf Malvina. Nach Karen und Malvina war Hana die dritte, die er mit nach Hause brachte. Auf Anhieb verstand sie sich mit seinem Vater, was ihn nicht überraschte (Cornelius Bertram hatte eine Schwäche für schöne Frauen, was er nie zugab). Seine Mutter, von Natur aus zurückhaltend und abwartend, wurde von Hana nicht so schnell erobert, dafür um so nachhaltiger. Bei Karen war sich seine Mutter wegen ihrer Herkunft nicht sicher, Malvina hatte sie nie akzeptiert. Jetzt fand Rosa Bertram in dieser jungen, sehr fraulich wirkenden Tschechin, die ihren Sohn bis zur Selbstverleugnung liebte, die Schwiegertochter ihrer Träume.
    Sie verbrachten zur Freude seiner Eltern, die ihn selten sahen, eine ganze Woche zu Hause. Die Oberpfalz gefiel Hana sehr und sie unternahmen lange Ausflüge. Er zeigte ihr seine Heimat mit einem Gefühl des Stolzes, den er bei sich nicht vermutete. Hana wollte immer mehr wissen, sie ermutigte ihn, und bald ertappte er sich, wie er sie durch seine Kindheit führte, er erlebte sie noch einmal mit den Augen des Erwachsenen, neben ihm eine aufmerksame, verständnisvolle Zuhörerin. Später sprach er plötzlich von Heirat. Hana, die gerade dabei war, ihm die Ähnlichkeiten der Oberpfalz mit der Hohen Tatra zu schildern, hörte mitten im Satz auf.
    Einmal ausgesprochen, war dieses Wort nicht mehr wegzudenken. Von der Begeisterung der anderen mitgerissen, fand er diese Heirat als einzig würdigen Ausweg aus seiner jetzigen Situation; zu ihm gehörte eine Frau wie sie.
    Bald machte die ganze Familie Hochzeitspläne, und es gab die ersten Differenzen zwischen seinen Eltern wegen der Zahl der Einzuladenden.
    Als er sich an die Tage erinnerte, dachte er, daß dies die einzige Zeit war, wo er die Gemeinsamkeit des einfachen Familienlebens erlebt hatte. Am Ende dieser glücklichen Woche fuhren sie zurück, nachdem sie versprochen hatten, in einem Monat wiederzukommen. Dann sollte auch der endgültige Termin der Hochzeit festgelegt werden.
    Hanas Abschied von seinen Eltern war herzlich, zum zweitenmal, seit er sie kannte, sah er Tränen in ihren Augen. Die nächsten zwei Wochen verliefen ruhig.
    Eines Abends, er fuhr bereits aus der Klinik, wurde ihm von einem Postboten vor dem Pförtnerhaus ein Telegramm überreicht. Er saß im Auto und las bei laufendem Motor: »Papa schwer erkrankt. Will dich an seinem Bett haben. Malvina.«

8
    Professor Auerbach hatte einen Schlaganfall bekommen, die rechte Körperseite war gelähmt. Bertrams Erscheinen in der Klinik wurde von seinen früheren Kollegen, Holländer voran, mit Mißfallen registriert, das bald in eine offen zur Schau getragene Feindseligkeit umschlug; dem Recht Auerbachs, seinen behandelnden Arzt selber zu bestimmen, mußten sie sich beugen.
    Der alte Professor lag in einem Krankenzimmer seiner eigenen Privatstation, die jetzt von seinem Vertreter, Professor Holländer, geführt wurde. Bald sah sich Bertram in seinen Entscheidungen allein gelassen. Nur zu gut wußte er, welche moralischen Folgen Auerbachs Tod für ihn haben würde. Am Tag seiner Ankunft ließ er eine Couch in Auerbachs Krankenzimmer stellen. Fortan übernachtete er bei ihm.
    In den darauffolgenden Tagen wurde Bertram, der seinen Patienten ständig beobachtete, in der Annahme bestärkt, daß es sich bei ihm um einen Verschluß eines Gehirngefäßes handelte. Er verzichtete auf eine Kontrastdarstellung der Gehirngefäße, weil er sich davon wenig für die Behandlung versprach. Der weitere Verlauf sollte Bertram recht geben. Der Patient zeigte eine rasche Besserung. Die Sprachstörungen verschwanden vollständig, die Lähmungserscheinungen bildeten sich bis auf einen geringen Rest zurück. Es blieb für Uneingeweihte unbemerkt.
    Dennoch war der nächste Anfall nur eine

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