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Der Chinese

Der Chinese

Titel: Der Chinese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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entscheiden, ob ihr noch Helfer braucht. Dies ist ein sehr großer Tatort. Wahrscheinlich der größte, den ihr je erleben werdet. Obwohl es so grauenhaft ist, dass wir kaum begreifen, was wir vor uns haben, müssen wir versuchen, es als ganz normale Ermittlung zu betrachten.«
     
    Alle hatten Fragen. Aber Vivi Sundberg winkte ab. Das Wichtigste war jetzt, dass jeder mit eigenen Augen sah. Sie führte die Prozession von einem makabren Tatort zum nächsten. Als sie zum dritten Haus kamen, sagte Widman, der ältere der beiden Kriminaltechniker, dass er sofort Verstärkung anfordern wolle. Beim vierten Haus sagte die Ärztin, dass sie das auch tun müsse. Während Telefongespräche geführt wurden, blieb die Prozession stehen. Anschließend gingen sie durch die restlichen Häuser und versammelten sich zuletzt wieder auf der Straße. Da war schon der erste Journalist eingetroffen. Vivi Sundberg bat Ytterström, darauf zu achten, dass niemand mit ihm sprach. Sie würde es selbst tun, sobald sie Zeit hatte.
     
    Die Menschen, die auf der verschneiten Straße um sie herumstanden, waren bleich und still. Keiner konnte die Tragweite dessen erkennen, was sie gesehen hatten.
     
    »Dies ist die Situation«, sagte Vivi Sundberg. »Unsere gesammelte Erfahrung und unsere Kompetenz sind in einer Weise gefordert, wie wir es uns kaum vorstellen können. Diese Ermittlung wird in den Massenmedien an oberster Stelle stehen, nicht allein in Schweden. Man wird von uns fordern, in kurzer Zeit Resultate vorzuweisen. Wir können nur hoffen, dass der oder die Täter Spuren hinterlassen haben, so dass wir sie schnell fassen können. Wir müssen versuchen, uns zu konzentrieren, und die Fachleute hinzuziehen, die wir vielleicht brauchen können. Staatsanwalt Robertsson ist schon auf dem Weg. Ich möchte, dass er dies hier persönlich sieht und die Leitung der Voruntersuchung übernimmt. Wenn keiner eine Frage hat, müssen wir jetzt mit der Arbeit anfangen.«
     
    »Ich glaube, ich habe eine Frage«, sagte Widman. Er war ein kleiner dünner Mann. Vivi Sundberg hielt ihn für einen sehr kompetenten Kriminaltechniker, aber er arbeitete häufig quälend langsam für diejenigen, die auf eine Nachricht warteten.
     
    »Stell sie!«
     
    »Besteht die Gefahr, dass dieser Wahnsinnige, wenn es denn einer ist, wieder zuschlägt?«
     
    »Die Gefahr besteht«, sagte Vivi Sundberg. »Weil wir nichts wissen, müssen wir davon ausgehen, dass alles passieren kann.«
     
    »In den Dörfern wird die Angst umgehen«, fuhr Widman fort. »Ich bin ausnahmsweise einmal froh, dass ich in der Stadt lebe.«
     
    Die Gruppe löste sich auf. Im selben Augenblick traf Sten Robertsson ein. Der Journalist, der vor den Absperrungen wartete, ging sofort auf ihn zu, als er aus dem Wagen stieg. »Nicht jetzt«, rief Vivi Sundberg. »Du musst warten.« 
    »Kannst du gar nichts sagen, Vivi? Du machst doch sonst alles möglich.« 
    »Aber heute nicht.« Sie konnte den Journalisten, der für Hudiksvalls Tidning arbeitete, nicht leiden. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, die Arbeit der Polizei in süffisantem Ton zu kommentieren. Was sie möglicherweise am meisten ärgerte, war die Tatsache, dass er oft recht hatte.
     
    Robertsson fror in seiner viel zu dünnen Jacke. Er ist eitel, dachte sie. Er trägt keine Mütze, weil er Angst hat, dass das Gerücht stimmt, Mützenträger bekämen früher eine Glatze. »Jetzt musst du berichten«, sagte er.
     
    »Nein. Jetzt musst du mitkommen.«
     
    Zum dritten Mal an diesem Morgen ging Vivi Sundberg von Tatort zu Tatort. Zweimal musste Robertsson ins Freie hinaus, weil ihm übel wurde. Sie wartete geduldig. Es war wichtig, dass ihm klar wurde, was für eine Ermittlung er jetzt leiten würde. Sie war sich nicht sicher, ob er der Aufgabe gewachsen war. Aber von den verfügbaren Staatsanwälten war er der geeignetste. Wenn nicht eine höhere Instanz beschloss, jemanden mit größerer Erfahrung zu nehmen. Als sie schließlich wieder auf der Straße waren, schlug sie vor, sich in ihren Wagen zu setzen. Sie konnte Kaffee aus einer Thermoskanne anbieten.
     
    Robertsson war erschüttert. Seine Hand mit der Kaffeetasse zitterte. »Hast du schon einmal etwas Ähnliches gesehen?« fragte er.
     
    »Das hat keiner von uns.«
     
    »Wer außer einem Wahnsinnigen kann das getan haben?« 
    »Das wissen wir nicht. Wir müssen zuerst die Spuren sichern und unvoreingenommen arbeiten. Ich habe die Techniker gebeten, Verstärkung anzufordern, wenn

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