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Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Titel: Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Pfoten.
    Das hier war seine Chance. Er würde mit dem Rudel jagen und versuchen, alles richtig zu machen – was gar nicht so einfach war, bei den vielen Regeln und Bräuchen, die es zu beachten galt. Für alles gab es bestimmte Rudel- und Clanwörter, besondere Ausdrücke, die ihm fremd waren, denn Faolan war in seinem ersten Lebensjahr als Einzelgänger umhergestreift. Er war ein rudelloser Wolf gewesen, ein Clanloser. Wegen seiner gespreizten Pfote war er als Neugeborener zum Malcadh erklärt worden. Malcadh bedeutete „verflucht“ und nach den starren Regeln, die das Leben der Wolfsclans in den Hinterlanden beherrschten, wurden alle Malcadh von der Obea eines Clans an einem abgelegenen Ort ausgesetzt. Dort verhungerten sie oder wurden von Eulen oder anderen Räubern verschlungen. Die Eltern der Malcadh wurden ebenfalls aus dem Clan verbannt und durften sich nie wieder miteinander paaren. Durch diese Maßnahme wurden die Blutlinien der Rudel gesund erhalten. Wenn ein Malcadh überlebte, was selten vorkam, konnte es in den Clan zurückkehren, aber nur als verachteter Knochennager, der von allen anderen Wölfen misshandelt wurde.
    Faolan war nicht gestorben. Eine Grizzlybärin namens Donnerherz hatte ihn gerettet. Fast ein Jahr lang war Faolan bei seiner zweiten Milchmutter geblieben. Doch am Ende des Winters war sie bei einem Erdbeben ums Leben gekommen. Den ganzen Frühling und den größten Teil des Sommers über hatte Faolan allein gelebt, bis er vor einem knappen Mondzyklus zu den Wölfen zurückgekehrt war, weil er die Einsamkeit nicht mehr ertragen konnte. „Zurückgekehrt“ klang seltsam in seinen Ohren, denn er hatte nie lange genug unter Wölfen gelebt, um sich wirklich heimisch im Rudel zu fühlen. Und das bekam er jetzt jeden Tag zu spüren. Sogar die frechen kleinen Welpen machten sich über ihn lustig. „Faolan, sag mal ‚Rentier‘“, neckten sie ihn. Und wenn er das Wort aussprach, japsten sie vor Vergnügen und riefen: „Der redet ja wie ein Bär!“ Niemand wies sie zurecht. Selbst der winzigste Welpe durfte ihn verspotten, so viel er wollte, weil Faolan ein Knochennager war.
    Lord Breac, der Anführer des Osthangrudels, näherte sich jetzt mit seinen Leutnants. Faolan nahm schnell die Unterwerfungshaltung ein, die von ihm erwartet wurde, sobald sich ein Rudelmitglied näherte. Das galt besonders für hochrangige Wölfe wie den Rudellord.
    Noch bevor sein Bauch den Boden berührte, spürte Faolan einen stechenden Schmerz in der Flanke. Er war nicht schnell genug gewesen, wie üblich. Flint, einer der Leutnants, hatte ihn gebissen und in den Dreck geschleudert. Jetzt kam er zurück und packte Faolan an der Schnauze. Das war eine der schlimmsten und schmerzhaftesten Demütigungen, die einem Knochennager zugefügt werden konnte.
    „Vergeude nicht deine Energie, Flint“, bellte Lord Breac. „Lass ihn in Ruhe. Du brauchst deine Kräfte noch für den Byrrgis .“
    Und ich? , dachte Faolan. Brauche ich meine Kräfte etwa nicht? Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass er bald nicht mehr unsichtbar sein würde, wenn sie ihn im Byrrgis laufen sahen.
    Lord Breac hielt inne und drehte sich zu Faolon um. Er wollte sich überzeugen, ob der Knochennager ihm folgte, und zwar mit eingeklemmtem Schwanz und in geduckter Haltung, wie es sich für einen Wolf seines Ranges gehörte. „Denk daran: Die Knochen werden groß sein, sodass wir sehen können, wie gut du das Schnitzen gelernt hast!“
    Ja, das Schnitzen – aber was ist mit dem Jagen?, fragte sich Faolan. Er konnte viel mehr, als nur Knochen benagen, von denen die höherrangigen Wölfe das Fleisch abgefressen hatten. Beim Byrrgis würde er ihnen zeigen, was in ihm steckte. Die Weibchen galten als schnellste Läuferinnen und ließen sogar die Rüden hinter sich. Aber ich bin noch schneller , dachte Faolan im Stillen. Und welcher andere Wolf konnte auf den Hinterbeinen gehen, wie Donnerherz, die Grizzlybärin, es ihm beigebracht hatte? Er hatte diese Fähigkeit noch keinem Rudelmitglied gezeigt. Er wusste auch nicht, ob er sie in einem Byrrgis einsetzen konnte. Aber wenn, würden den anderen Wölfen sicher die Augen aus dem Kopf fallen.
    Knochennager dienten dem Rudel als Sündenböcke und durften von allen ungestraft verhöhnt und misshandelt werden. So war es seit jeher der Brauch. Da alle Knochennager irgendwelche Missbildungen hatten, galten sie als wandelndes Beispiel für die Gefahren, die schlechtes Blut mit sich brachte. Der Clan wusch sich

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