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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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»jenen Muth ohne Zorn, den die Helden besitzen«, wie die Physiologen sagen. Seine nicht zu kleine Nase beherrschte einen symmetrischen Mund mit ein wenig hervorspringenden Lippen, jenem Zeichen eines edelmüthigen und guten Charakters.
    Michael Strogoff besaß das Temperament des entschiedenen Mannes, der seinen Entschluß schnell zu fassen gewöhnt ist, der nicht in der Ungewißheit die Nägel zernagt, sich nicht im Zweifel hinter den Ohren kraut und nicht unentschlossen mit den Füßen stampft. Karg in Bewegungen und Worten, stand er vor seinem Vorgesetzten still wie ein Soldat; wenn er jedoch ging, so zeigte seine Haltung eine große Leichtigkeit, eine auffallende Sicherheit der Bewegungen – ein Zeichen des Selbstvertrauens und der Lebhaftigkeit seines Geistes. Er gehörte zu den Leuten, die immer etwas vorzuhaben scheinen und die Ausführung nicht zu verzögern pflegen.
    Michael Strogoff trug eine elegante Uniform, ähnlich jener des Officiercorps der berittenen Feldjäger, Stiefeln, Sporen, anliegende Beinkleider und einen pelzverbrämten Dolman mit gelben Schnüren auf braunem Grunde. Auf seiner breiten Brust glänzten ein Kreuz und verschiedene Medaillen.
    Michael Strogoff gehörte zu der Specialabtheilung der Couriere des Czaren und stand bei dieser Elitetruppe in Officiersrang. Ganz zweifellos erkannte man an seinem Gange, seiner Physiognomie, seiner ganzen Person, und leicht genug erkannte es auch der Czar, daß dieser Mann gewöhnt war, einem erhaltenen Befehl unbedingt nachzukommen. Er besaß also eine der in Rußland schätzenswerthesten Eigenschaften, eine Eigenschaft, welche nach Aussage des berühmten Schriftstellers Turgenjew, im Moskowitenreiche die Staffel nach den höchsten Ehrenstellen bildet.
    Gewiß, wenn Einer diese Reise von Moskau nach Irkutsk glücklich vollenden, in jenem empörten Gebiete alle Hindernisse besiegen, alle Gefahren überwinden konnte, so war es Michael Strogoff.
    Ein für das Gelingen jenes Vorhabens sehr günstiger Umstand war es, daß Michael Strogoff das zu durchziehende Land vollkommen kannte und die verschiedenen Sprachen desselben verstand; nicht weil er jenes schon bereist hatte, sondern weil er, wie erwähnt, von Geburt selbst Sibirier war.
    Sein Vater, der vor zehn Jahren verstorbene Peter Strogoff, bewohnte die in dem gleichnamigen Gouvernement gelegene Stadt Omsk, woselbst seine Mutter, Marfa Strogoff, noch jetzt lebte. Dort, in jenen wilden Steppen der Provinzen Omsk und Tobolsk, war es, wo der furchtbare sibirische Jäger seinen Sohn Michael »verstählt« hatte, wie der landläufige Ausdruck hieß. Sommer und Winter, im glühenden Sonnenbrande, wie in der grimmigsten Kälte, streifte er über die endlosen Ebenen, durch die Lärchen-und Weidengebüsche, durch die düstern Kiefernwälder, legte seine Fallen aus, verfolgte das kleinere Wild mit dem Gewehre, das große mit dem Spieße und dem Waidmesser. Unter großem Wilde verstand man hierbei den sibirischen Bären, eine furchtbare und sehr wilde Art, welche an Größe ihren Verwandten in den Polargegenden vollständig gleichkommt. Peter Strogoff hatte mehr als neununddreißig Bären erlegt, das will sagen, daß auch schon der vierzigste unter seiner Hand gefallen war, – und man weiß ja, wenn den Jagdgeschichten aus Rußland einigermaßen zu trauen ist, wie viele Jäger bis zum neununddreißigsten Bären glücklich davon kamen und beim vierzigsten unterliegen mußten!
    Peter Strogoff hatte diese Unglückszahl also überschritten, ohne auch nur eine Schramme davon zu tragen. Von da ab unterließ es der damals elfjährige Michael Strogoff niemals, seinen Vater bei den Jagdausflügen zu begleiten, wobei er die »Ragatina« trug, d.h. eine Art Gabelspieß, um seinem Vater, der meist nichts als ein Messer bei sich führte, im Nothfall zu Hilfe zu kommen. Mit dem vierzehnten Jahre hatte Michael Strogoff seinen ersten Bären erlegt, und zwar ganz allein, was nicht so gar viel heißen will; nachdem er diesen aber abgezogen, hatte er auch das Fell des riesigen Thieres bis nach dem mehrere Werft entfernten väterlichen Hause geschleppt – was bei dem Kinde eine ungewöhnliche Kraft voraussetzen ließ.
    Diese Lebensweise bekam ihm gut, und als er das Mannesalter erreichte, vermochte er Alles zu ertragen, Frost und Hitze, Hunger und Durst, Mühsal und Plage.
    Er war mit einem Wort, so wie die Jakuten des unwirthbaren Nordens, ein ganzer Mann von Eisen. Er hielt leicht vierundzwanzig Stunden aus, ohne etwas zu essen,

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