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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Steppen nicht unsicher gemacht, jede Truppenbewegung wäre unausführbar gewesen und Michael Strogoff leichter hindurch gekommen. Indeß er konnte weder Zeit noch Stunde selbst wählen. Wie auch die Umstände lagen, er mußte sie hinnehmen und abreisen.
    Derart war also die Lage, welche Michael Strogoff klar überschaute, und er richtete sich darauf ein, sich mit ihr abzufinden.
    Dazu kamen ihm nicht die gewöhnlichen Verhältnisse eines Couriers des Czaren zu Statten. Im Gegentheil durfte Niemand während seiner Fahrt diese Eigenschaft vermuthen. In einem von Feinden überschwemmten Lande wimmelt es auch von Spionen. Ward er erkannt, so war auch seine Mission compromittirt. Auch als General Kissoff ihm eine bedeutende Summe einhändigte, welche zur Reise hinreichen und dieselbe nach Möglichkeit erleichtern mußte, gab er ihm keinerlei schriftliche Ordre mit der Bezeichnung: »Specialdienst des Kaisers«, das Sesam, dessen Kräfte nie versagen. Er begnügte sich, ihm nur einen »Podaroshna« auszustellen.
    Dieser Podaroshna lautete auf den Namen eines Kaufmannes, Nicolaus Korpanoff, wohnhaft in Irkutsk. Er berechtigte denselben, sich gegebenen Falles von einer oder mehreren Personen begleiten zu lassen, und daneben enthielt er die ausdrückliche Bemerkung, daß er selbst dann giltig sei, wenn das Gouvernement von Moskau auch jedem Anderen den Austritt aus Rußland verbieten sollte.
    Der Podaroshna war nichts Anderes als ein Erlaubnißschein, Postpferde zu requiriren; Michael Strogoff aber sollte davon nur Gebrauch machen in dem Falle, wenn dieser Schein keinen Verdacht bezüglich seiner Eigenschaft hervorrufen konnte, d.h. so lange er sich auf europäischem Boden befand. Hieraus folgte, daß er in Sibirien, wenn er die aufständischen Provinzen durchreiste, sich nicht als Gebieter den Postrelais gegenüber benehmen, noch sich vor Anderen Pferde verschaffen, noch endlich Transportmittel für seine eigene Person requiriren konnte. Michael Strogoff durfte das nicht vergessen; er war nicht mehr ein Courier, sondern ein einfacher Kaufmann, Nicolaus Korpanoff, der sich von Moskau nach Irkutsk begab, und als solcher allen Zufälligkeiten einer gewöhnlichen Reise unterworfen.
    Unbemerkt hindurch zu kommen – ob mehr oder weniger schnell, – aber jedenfalls hindurch zu kommen, darin lag seine Aufgabe.
    Vor dreißig Jahren bestand die Escorte eines Reisenden von Stand aus nicht weniger als zweihundert berittenen Kosaken, zweihundert Mann Fußvolk, fünfundzwanzig Baskiren zu Pferde, dreihundert Kameelen, vierhundert Pferden, fünfundzwanzig Wagen, zwei tragbaren Booten und zwei Stück Kanonen. Das war das nöthige Material bei einer Reise durch Sibirien.
    Michael Strogoff freilich sollte weder Reiter, noch Fußsoldaten oder Saumthiere haben. Er reiste zu Wagen, zu Pferde, wenn das möglich war; zu Fuß, wenn es nicht anders anging.
    Die ersten 1400 Werst (= 1493 Kilom.), die Strecke zwischen Moskau und der Grenze Rußlands, konnten keine besonderen Schwierigkeiten bieten. Eisenbahnen, Postwagen, Pferde zum Wechseln an verschiedenen Stationen, Dampfschiffe – standen hier Jedermann zur Verfügung und waren folglich auch dem Courier des Czaren zur Hand.
    Am Morgen des 16. Juli begab sich Michael Strogoff ohne jede Uniform, aber mit einem Reisesack, den er auf dem Rücken trug, bekleidet mit einem gewöhnlichen russischen Anzug, einem an der Taille geschlossenen Oberrock, dem herkömmlichen Musik (Gürtel), weiten Beinkleidern und an den Knöcheln anschließenden Stiefeln, nach dem Bahnhofe, um den nächsten Zug zu benutzen. Er führte, wenigstens dem Anscheine nach, keine Waffen bei sich, unter dem Gürtel aber stak ein Revolver und in seiner Tasche einer jener langen Dolche, welche das Mittel zwischen dem Messer und dem Yatagan bilden und mit dem ein sibirischer Jäger einen Bären sauber auszuweiden im Stande ist, ohne dessen kostbares Fell zu beschädigen.
    Auf dem Bahnhofe in Moskau war ein ansehnliches Menschengedränge. Die Perrons der russischen Eisenbahnen bilden häufig gewissermaßen Versammlungsörter ebensowohl für Diejenigen, welche abreisen, als für Solche, welche der Abfahrt nur zusehen. Dort ist fast eine kleine Börse für Neuigkeiten.
    Der Zug, den Michael Strogoff benutzte, sollte ihn nach Nishny-Nowgorod führen. Dort war jener Zeit das Ende des Schienenweges, der Moskau mit St. Petersburg verbindet und bis zur Grenze Rußlands fortgeführt werden soll. Die Strecke bis dahin maß etwa 400 Werft (=

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