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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zehn Nächte, ohne zu schlafen, und begnügte sich mit einem Lager in der freien Steppe, wo tausend Andere sich zum Tode erkältet hätten.
    Begabt mit unendlich seinen Sinnen, durch die weiße Ebene geführt von einem reinen Delawareninstinct, wenn auch der Nebel den ganzen Horizont verhüllte, und das selbst in höhern Breiten, wo die Polarnacht schon mehrere Tage anhält, fand er doch immer seinen richtigen Weg, wo Andere nicht mehr gewußt hätten, wohin sie den Fuß setzen sollten.
     

    Michael Strogoff trat in das Cabinet des Kaisers ein. (S. 29.)
     
    Alle Geheimnisse seines Vaters waren auch ihm bekannt. Er wußte sich nach kaum bemerkenswerthen Anzeichen zu richten, nach der Lage der Eisnadeln, der Stellung der dünnsten Baumzweige, nach schwachen Gerüchen, welche von außerhalb der Grenze des Horizontes herkamen, nach der Spur der Blätter im Walde, nach den schwächsten Geräuschen in der Luft oder nach entfernten Detonationen, wie nach dem Zuge der Vögel in der dunstigen Atmosphäre, – nach tausend Einzelheiten, welche für den Kenner eben so viel Wahrzeichen sind. Dabei hatte er, der von dem Schneetreiben abgehärtet war, wie der Stahl in den Wassern von Damascus, wirklich eine Gesundheit von Eisen, und doch, wie der General Kissoff ganz richtig gesagt hatte, dabei ein Herz von Gold.
    Eine einzige Leidenschaft besaß Michael Strogoff, die Liebe zu seiner alten Mutter Marfa, welche nicht zu bewegen gewesen war, das alte Haus der Strogoff’s in Omsk, an der Grenze von Irtysch, zu verlassen, in dem sie so lange Zeit mit dem alten Jäger vereint gelebt hatte. Als der Sohn sie verließ, geschah es, um seinem Triebe nach einem größeren Wirkungskreise zu genügen; aber er versprach ihr dabei, stets zeitweilig zu ihr zurückzukehren, sobald die Umstände es erlaubten – ein Versprechen, das mit religiöser Strenge eingehalten wurde.
    Es war beschlossen worden, daß Michael Strogoff mit seinem zwanzigsten Jahre in den persönlichen Dienst des Kaisers von Rußland eintreten sollte, und zwar in das Corps der Couriere des Czaren. Der kühne, intelligente, eifrige und sich wacker aufführende junge Sibirier fand die erste Gelegenheit, sich auszuzeichnen, bei einer Sendung nach dem Kaukasus, mitten durch das von einigen unruhigen Nachfolgern Schamyl’s aufgewühlte Land; später bei einer wichtigen Mission, welche ihn bis Petropolawsk in Kamtschatka, nach den äußersten Grenzen des asiatischen Rußland, führte.
     

    »So geh’ also, Michael Strogoff, geh’ mit Gott für Rußland!« … (S. 36.)
     
    Während dieser so weiten Reisen legte er wiederholte Proben seiner ausgezeichneten Eigenschaften, seiner Kaltblütigkeit, Klugheit und seines Muthes ab, welche ihm die Anerkennung und das Wohlwollen seiner Vorgesetzten erwarben und seine Carrière beschleunigten. Den ihm nach so mühseligen Expeditionen mit Recht zukommenden Urlaub versäumte er nie seiner alten Mutter zu widmen – und wenn er auch Tausende von Wersten entfernt war von ihr, und der Winter alle Wege fast ungangbar machte. Jetzt hatte Michael Strogoff, der im Süden des Reiches vielfach beschäftigt wurde, die alte Marfa zum ersten Male seit drei Jahren, für ihn drei Jahrhunderte – nicht gesehen! In wenig Tagen sollte er seinen reglementsmäßigen Urlaub antreten und hatte auch schon alle Vorbereitungen zur Reise nach Omsk getroffen, als die uns schon bekannten Ereignisse eintraten.
    Michael Strogoff wurde vor den Czaren geführt, in vollständiger Unkenntniß dessen, was derselbe von ihm verlangen würde.
    Einige Augenblicke betrachtete ihn der Czar, ohne ein Wort zu reden, mit durchdringendem Blicke, während Michael Strogoff unbeweglich stehen blieb.
    Dann wendete sich der Czar, offenbar befriedigt von dieser Vorprüfung, nach seinem Schreibtische, machte dem Chef der Polizei ein Zeichen, sich dahin zu setzen, und dictirte ihm mit leiser Stimme einen Brief von wenig Zeilen.
    Nach Vollendung des Schreibens durchlas es der Kaiser noch einmal mit größter Aufmerksamkeit und unterzeichnete es, nachdem er seinem Namen noch die Worte: »
Byt po semu
«, welche »So geschehe es« bedeuten und eine gewöhnliche Bestätigungsformel der russischen Kaiser ausmachen, vorgesetzt hatte.
    Der Brief ward dann in ein Couvert gesteckt und mit einem Siegel mit dem kaiserlichen Wappen verschlossen.
    Der Czar erhob das Schriftstück und winkte Michael Strogoff, sich zu nähern.
    Dieser that dann einige Schritte vorwärts und blieb wieder unbeweglich vor

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