Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
und Charly quetschten sich in das kleine Campingzelt, während Rippenbiest es sich notgedrungen draußen, inmitten seines Waffenarsenals, halbwegs gemütlich eingerichtete hatte. Ben hielt freiwillig die erste Wache, denn er konnte trotz seiner Erschöpfung ohnehin noch nicht schlafen. Er dachte an die Blaue.
Der neue Morgen dämmerte. Aber heute früh würde es nicht so hell werden, wie an den bisherigen Tagen im Nichts. Den Grund dafür erkannte Charly, der die letzte Wache an diesem frühen Morgen übernommen hatte, als er nach oben blickte. Der Himmel war stark bewölkt. Dunkle Wolken schoben sich vor die Sonne und Blitze zuckten unweit des Tannenwaldes; erstes Donnergrollen war zu hören. Ein Gewitter nahte. Und noch ehe Charly seine Reisebegleiter wecken konnten, waren diese schon von alleine aus dem Schlaf hochgeschreckt, denn Gewittergeräusche hatten sie nicht mehr gehört, seit Charly und Lisa dereinst mit Donnergrollen und zuckenden Blitzen den Hügel des Zeltlagers gestürmt hatten; und das war schon reichlich lange her. Nun fielen auch schon die ersten Regentropfen, und Regen hatte man noch länger vermisst.
„Das kenne ich!“, meinte Horst. „Hier in der Gegend gibt es selten Unwetter. Aber wenn, dann kracht es meist ganz gewaltig. Wir sollten uns also warm anziehen.“
„Was meinst du?“, wollte Ben wissen, der froh war, seine Lederjacke die ganze Zeit über mitgeschleppt zu haben. „Sollen wir weitermarschieren oder das Unwetter abwarten und im Zelt bleiben?“
Der Regen wurde stärker.
„Hier bleiben nutzt nichts. So ein Wolkenbruch dauert im Nichts mitunter tagelang. Unser Zelt würde sicher weggeschwemmt werden. Und wenn wir ohnehin nass werden, warum nicht unterwegs? Denn ich weiß ja, ihr habt es eilig.“
„Das ist richtig“, bestätigte Nessy gähnend. „Wir haben keine Ahnung, wieviel Zeit genau wir schon verplempert haben. Und bis zum Unsterblichen ist es noch ein verdammt langer Weg. Kommen wir zu spät, hat die andere Gruppe praktisch schon gewonnen. Und damit auch die Tekmann, diese blöde Ziege. Ich denke daher auch, es wäre besser, wir beeilen uns.“
Die Freunde packten schleunigst ihre Siebensachen aus und schlüpften eilig entweder in ihre bislang noch originalverpackten Plastik-Anoraks oder – im Falle von Nessy und Ben – die Lederjacken aus Schlemils Fundus. Glücklicherweise fanden sie auch für Horst einen passenden Regenschutz. Ben schleppte das Zelt, das dank des Regenwassers inzwischen schon einiges an Gewicht zugelegt hatte. Mit Regen hatten sie hier im Nichts eigentlich nicht mehr gerechnet. Aber es regnete inzwischen schon so stark, wie es Ben und Charly in ihrer eigenen Welt selten erlebt hatten. Trotzdem gingen sie los und ließen den Wald rasch hinter sich zurück, der jetzt im strömenden Regen einiges von seiner Faszination und Schönheit verloren hatte.
Der Wald war schließlich ihren Blicken entschwunden. Weiterhin folgten die Sechs dem Flusslauf, dessen Wasserpegel beständig stieg und marschierten durch kniehohes Gras. Der Boden war längst aufgeweicht, und immer noch regnete es in Strömen. Das hohe, dunkelgrüne Gras erinnerte Lisa an eine Episode ihrer Reise, als sie dem seltsamen blauen Flaabes auf den Fuß getreten war. Aber das würde sie jetzt tausendmal lieber machen, als weiterhin durch diesen Morast zu stapfen. Und das auch noch ohne Gummistiefel. An die hatte nämlich niemand gedacht. Mit jedem einzelnen Schritt wurde das Vorankommen beschwerlicher. Der Boden schien die Füße der Wanderer irgendwie auf der Stelle festhalten zu wollen. Keiner sprach ein Wort. Das war zum einen die Folge der - dank des Wetters - schlechten Laune, zum anderen eine durchaus notwendige Vorsichtsmaßnahme, da einem bei geöffnetem Mund sofort ein unfreiwilliger Schluck Regenwasser drohte. Die unzähligen Tropfen rannen ihnen über die Gesichter, die inzwischen genau wie die Hände weiß und aufgeweicht waren. Nein, so einen Regen hatten die Kandidaten noch nie erlebt, nicht einmal die Einheimischen. Immer noch nahm er an Intensität zu. Jetzt wussten sie auch, woher der Fluss sein Wasser erhielt. Aber warum ausgerechnet jetzt?
Die missmutigen Wanderer mühten sich, durch das unendlich weite Grasland dem Wasserlauf zu folgen. Was gestern noch Paradies war, erschien jetzt Grau in Grau. Der Himmel war dunkel, die Sonne auf Urlaub und jetzt wurde es auch noch kalt. Denn die Sechs waren natürlich trotz ihrer Anoraks und Jacken nass bis auf die Haut und
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