Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)
ich euch nur das Beste. Bis zum nächsten Mal – man trifft sich sicher
gewiss wieder mal.«
Aufgegeben
worden sind die verschiedenen Weihnachtskarten in Washington. Das muss allerdings
nichts heißen. Denn hier residiert sein Anwalt, der die Briefe zur Post
gebracht haben könnte. Allerdings: Als guter Anwalt hätte er seinem Schützling
aus dem Zeugenschutzprogramm untersagen müssen, mit Freunden und Bekannten aus
seinem alten Leben Kontakt aufzunehmen. Da sich Heinrich Kieber nicht lenken
lässt, kann man davon ausgehen, dass er auf eigene Faust gehandelt hat.
Am
7. Mai 2010 wird der Dokumentarfilm Heinrich Kieber – Datendieb in
Liechtenstein uraufgeführt. Realisiert wurde er vom liechtensteinischen
Filmemacher Sebastian Frommelt gemeinsam mit dem Autor dieses Buches. Die
Kinovorstellungen des »filmreifen Lebens des Heinrich Kieber« (St. Galler Tagblatt) sind in Liechtenstein auf Wochen hinaus ausverkauft. Der Film avanciert zum
erfolgreichsten je in Liechtenstein gezeigten Kinofilm.
Sein
Protagonist, Heinrich Kieber, will daraufhin die Deutungshoheit über sein Leben
zurückgewinnen. In einem Manuskript legt er seine Sicht der Dinge dar. Als er
mit dem Schreiben fertig ist, umfasst Der Fürst. Der Dieb. Die Daten stolze 650 Seiten. Es behandelt die Zeit von 1997 (die Argentinien-Erlebnisse)
bis Sommer 2008 (die Zeit des US-Senatsausschusses). Das umfangreiche Werk ist
selbst für gewogene Leser eine Zumutung und wohl nur für eingefleischte Kieberologen wirklich von Interesse. In typischer Manier
schildert Kieber eher Unwichtiges in epischer Ausführlichkeit und blendet all
das aus, was ihm zum Nachteil gereichen könnte, darunter auch seine Abenteuer
in Australien.
Kieber sucht
die Öffentlichkeit und entwickelt sich zusehends zum Alptraum eines jeden
Geheimdienstlers: Um die höchstmögliche Aufmerksamkeit für sein Werk, das er im
Internet kostenlos publiziert, zu erreichen, meldet er sich im Sommer 2010 beim Stern .
Dem Magazin bietet er – verbunden mit Bedingungen – ein weltexklusives
Interview an. Der Stern geht auf die Forderungen Kiebers ein und verpflichtet sich, keine Fragen zu
Australien zu stellen, einen deutlichen Hinweis auf das im Internet verfügbare
650-Seiten-Konvolut zu platzieren und Kiebers Freunden in Liechtenstein je ein
elektronisches Exemplar des Manuskripts zukommen zu lassen.
Am
5. August erscheint der Stern mit Kieber auf dem Titel und dem auf elf Seiten
ausgebreiteten Interview mit dem Mann, »der Klaus Zumwinkel und andere Steuerbetrüger
verriet und dadurch selbst zum Millionär wurde«. Aus dem einstigen glühenden
Monarchie-Verehrer Kieber ist ein Fürstenhasser geworden. Dem Monarchen traut
Kieber alles zu: »Wenn die Kugel kommt, kommt sie von Hans-Adam. Aber wir
passen natürlich auf. Wir, damit meine ich den BND und mich.« Weiter behauptet
Kieber, dass »Hans-Adam und die hohen Finanzherren geradezu krankhaft damit
beschäftigt« seien, das Bild eines »bösen, hochkriminellen Kiebers zu kreieren
und zu pflegen. Mit immer ausgefeilteren Methoden«.
Das
Gegenteil ist der Fall. In Liechtenstein wurde das Thema Heinrich Kieber zwei
Jahre lang mit spitzen Fingern angefasst: Schwamm drüber, die Vergangenheit
ruhen lassen, nach vorne schauen, lautete die Devise. Bis zum Start des Films Heinrich Kieber –
Datendieb war die Affäre LGT–Kieber nicht aufgearbeitet worden.
Kieber unterstellt mit den »immer ausgefeilteren Methoden« offenbar, dass der Dokumentarfilm Teil eines liechtensteinischen
Propagandafeldzuges gegen ihn sei.
Nachdem
Kiebers Freunde Post vom Stern erhalten haben, meldet sich auch Heinrich Kieber
persönlich bei ihnen: »Hoffentlich hat wenigstens dir mein Buch gefallen!« Er
könne nicht viel zu dem sagen, was im August – gemeint ist das Stern -Interview
– geschehen sei. »Nur so viel, dass es gemacht werden musste.« Wie sich der
Empfänger des Schreibens vorstellen könne, »ist es unmöglich, mir zu schreiben
oder mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich weiß daher nicht, was du über mich denkst
oder wie viel Stress du hast, wenn die Feinde erfahren oder wissen, dass ich
dir schreibe.«
In seinem
Übermut versieht Kieber einen der vielen Briefumschläge mit einem Absender:
»8014 Sudley Rd , Manassas VA 20109« – eine reale Adresse fünfzig Kilometer
westlich der US-Hauptstadt Washington. An der sechsspurigen Sudley Road befindet sich ein Ableger der gemeinnützigen Goodwill Industries. Offenbar
hinterlässt Kieber ganz bewusst eine
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