Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)
liechtensteinischen Stiftungen nimmt dramatisch ab, die Steuereinnahmen
brechen ein, und Liechtensteins Finanzminister muss sich daran gewöhnen, statt
mit jährlichen Überschüssen mit happigen Defiziten zu rechnen. Von der
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird
Liechtenstein zusammen mit Andorra und Monaco als besonders renitenter
Informationsverweigerer geführt – bis das Fürstentum schließlich im Jahr 2009
einlenkt und sich mit der Liechtenstein Declaration zur
Regelung »des Informationsaustausches in Steuerfragen sowie zu einer
intensivierten Teilnahme an internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der
Nichteinhaltung ausländischer Steuergesetze« verpflichtet. Liechtensteins über
Jahrzehnte gepflegtes Selbstbild der Steueroase inmitten von Steuerwüsten
bricht zusammen. Das noch bis vor kurzem sakrosankte und glänzende Geschäfte
garantierende Bankgeheimnis des Fürstentums ist Makulatur.
Inzwischen
kooperiert das kleine Fürstentum mit den USA, Australien, Großbritannien und den
skandinavischen Ländern, mit seinen Nachbarstaaten Schweiz und Österreich wie
auch mit Deutschland in Steuersachen. Ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen
Liechtenstein und Deutschland ist seit Sommer 2011 ebenfalls unter Dach und
Fach. Noch ausstehend ist die Ratifizierung desselben durch die Parlamente
beider Länder.
Im
Schlepptau von Heinrich Kieber fassen Nachahmungstäter aus der Schweiz Mut und
beginnen ihrerseits, vertrauliche Daten deutscher Kunden bei Schweizer Banken
an sich zu bringen und auf CD zu brennen. Mit der detaillierten
Berichterstattung über Kiebers Coup haben sie Antworten auf zwei zentrale
Fragen erhalten: Wie viel kann man dafür verlangen? Und an wen wendet man sich
mit seinem Verkaufsangebot? »Weitere Steuerdaten zum Kauf angeboten«, »Neue CD
aufgetaucht«, »Die Spur führt zur Credit Suisse«,
»Fahndern werden immer mehr Steuerdaten angeboten«, »Bund kauft Stuttgarter
Steuerdaten doch« – die neuerlichen Schlagzeilen über Datenlecks versetzen
Steuersünder in ganz Deutschland einmal mehr in Panik.
Heinrich
Kieber hat es vorgemacht. Mit den Nacheiferern beginnt Deutschland nun auch den
Sturm auf das Schweizer Bankgeheimnis. Allein 2010 zeigen sich in Deutschland
25 000 Steuersünder selbst an. Nach Berechnungen der Deutschen
Steuergewerkschaft nimmt der deutsche Staat durch den Ankauf von
Steuerbetrüger-Daten mindestens zwei Milliarden Euro ein.
Der so
vielen als witzig, charmant und umgänglich erscheinende Heinrich Kieber hat in
Liechtenstein und auf der Welt vieles ausgelöst und bewegt. Aber ein Ehrenmann
ist er deswegen nicht. Es waren nicht Gewissensbisse, die ihn den Verrat
begehen ließen. Im Gegenteil, er ist ein notorischer Hochstapler und
verurteilter Verbrecher, der keine Skrupel kennt. Immer auf den eigenen Vorteil
bedacht, betrügt er Freunde und hintergeht Bekannte.
Und seine
einzige Motivation, die ihn zum Datendieb werden ließ, heißt: Australien.
Zur Entstehung dieses Buches
Heinrich Kiebers Stimme ist das
ganze Buch hindurch präsent. Das ist dem Umstand zu verdanken, dass Kieber in
der Zeit vor seinem Untertauchen im Jahr 2008 keine Gelegenheit ausgelassen
hat, sich zu Wort zu melden. Er hat Dutzende von Eingaben, Stellungnahmen und
Erwiderungen bei Gerichten und Behörden eingereicht im Zusammenhang mit
juristischen Auseinandersetzungen, in die er über Jahre hinweg verwickelt war.
Und nach seinem Untertauchen veröffentlichte er im Sommer 2010 ein
650-Seiten-Manuskript im Internet und gab dem Magazin Stern ein weltexklusives Interview.
Darin legte er seine Sicht der Dinge dar.
Weiterhin
wurden dem Autor dieses Buchs von verschiedener Seite große Mengen an
persönlichen Briefen, Dokumenten und Videos von Heinrich Kieber zur Verfügung
gestellt. Dafür, dass der bis zu seinem aufsehenerregenden Coup völlig
unbekannte Heinrich Kieber in der Prä-Internet- und Prä-Facebook-Ära
heranwuchs, ist sein Leben bemerkenswert gut dokumentiert. Heinrich Kieber
selbst stand dem Autor nicht für ein Interview zur Verfügung. Das ist insofern
nicht weiter von Belang, da Heinrich Kieber ein ausgewiesener Lügner und
Hochstapler ist. Für sich genommen wäre er im Gespräch eine äußerst
zweifelhafte Quelle.
Auch seine
auf Hunderten von Seiten vorliegenden Aussagen, Rechtfertigungen und Eingaben
sind mit größter Vorsicht zu genießen. Erst im Zusammenspiel mit anderen
Quellen lässt sich die Faktizität seiner Aussagen
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