Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)
gerade mal 700 Neugründungen gegenüber. [205] Ende 2010 verzeichnete das Handelsregister in Vaduz etwas mehr als 37 000
anonyme Stiftungen. Im Vergleich zu den besten Zeiten vor der Krise eine glatte
Halbierung.
Dass der
Umbau des Finanzplatzes nicht ohne Einbußen zu haben sein wird, macht die
Regierung der liechtensteinischen Bevölkerung mit der Vorlage des
Haushaltsentwurfes für das Jahr 2010 klar: Im Haushalt in der Höhe von einer
Milliarde Schweizer Franken drohe ein Loch von 190 Millionen. Derart rote
Zahlen schreibt das Fürstentum dann doch nicht. Der Haushalt 2010 schließt mit
einem Defizit von nur 30 Millionen Franken ab, das Liechtenstein aus seinem Vermögen begleichen muss.
Ende 2010 beträgt das Finanzvermögen des Landes 1,83 Milliarden Franken. Pro
Kopf der liechtensteinischen Bevölkerung entspricht das 52.000 Franken (rund
42.000 Euro). Nicht eingerechnet sind die Vermögen der Gemeinden
Liechtensteins.
Die LGT
wiederum hat das Herrschaftswissen ihres Hauptaktionärs clever genutzt. Im
Bewusstsein der medialen Aufmerksamkeit, die die Liechtenstein Declaration erregen wird, gab die Finanzgruppe des Fürsten zwei Tage zuvor den Verkauf der
LGT Treuhand bekannt. In der Berichterstattung über die Liechtenstein Declaration geht die Nachricht über den
Verkauf der Firma praktisch unter. Die Veräußerung scheint der LGT
unumgänglich. In den deutschen Medien wird kaum zwischen der LGT Bank und der
LGT Treuhand unterschieden. Man fürchtet um den Ruf der Bank und hat Angst,
dass der Skandal um die Tochterfirma das gesamte Unternehmen in den Abgrund
reißen könnte. Käufer der LGT Treuhand AG ist die First Advisory Group, das
Treuhandbüro von Herbert Batliner, zu dessen Kunden auch Paul Schockemöhle
gehörte. Heute trägt das Unternehmen den Namen Fiduco Treuhand AG. Die LGT haftet für Folgeschäden, die aus Prozessen resultieren,
die im Zuge der Steueraffäre von Kunden angestrengt wurden. Über den Kaufpreis
wird Stillschweigen vereinbart.
In
Verbindung mit der Liechtenstein Declaration kündigt das Fürstentum
sogleich Verhandlungen mit Großbritannien und Deutschland im Hinblick auf
Steuerinformationsaustausch und Doppelbesteuerungsabkommen an. Bereits im
August 2009 verständigen sich Großbritannien und Liechtenstein über eine
Kooperation in Steuersachen. Als Besonderheit vereinbaren die beiden Länder für
im Vereinigten Königreich steuerpflichtige Personen Sonderkonditionen, zu denen
sie bis 2015 in Liechtenstein gehortetes Schwarzgeld legalisieren können. Seit
Oktober 2010 tauschen Liechtenstein und Deutschland Steuerinformationen aus.
Das vereinbarte Doppelbesteuerungsabkommen soll 2012 in Kraft treten.
Die OECD
fordert von den Ländern auf der Schwarzen Liste, dass diese mit mindestens
zwölf anderen Staaten Steuerinformationsabkommen vereinbaren. In der Folge
schließt Liechtenstein im Lauf des Jahres 2009 Abkommen mit San Marino, Monaco,
Andorra, St. Vincent and the Grenadines , St. Kitts und Nevis, Luxemburg,
Antigua und Barbuda ab. Prompt wird der Trick der Steueroasen, sich gegenseitig
Abkommen zuzuschanzen, um rasch wieder von der Schwarzen Liste
herunterzukommen, zum Thema bei der OECD. Von der Schwarzen Liste kommt
Liechtenstein dennoch herunter, denn der Alpenstaat meint es ernst mit der
Transparenz. Zwischen 2009 und 2011 schließt das Fürstentum
Steuerinformationsabkommen ab: mit Australien, Dänemark, Schweden, Finnland,
Norwegen, Island, den Niederlanden, Belgien, Irland sowie mit den Schwergewichten
Frankreich, Deutschland, USA und Großbritannien.
Die leidige
Geschichte mit den von Heinrich Kieber gestohlenen Kundendaten klebt
Liechtenstein und der LGT dennoch wie Pech an den Sohlen: Im Sommer 2009 macht
das Thema erneut die Runde durch deutsche Medien: Steuersünder, die in
Deutschland aufgrund des Datendiebstahls enttarnt und verurteilt worden sind,
verklagen in Liechtenstein die LGT Treuhand auf Schadenersatz. Sie werfen dem
Treuhandunternehmen vor, sie nicht zur rechten Zeit über den Datendiebstahl
informiert zu haben, weshalb es ihnen nicht möglich gewesen sei, sich
rechtzeitig selbst anzuzeigen. In deutschen Ohren klingt dieses Verhalten
empörend. Fakt ist jedoch, dass die in Deutschland verurteilten Steuerbetrüger
nach liechtensteinischem Recht mit dem Verstecken ihrer unversteuerten Gelder
nichts Illegales getan haben. Vor Gericht in Liechtenstein haben sie dennoch
keine Chance. Bis dato sind alle Klagen von den liechtensteinischen Gerichten
mit
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