Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
firmeninterne Kommunikation zwischen Kollegen
aufzustellen.
Sollte am Ende jemand einwenden, dass die Themen, mit
denen sich dieses Buch befasst, nicht neu seien und dass sich
vor mir schon viele andere Autoren über guten Stil und kor-
rektes Deutsch Gedanken gemacht hätten, so werde ich ihm
nicht widersprechen. Das kann aber kein Grund sein, des-
wegen nicht mehr über Sprache zu schreiben. Denn wie
Goethe schon sagte: »Man muss das Wahre immer wieder-
holen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder ge-
predigt wird.«
Übrigens hätte ich nie gedacht, wie schwer es ist, ein Buch
herzustellen, das tatsächlich fehlerfrei ist. Jedes neu erschei-
nende Buch enthalte Fehler, hatte meine Lektorin mir gesagt,
selbst wenn es noch so gründlich durchgekämmt worden sei.
Nimmt man eine Korrektur am Satzanfang vor, schleicht sich
am Satzende prompt ein neuer Fehler ein. Ich wollte ihr erst
nicht glauben, musste aber erfahren, dass sie Recht behielt
(Lektoren behalten immer Recht) − »Der Dativ ist dem
Genitiv sein Tod« enthielt tatsächlich Fehler, mehr als einen
sogar. Fehler in einem Buch, in dem es um korrektes Deutsch
geht, sind natürlich besonders irritierend. Aber ich habe nie
den Anspruch erhoben, ein Ritter der Sprache ohne Fehl und
Tadel zu sein. Auch ich vertippe mich beim Schreiben, habe
nicht immer auf jede Frage gleich eine passende Antwort
parat, muss oft in einem Wörterbuch nachschlagen, mich
selbst korrigieren, meine Meinung revidieren. Gerade das
aber macht meine Arbeit für mich so reizvoll: dass ich selbst
ständig Neues erfahre und hinzulerne. Das betrifft vor allem
das weite Gebiet der deutschen Dialekte − hier gibt es
unendlich viel zu entdecken, hier wird das »Abenteuer
deutsche Sprache« erst richtig spannend.
Auch in diesem Buch wird bestimmt der eine oder andere
Fehler stecken. Wenn Sie einen entdecken, dann betrachten
Sie ihn wie ein Osterei, das mit Absicht versteckt worden ist,
damit Sie es finden.
Der große Erfolg des ersten Bandes hat nicht nur den Au-
tor gewaltig überrascht. Auch die Presse registrierte mit
Staunen, dass das Thema Sprachkultur in Deutschland im-
mer noch überaus populär ist. Immer noch oder seit neues-
tem wieder, darüber wird noch debattiert. Einige Feuilleto-
nisten und Gesellschaftskritiker glauben einen neuen Trend
auszumachen, eine Art Gegenbewegung zur Unkultur der
deutschen Fernsehunterhaltung. Es wäre sehr erfreulich,
wenn das zuträfe. »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod« hat
zumindest bewiesen, dass es heute nicht nur Bücher, in de-
nen Popstars mit ihren Kollegen und Ex-Geliebten abrech-
nen, in die Sachbuch-Bestsellerlisten schaffen.
Dass gerade auch junge Menschen wieder ein starkes Inter-
esse an ihrer Muttersprache haben, erfahre ich aus zahlrei-
chen Zuschriften von Schülern, die mir mitteilen, dass sie
meine Texte im Deutschunterricht durchgenommen haben.
Im Saarland wird »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod« in
diesem Schuljahr sogar als offizielles Lehrbuch eingesetzt.
Eine mir häufig gestellte Frage lautet, wie ich denn zum
Kolumnenschreiben gekommen sei. Tatsächlich war dies
die Folge einer Reihe glücklicher Fügungen. Eigentlich hatte
alles ganz unspektakulär begonnen: Im Rahmen meiner Tä-
tigkeit als Dokumentär und Korrekturleser in der Redaktion
von SPIEGEL ONLINE verfasste ich gelegentlich kleine Me-
mos mit Hinweisen auf besonders heiße Fehlerquellen, die
ich dann per E-Mail an meine Kollegen verschickte. Damit
diese Mails auch gelesen und nicht gleich gelöscht wurden,
würzte ich meine Anmerkungen mit einer feinen Prise
Humor. Das gefiel meinem Chef so sehr, dass er mich eines
Tages fragte, ob ich nicht Lust hätte, eine Kolumne zu
schreiben: Wenn die Kollegen über meine Texte schmunzeln
könnten, dann könnten es die Leser von SPIEGEL ONLINE
auch. Warum nicht, erwiderte ich, lassen wir es auf einen
Versuch ankommen. Und so wurde der »Zwiebelfisch«
geboren. Aus dem Versuch ist inzwischen eine feste Ein-
richtung geworden, und seit Februar dieses Jahres erscheint
der »Zwiebelfisch« auch in der monatlichen Kulturbeilage
des gedruckten»Spiegels«.
Mit E-Mails hatte also alles begonnen. Und mit E-Mails
ging es weiter, denn die Leser meiner Kolumne schrieben mir
ihre Wünsche, teilten mir ihre Meinung mit, lieferten mir
Anregungen für weitere Kolumnen und schickten mir
Fundstücke: Screenshots von Internetseiten mit
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