Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5
sie so groß wie in Franken.
Ich hatte mal eine Geschichte in meinem Programm, in der es um ein Brötchen ging. Als ich damit in Nürnberg auftrat, suchte ich nach einer passenden Übersetzung, da ich mir der Tatsache bewusst war, dass niemand in Bayern »Brötchen« sagt. In Bayern sagt man »Semmel«, dessen war ich mir sicher, immerhin war das auch der Name meines Tourneeveranstalters »Semmel Concerts«, und der kam schließlich aus Bayreuth. Also wandte ich mich an mein Publikum mit den Worten: »Ich denke, bei Ihnen sagt man Semmel«. Da riefen die Nürnberger wie aus einem Mund: »Weggla! Weggla!« So lernte ich, dass es in Nürnberg nicht Semmel, sondern Weggla heißt. Wie man’s schreibt, ist nicht eindeutig festgelegt, man findet es wahlweise mit Doppel-g oder mit ck, und meistens in Verbindung mit der Zahl Drei: »3 im Weckla für 2 €«. Mit diesen Dreien sind keine Musketiere oder Fragezeichen gemeint, sondern die berühmten Nürnberger Rostbratwürstchen, die immer im Trio auftreten. Und das nicht nur mit Sauerkraut, sondern eben auch im Brötchen.
Kurz darauf trat ich in Bamberg auf. Als die Stelle mit dem Brötchen kam, wollte ich mein frisch erworbenes Wissen zum Besten geben und erklärte, dass ich inzwischen gelernt hätte, dass ein Brötchen in Franken ein Weggla sei. Prompt riefen mir die Bamberger zu: »Brödla! Brödla!« Und ich erkannte, dass zwischen Mittelfranken und Oberfranken offenbar erhebliche Unterschiede bestehen.
Anderntags war ich in Bayreuth, was ja von Bamberg nicht allzu weit entfernt ist (manche meinen auch: nicht weit genug entfernt) und ebenfalls zu Oberfranken zählt. Und ich war fest entschlossen, die Sache mit dem Brötchen nicht noch einmal zu versemmeln. Also sagte ich zum Publikum: »Ich weiß schon, bei Ihnen sagt man nicht Weggla, sondern Brödla!« Da scholl es mir aus der vollbesetzten Stadthalle entgegen: »Laabla! Laabla!«
Danach habe ich die Nummer mit dem Brötchen kurzerhand aus dem Programm gestrichen.
Weiteres zur regionalen Vielfalt:
»Was vom Apfel übrig blieb« (»Dativ«-Band 2)
»Von Knäppchen, Knäuschen und Knörzchen« (»Dativ«-Band 3)
»Ein Hoch dem Erdapfel« (»Dativ«-Band 3)
Diese Tabelle erhebt selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn Ihnen weitere regionaltypische Brötchenwörter bekannt sind, dürfen Sie sie mir gerne schreiben!
Wie blond kann man sein?
Frage eines Lesers aus Buchholz in der Nordheide: Schon seit Längerem beschäftigt mich die Frage, warum wir das Farbwort »blond« nur für Haare gebrauchen. Meiner Meinung nach ist blond vom Wort her gleichgestellt mit beige, blau, grün, violett usw.
Warum erscheint uns ein Feld voller Weizen nicht als »blond«, obwohl es der Haarfarbe ja stark ähnelt? Wieso gibt es keine blonden Autolacke oder blondes Furnier?
Antwort des Zwiebelfischs: Ob blond, ob braun, Farben sind nicht leicht zu durchschau’n. »Blond« bedeutet »goldgelb«, und goldgelb kann vieles sein: Eidotter zum Beispiel. Dennoch wird der Dotter nicht »das Blonde vom Ei« genannt. Allen Zusammensetzungen wie goldblond, strohblond und maisblond zum Trotz gibt es weder blondes Gold, blondes Stroh noch blonden Mais. Jedenfalls nicht in der Standardsprache. Dort scheint die Farbe »blond« den Haaren vorbehalten zu sein.
In der Umgangssprache allerdings ist sie auch in anderen Zusammenhängen zu finden. Bei bestimmten Genussmitteln spricht man von »blond«, wenn »hell« gemeint ist. Das Weizenbier kann »ein Blondes« oder »eine Blonde« sein. Auch für hellen Tabak und helles Holz wird umgangssprachlich die Bezeichnung »blond« gebraucht. Und nicht nur Bäcker wissen, was »blonde Brötchen« sind. Wer seinen Kaffee gern »süß und blond« mag, der genießt ihn mit Zucker und Milch. Abgestorbenes, gelb gewordenes Schilf wird ebenfalls gelegentlich als »blond« bezeichnet. Einige um Originalität bemühte Tourismusbroschüren werben mit »blonden Dünen«. Bislang ist aber noch niemand auf die Idee gekommen, das Branchenverzeichnis der Friseure die »blonden Seiten« zu nennen, obwohl das doch wirklich naheliegend wäre.
Zur Beschreibung hellen Fells bei Tieren wird »blond« nur selten herangezogen. Es gibt zwar ein Hunde-Shampoo der Marke Novagard Green »für blondes und weißes Fell«, doch im offiziellen Register der Hundefellfarben kommt »blond« nicht vor.
Auch für Pferde und Ponys wird »blond« als Fellfarbe nicht ernsthaft in Betracht gezogen. Graugelbes Fell wird
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