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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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kannte.
    »Forschungschef der Rüstungsabteilung von Siemens. Und ein Jahr vorher war es dieser Ernst Zimmermann, auch ein Mann aus der Rüstungsindustrie. Wenn man im selben Gebiet ein paar Aktionen mitgemacht hat, ist es praktisch, das Betätigungsfeld zu wechseln. Deshalb haben wir unser Kommando nach Hamburg verlegt.«
    »Du hast also bei solchen Einzelmorden mitgemacht?«
    »Ja, aber fang nicht schon wieder davon an. Es ist schon spät geworden.«
    »Mal ehrlich: Hast du nie Lust gehabt, mit allem aufzuhören?«
    »Doch, einmal. Als wir uns in Stockholm liebten.«
    »Aber?«
    »Was soll das heißen, ›aber‹? Es führt kein Weg zurück. Halt mich fest. Halt mich fest. Versuch dir vorzustellen, wir wären ein ganz gewöhnliches Liebespaar, es gäbe nur dich und mich, als schrieben wir für einen kurzen Moment das Jahr 1943.«
    Carl ließ das Pistolenmagazin in der Tasche los und nahm Monika in den Arm. So blieben sie lange in der dunklen Kirchenruine stehen, während der Schnee sacht herabrieselte.
    Es war sinnlos. Es würde nicht gehen, dessen war er sich schmerzlich bewußt. Ihm war wehmütig zumute, als sie sich auf den Weg zur Breiten Straße machten. Sie gingen den ganzen Weg zu Fuß durch den Schneematsch, was ihr nichts ausmachte, da sie ihre neuen Winterstiefel anhatte.
    Als sie sich dem Hochhaus näherten, sahen sie schon von weitem das orangefarbene Licht auf dem Balkon im Obergeschoß.
    Dieses Lichtsignal mußte in weiten Teilen Hamburgs zu sehen sein. Carl hatte das Gefühl, als müßte die ganze Stadt auf dieses geradezu schreiend indiskrete Lichtzeichen aufmerksam werden.
    Er gab sich Mühe, nicht allzu auffällig um sich zu blicken, als sie sich dem rotgekachelten Hauseingang näherten und an der Gegensprechanlage das vereinbarte Klingelzeichen gaben.
    »Schramm«, hieß es auf dem Metallschild. Monika hatte die Wohnung unter ihrem falschen Namen angemietet.
    Auf dem Boden des Fahrstuhls lagen zwei kleine Kabelstükke, ein gelbes und ein blaues, die man zu einer Spirale zusammengedreht hatte. Carl betrachtete die Nachricht mit einem Gefühl von Unwirklichkeit. SET Gelb und SET Blau hatten ihre Positionen eingenommen.
    Als der Fahrstuhl sie ins zweiundzwanzigste Stockwerk brachte, küßten sie sich zum letztenmal.
    Hans May war voll in seinem Element. Als die Fahndungsgruppe das Eintreffen der letzten Terroristen meldete, befahl er Alarmbereitschaft Rot und rief die Gruppenchefs zu einer letzten Besprechung zu sich. Alarmbereitschaft Rot würde mindestens eine Stunde und höchstens vier Stunden bestehen bleiben, bis das Signal zum Einsatz gegeben wurde. Die Gruppenchefs sollten sich also in spätestens einer Dreiviertelstunde zu ihren Einsatzorten begeben. Das sonstige Personal habe schon die Gefechtsstationen bezogen.
    Die letzte Besprechung war nur eine Wiederholung, eine summarische Zusammenfassung der wichtigsten Punkte. Die Hauptsache sei, daß die Aktion absolut synchron ablaufe. Es dürfe auf keinen Fall dazu kommen, daß jemand ein paar Sekunden zu früh oder zu spät loslegte. Hauptmann Charlie habe ein Recht auf absolute Präzision, da er wohl auch selbst in dem Augenblick vor dem Einsatz einige Vorsichtsmaßnahmen ergreifen werde.
    Der Oberst fuhr fort: »Zwei Mann in jeder Gruppe haben die Aufgabe, Hauptmann Charlie möglichst schnell zu orten. Fünfzehn Sekunden nach der Hauptgruppe gehen zwei Sprengstoffspezialisten in die Wohnung, um die Sprengladung an der Wohnungstür zu orten und zu entschärfen. Zwei Mann haben die Aufgabe, diese Position gleich nach dem Eindringen zu sichern. Und was den Rest des Unternehmens betrifft, dürfte es wohl keine Unklarheiten mehr geben.«
    Die Gruppenchefs hatten keine Fragen mehr. Sie bezogen ihre Gefechtsstationen. Als sie gegangen waren, wurde es still in der Einsatzzentrale. Nur noch das Piepen und Rauschen der verschiedenen Sender war zu hören. Sobald die Gruppenchefs ihre Positionen eingenommen hatten, sollte bis zum Einsatzbefehl absolute Funkstille herrschen.
    Hans May zog heftig an seiner Zigarette und ging zu Loge Hecht hinüber, der am hinteren Ende des Raums stand und die Porträtsammlung an der Wand studierte.
    »Eindrucksvoll, nicht wahr?« bemerkte der Oberst und schlug Hecht heftig auf den Rücken, was diesen fast feindselig reagieren ließ.
    »Beim Großen Ziel haben wir jetzt dreizehn Terroristen, von denen wir neun identifiziert haben. Beim Kleinen Ziel dürften wir vier finden, von denen zwei identifiziert sind. Das wird ein

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