Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
ferner zwei Terroristen, die sowohl ihm als auch seinen hervorragenden Eigenschaften, die er ihnen unter Beweis gestellt hatte, vollständiges Vertrauen entgegenbrachten.
    Alain Detoureille rechnete damit, daß die beiden Männer noch höchstens achtundvierzig Stunden Freiheit vor sich hatten, falls sie diese Zeit überhaupt überlebten. Er plauderte munter drauflos, vielleicht ein wenig zu bemüht, und erzählte von einigen seiner Eroberungen.
    Detoureille würde erst in vierzig Stunden wieder Verbindung mit seiner Zentrale aufnehmen, kurz vor der geplanten Abreise nach Schweden und etwa acht Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem man das Unternehmen Zusammenbruch in Gang setzen wollte. Der Codename sollte ein ironischer Hinweis auf die jüngere deutsche Geschichte sein.
    Major Alain Detoureille war einer der zuverlässigsten Experten des DSGE für sogenannte nasse Jobs. Dieser Slangausdruck der internationalen Nachrichtendienste bezeichnet etwas, was im alltäglichen Sprachgebrauch Mord genannt wird.
    Carl hatte gefordert, das letzte vorbereitende Treffen müsse auch eine Diskussion mit allen Beteiligten einschließen, da seine politischen Vorschläge nur mit qualifizierter Mehrheit angenommen oder abgelehnt werden könnten.
    Erstens verlangte er, das Kommando müsse nach Horst Ludwig Hahn benannt werden, einem Märtyrer, der im Dienst dieses Unternehmens gefallen sei. Die Namensänderung von Kommando Siegfried Hausner in Kommando Horst Ludwig Hahn bedeutete in politischer Hinsicht unter anderem, daß man sich von der PLO und ihren Einmischungen, ihren Morden und Störaktionen distanzierte.
    Zweitens müsse das in der Resolution auch ausdrücklich erklärt werden. In dem Entwurf der belgischen Genossen finde er aber nicht ein Wort darüber.
    Drittens müsse man die Forderung Abu Nidais, mit seinem Namen für die Aktion einzustehen, unbedingt beachten, da Hahn es ihm versprochen habe.
    Friederike Kunkel schaltete sich sofort ein: »Diese letzte Forderung scheint mir absolut unerfüllbar zu sein.
    Kleinbürgerliches Gerede von Versprechungen darf nicht schwerer wiegen als politische Realitäten. Und die sehen nun mal so aus, daß dies eine Aktion der europäischen Guerilla-Kräfte ist und nicht irgendeines Gespenstes, das irgendwo im Nahen Osten dasitzt und die Hände in den Schoß legt. Die Benennung der Aktion nach dem gefallenen Genossen scheint mir aber durchaus gerechtfertigt zu sein.«
    Mehr hatte die Kunkel zu Carls Forderungen im Augenblick nicht zu sagen. Alle Anwesenden in der Breiten Straße zeigten sich jedoch irritiert, daß Carl in letzter Sekunde mit seinen Forderungen für Aufregung sorgte. Seine Stellung in der Gruppe war inzwischen jedoch so wichtig geworden, daß man die Angelegenheit in guter demokratischer Manier diskutieren mußte.
    Anschließend wurde eine Weile die Frage erörtert, ob man den Versammlungsort wechseln und die Konferenz in die Peterstraße verlegen solle. Aber, so hieß es, da sich dort Genossen aufhielten, die aus Sicherheitsgründen keinen Kontakt zu den anderen gehabt hätten, und da die vorige Konferenz ohne Störungen wie eine normale Party abgelaufen sei, wurde beschlossen, die Konferenz aller Beteiligten wie neulich in der Breiten Straße 159 stattfinden zu lassen.
    Carl vernahm es mit unendlicher Erleichterung, da er und der Verfassungsschutz wieder einmal um Haaresbreite einem Fiasko entgangen waren.
    Hans May trug eine grüne Baskenmütze und Felduniform. Er hatte sein Hauptquartier am Rande Hamburgs in einer Unterkunft der MEK-Einheiten errichtet, da sich dort ein Hubschrauberlandeplatz befand. Insgesamt unterstanden seinem Befehl jetzt achtzig Mann. Die Einsatzzentrale befand sich im obersten Stockwerk des Hauptgebäudes, unter anderem deshalb, weil auf dem Flachdach Hubschrauber landen konnten. Man hatte das oberste Stockwerk für Unbefugte gesperrt und all denen, die Zutritt haben mußten, Sicherheitsausweise gegeben, da Loge Hecht zahlreiche Beamte in Zivil mitgebracht hatte.
    An der einen Längswand der Zentrale hatte man einen vergrößerten Umriß der Wohnung aufgehängt sowie Karten der näheren Umgebung des Hauses. Der Einsatz in der Peterstraße sollte mit möglichst geringem Aufwand durchgeführt werden.
    Der Oberst wollte nur ein SET einsetzen, und ein MEK sollte sich in Reserve halten.
    Aus dem letzten Bericht von Hauptmann Charlie ging hervor, in welchem Teil der Wohnung er selbst wohnte und daß er bei dem bevorstehenden Einsatz ein weißes Hemd tragen

Weitere Kostenlose Bücher