Der Diamant (German Edition)
erwiderte der Obrist. »Doch Sie müssen den armen Soulanges gesehen haben, als er hereinkam; er versucht noch immer, nicht an sein Mißgeschick zu glauben.«
»Ich habe ihn gesehen,« sagte die blaue Dame. Dann fügte sie ein: »Mein Herr, ich danke Ihnen« hinzu, das im Ton einer Verabschiedung gleichkam.
In diesem Augenblick ging der Tanz zu Ende; enttäuscht konnte sich der Obrist nur noch zurückziehen, wobei er sich jedoch wie zum Trost sagte: ›Sie ist verheiratet.‹
»Nun, mutiger Kürassier!« rief der Baron aus und zog den Obristen in eine Fensternische, um von dort die erfrischende Luft der Gärten zu genießen, »wie weit sind Sie?«
»Sie ist verheiratet, mein Lieber.«
»Was tut das?«
»Zum Teufel auch, ich habe Lebensart!« antwortete der Obrist. »Ich halte mich jetzt nur noch an die Frauen, die ich auch heiraten kann. Außerdem hat sie mir erklärt, sie tanze nicht.«
»Obrist, wetten wir Ihren Apfelschimmel gegen 100 Napoleons, daß sie heute abend noch mit mir tanzt?«
»Gut,« sagte der Obrist, und schlug in die Hand des jungen Fanten ein. »Inzwischen will ich Soulanges aufsuchen; vielleicht kennt er diese Dame, die sich für ihn zu interessieren scheint.«
»Mein Lieber, Sie haben schon verloren,« sagte Martial lachend. »Meine Augen sind den ihren begegnet, und auf diese Sprache verstehe ich mich. Sind Sie mir auch nicht böse, lieber Obrist, wenn ich mit ihr tanze, nachdem Sie einen Korb von ihr bekommen haben?«
»Nein, nein, wer zuletzt lacht, lacht am besten Übrigens, Martial, ich bin kein Spielverderber, ich mache dich nur noch darauf aufmerksam, daß sie Diamanten sehr liebt.«
Bei diesen Worten trennten sich die Freunde. Montcornet ging in den Spielsaal, wo er den Grafen von Soulanges an einem Spieltisch sitzen sah. Obgleich zwischen den beiden Militärs nur jene übliche Freundschaft bestand, wie sie gemeinsame Kriegsgefahren und Dienstpflichten mit sich bringen, war der Kürassierobrist doch schmerzlich berührt, den Artillerieobristen, den er als einen klugen Mann kannte, in ein Spiel verwickelt zu sehen, das ihn vollständig ruinieren konnte. Die Goldstücke und Banknoten, die auf dem verhängnisvollen Tuche ausgebreitet waren, bezeugten die Wut des Spieles. Ein Kreis schweigsamer Herren stand um die Spieler am Tische. Wohl ertönten ab und zu Rufe, wie sie das Spiel so mit sich bringt: Passe! Trumpf! Tausend Louis! Gehalten! Aber wenn man die fünf unbeweglichen Personen sah, schien es, als sprächen sie nur mit den Augen.
Als der Obrist, den Soulanges Blässe erschreckte, zu ihm trat, hatte der Graf gerade gewonnen. Der Marschall Graf von Isemberg und der berühmte Bankier Keller standen auf, sie hatten bedeutende Summen verloren. Soulanges wurde noch finsterer, als er die Menge Gold und Papier, ohne sie zu zählen, einsteckte; ein Zug bitterer Verachtung lag auf seinen Lippen, er schien das Glück zu verwünschen, anstatt ihm für seine Gunst zu danken.
»Kopf hoch, Soulanges, Kopf hoch!« sagte der Obrist zu ihm.
Und dann, in der Meinung, ihm einen besonderen Dienst zu erweisen, wenn er ihn vom Spiel fortzog, fügte er hinzu:
»Kommen Sie, ich kann Ihnen eine gute Nachricht bringen, aber unter einer Bedingung!«
»Und die wäre?« fragte Soulanges.
»Mir die Frage, die ich an Sie richten werde, zu beantworten.«
Der Graf von Soulanges erhob sich rasch, tat seinen Gewinn höchst sorglos in ein Taschentuch, mit dem er krampfhaft gespielt hatte und blickte so finster drein, daß keiner der Spieler es wagte zu beanstanden, daß er den Gewinn einsteckte, ohne Revanche zu geben. Die Gesichter schienen sich vielmehr zu erhellen, als dieser düstere und vergrämte Kopf sich nicht mehr in dem Lichtkreis befand, den die Spiellampe auf dem Tische beschrieb.
»Dieses verteufelte Militär versteht sich untereinander, wie Taschendiebe auf einem Jahrmarkt,« sagte leise ein Diplomat aus dem Kreise der Zuschauer und nahm den Platz des Obristen ein. Ein einziges fahles und müdes Gesicht drehte sich nach dem neuen Ankömmling um und warf ihm einen Blick zu, der aufblitzte und wieder erlosch wie das Feuer eines Diamanten.
»Wer Militär sagt, sagt nicht Zivil, Herr Minister!«
»Mein Lieber,« sagte Montcornet zu Soulanges und zog ihn in eine Ecke, »heute früh hat der Kaiser voller Lob von Ihnen gesprochen. Ihre Beförderung zum Marschall ist nicht mehr zweifelhaft.«
»Der Chef mag die Artillerie nicht.«
»Ja, aber er vergöttert den Adel, zu dem auch Sie gehören.
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