Der Diamant (German Edition)
Der Chef hat gesagt,« fuhr Montcornet fort, »daß diejenigen, die sich während des Feldzuges in Paris verheiratet haben, nicht als in Ungnade gefallen angesehen werden sollen. Nun?«
Der Graf von Soulanges schien von alledem nichts zu begreifen.
»Und nun hoffe ich auch,« schloß der Obrist, »daß Sie mir sagen werden, ob Sie eine reizende junge Frau kennen, dort am Fuße eines Kandelabers.«
Bei diesen Worten belebten sich die Augen des Grafen; mit unerhörter Heftigkeit ergriff er die Hand des Obristen.
»Mein lieber General!« sagte er zu ihm mit merklich veränderter Stimme, »wenn ein anderer als Sie diese Frage an mich gerichtet hätte, würde ich ihm mit diesem Haufen Gold den Schädel einschlagen! Bitte, lassen Sie mich allein; ich möchte mir heute abend lieber eine Kugel durch den Kopf jagen, als ... Alles, was ich sehe, ist mir verhaßt; ich will auch lieber fortgehen. Diese Freude, diese Musik, diese dummen lachenden Gesichter bringen mich um.«
»Mein armer Freund!« erwiderte Montcornet mit sanfter Stimme und schlug freundschaftlich in Soulanges Hand ein. »Sie sind aufgeregt. Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen mitteilte, daß Martial kaum noch an Frau von Vaudremont denkt, daß er sich vielmehr in jene kleine Dame verliebt hat!«
»Wenn er mit ihr spricht,« rief Soulanges aus, stotternd vor Wut, »dann schlage ich ihn so platt wie seine Brieftasche, und wäre er im Schoße des Kaisers.«
Und wie ohnmächtig fiel der Graf in den Lehnstuhl, zu dem ihn der Obrist geführt hatte. Letzterer zog sich langsam zurück; er merkte, daß Soulanges von zu heftigem Zorn ergriffen war, als daß ihn ein Scherz oder die Bemühungen eines oberflächlichen Freundes hätten beruhigen können. Als Montcornet in den großen Tanzsaal kam, war Frau von Vaudremont die erste, die er erblickte, und er bemerkte auf ihrem sonst so ruhigen Gesicht Spuren einer schlecht verhehlten Aufregung. Ein Sessel neben ihr war frei, und er setzte sich zu ihr.
»Ich wette, es quält Sie etwas!« sagte er.
»Nichts von Belang, General. Ich wäre gern von hier fortgegangen, ich habe versprochen, auf den Ball der Großherzogin von Berg zu kommen und muß vorher noch zur Fürstin von Wagram. Herr de la Roche-Hugon, der dies weiß, vertreibt sich jedoch die Zeit damit, alten Damen den Hof zu machen.«
»Das ist nicht ganz der Grund Ihrer Verstimmung, und ich wette 100 Louis, daß Sie heute abend hierbleiben werden.«
»Unverschämter!«
»So habe ich also recht gehabt?«
»Nun, woran habe ich also gedacht?« erwiderte die Gräfin und schlug dem Obristen mit dem Fächer leicht auf die Finger. »Ich könnte Sie belohnen, wenn Sie es erraten.«
»Darauf gehe ich nicht ein, ich bin zu sehr im Vorteil.«
»Eingebildeter!«
»Sie fürchten, Martial zu den Füßen von ...«
»Von wem?« fragte die Gräfin, indem sie sich überrascht stellte.
»... von jenem Kandelaber zu sehen,« erwiderte der Obrist und zeigte auf die schöne Unbekannte, wobei er die Gräfin mit quälerischer Aufmerksamkeit beobachtete.
»Sie haben es erraten,« gab die Kokette zu und verbarg ihr Gesicht hinter dem Fächer, mit dem sie zu spielen begann. »Die alte Frau von Lansac, die, wie Sie wissen, boshaft wie ein alter Affe ist,« fuhr sie nach kurzem Schweigen fort, »hat mir soeben gesagt, daß es für Herrn de la Roche-Hugon etwas gefährlich wäre, dieser Unbekannten, die heute wie ein Störenfried hier erschienen ist, den Hof zu machen. Ich sähe lieber dem Tod ins Angesicht, als in dies grausam schöne und gespensterhaft bleiche Antlitz. Frau von Lansac,« fügte sie dann mit einem Ausdruck von Verachtung hinzu, »die nur auf Bälle geht, um alles zu beobachten, während sie so tut als schliefe sie, hat mich heftig beunruhigt. Martial wird dieser Streich, den er mir spielt, teuer zu stehen kommen. Da Sie jedoch sein Freund sind, General, so veranlassen Sie ihn bitte, mir nicht so viel Kummer zu bereiten.«
»Ich sprach soeben einen Mann, der sich nichts Geringeres vorgenommen hat, als ihm eine Kugel durch den Kopf zu jagen, wenn er mit jener kleinen Dame spricht. Dieser Mann hält sein Wort. Doch wie ich Martial kenne, wird ihn diese Gefahr nur noch mehr reizen. Zudem haben wir noch gewettet ...«
Hier senkte der Obrist die Stimme.
»Wirklich?« fragte die Gräfin.
»Auf mein Ehrenwort.«
»Dank, General!« sagte Frau von Vaudremont und warf ihm einen Blick voller Koketterie zu.
»Würden Sie mir die Ehre erweisen, mit mir zu tanzen?«
»Ja,
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