Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dicke Löwe kommt zuletzt

Der dicke Löwe kommt zuletzt

Titel: Der dicke Löwe kommt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
Leibwache.
    Der Sultan entfaltete gleich eine emsige Tätigkeit. Er schickte einen Trupp tüchtiger Bauhandwerker zur Glücklichen Insel, damit sie die Festung zu einem Sommerschloß umbauten und an der Bucht eine Siedlung für Feriengäste errichteten.
    Kim, Pips und Wu aber fuhren mit dem nächsten Dampfer heim, nach Neulöwenburg.
    Und Totokatapi?
    Lange sprach er mit dem Sultan. Und schließlich war er wieder Minister. Der Sultan brauchte ihn so dringend, besonders jetzt, weil Löwe nicht da war. Totokatapi sagte gerne »ja«. Aus Neulöwenburg waren gute Nachrichten gekommen! Frau Wißtihrschon bewährte sich als Leiterin des Kaufhauses vortrefflich. Da wäre es töricht gewesen, sie zu entlassen.
    Vor allem aber gab der Sultan in allen Zeitungen der Welt ein ganzseitiges Inserat auf:

    LÖWE GESUCHT
    Bester Freund des Sultans, Polizeipräsident von Sultanien. Von einer Seefahrt nicht zurückgekehrt. Wer hat ihn gesehen — tot oder lebendig? Wer hat den Schiffbrüchigen gerettet, den Verwundeten gepflegt und hei sich auf genommen?
    Für alle Hinweise, die das Schicksal des Löwen klären helfen, wird eine hohe Belohnung ausgesetzt!
    Alle Unkosten werden ersetzt. Telegrafieren Sie!
    Der Sultan von Sultanien.

    Sie hofften, daß es keinen Menschen auf der Erde gäbe, der dieses Inserat nicht läse. Aber sie irrten sich!
    Der Sultan hatte den Kopf wirklich sehr voll. Er eilte zum Emir von Emirstan. Wie glücklich dieser war, läßt sich leicht denken. Tränen der Freude liefen über seine Wangen, wieder und immer wieder umarmte und küßte er seinen zukünftigen Schwiegersohn.
    Sie entwickelten große Pläne für die Zukunft. Sie wollten die beiden Länder vereinigen, die Zollschranken beseitigen und eine Eisenbahnlinie von Emirstan nach Sultanien bauen — oder umgekehrt, wie man will.
    Und so vergingen die Monate.
    Auf der Glücklichen Insel machte die Genesung der Kranken gute Fortschritte.
    Am Ufer schossen reizende weiße Häuser empor: der Kern eines Feriendorfes. Und auf dem Felsen wurde die Festung in ein kleines Schloß verwandelt: in eine große Villa, mit sauber verputzten Wänden, Terrassen, angenehmen und wohnlichen Räumen. Im Hof wurde ein Garten angelegt. Das Kamel und Miriam freuten sich täglich an jeder neuen Mauer, jedem Fenster, jedem Baum.
    Das Kamel schritt mit wichtiger Miene und hochmütig aufgeworfenem Hals durch die unfertigen Räume, es stieg über Balken und Haufen von Steinen, es steckte seine Nase in den Betonmischer und redete überall hinein. Niemand — so behauptete es — kannte des Sultans Bedürfnisse so gut wie es. Es war wirklich schon wieder ganz das alte weise Kamel.
    Kein Wunder — Dok führte ein strenges Regiment. Alle mußten ihre Medizinen regelmäßig einnehmen, sie durften nur das essen, was er erlaubte, sie mußten in frischer Luft Sport treiben und bei den Bauarbeiten mithelfen. Denn körperliche Betätigung war das wichtigste für seine Patienten.
    Bald waren sie so gesund, daß er seine Aufgabe als beendigt ansehen und an die Heimreise denken konnte.
    Und bis zur Hochzeit waren es noch knapp vierzehn Tage. Das Haus war fast fertig. Die Blumen im Garten waren angewachsen, der Springbrunnen plätscherte probeweise.

Ein neues Leben

    Wo aber ist Löwe?
    Damals, als er aufs Land geworfen worden war wie ein lebloses Stück Holz, begann ein neuer Abschnitt seines Lebens.
    Er wußte freilich nichts davon. Er wußte nicht einmal mehr, daß er überhaupt lebte.
    Als er aber die Besinnung wiedererlangte, hörte er leise, behutsame Schritte — eines Raubtieres? Oder eines Menschen? — Hatte er in der nächsten Sekunde eine Speerspitze in der Brust oder eine Pranke im Nacken?
    Jedoch, nichts geschah. Dagegen hörte er eine wohltönende Stimme fragen: »Lebst du, oder bist du tot?«
    Ein warmer Hauch ging über seine Nase. Löwe blinzelte, bemühte sich, die Augen zu öffnen — und sah über sich ein Paar dunkler Lichter inmitten eines maisgelben Pelzes. Das war ein Fell wie seines, jedoch ohne Mähne. Es war der wohlgeformte runde Kopf einer Löwin!
    »Armer Kerl!« sagte sie. Sie streckte sich aus, legte sich neben ihn, ihr Haupt neben dem seinen — und begann zart seine Stirn, seine Ohren und Augen zu lecken.

    Löwe war zu erschöpft, sich zu regen. Aber ein wunderbares, wohltuendes Gefühl durchströmte ihn.
    Er seufzte, seine Augen fielen zu — er schlief, schlief tief, seiner Genesung entgegen.
    So vergingen eine Nacht und ein Tag. Die Löwin wich nicht von

Weitere Kostenlose Bücher