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Der Dolchstoss

Der Dolchstoss

Titel: Der Dolchstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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als sich die Frau mit den haselnußbraunen Augen plötzlich zu ihnen umwandte.
    »Hütet jetzt Eure Zungen. Sprecht nur, wenn Ihr angesprochen werdet. Bringt mich in Verlegenheit, und... « Mit einem letzten Stirnrunzeln und leisem Murren, daß sie wahrscheinlich gerade einen Fehler beging, bedeutete sie ihnen mit einer Kopfbewegung, ihr zu einem genau gegenüberstehenden Haus mit einem Flachdach zu folgen.
    Es war kein großes Haus - zwei Stockwerke ohne Balkon, mit rissigem Verputz und an mehreren Stellen durchscheinenden Ziegelsteinen -, das keinen allzu angenehmen Standort hatte, da das laute Rattern der Webrahmen auf der einen Seite und der beißende Gestank einer Färberei auf der anderen störten. Eine Dienerin öffnete die Tür, eine bereits ergrauende Frau mit kantigem Kinn, Schultern wie ein Hufschmied und stählernem Blick, der auch nicht durch den Schweiß auf ihrem Gesicht gemildert wurde. Nynaeve folgte Herrin Anan lächelnd hinein. Irgendwo in diesem Haus lenkte eine Frau die Macht.
    Die Dienerin mit dem kantigen Kinn hatte Setalle Anan offensichtlich erkannt, schien aber seltsam überrascht. Sie vollführte einen respektvollen Hofknicks, war aber dennoch eindeutig beunruhigt über ihren Besuch. Nynaeve und Elayne wurden jedoch ausdruckslos begrüßt. Sie wurden in einen Wohnraum im ersten Stock geführt, und die Dienerin belehrte sie mit fester Stimme: »Rührt Euch nicht und faßt nichts an, sonst werdet Ihr Euch Strafe einhandeln.« Dann verschwand sie.
    Nynaeve sah Elayne an.
    »Nynaeve, wenn eine Frau die Macht lenkt, bedeutet das nicht...« Das Gefühl änderte sich, schwoll einen Moment an, sank aber dann noch weiter ab als zuvor. »Selbst bei zwei Frauen bedeutet es nichts«, protestierte Elayne, aber sie klang zweifelnd. »Das war die unmöglichste Dienerin, die ich je erlebt habe.« Sie setzte sich auf einen roten Stuhl mit hoher Rückenlehne, und kurz darauf setzte sich auch Nynaeve hin, aber nur auf die Stuhlkante. Aus Eifer, nicht aus Nervosität. Überhaupt nicht aus Nervosität.
    Der Raum war nicht sehr beeindruckend, aber die blauweißen Bodenfliesen glänzten, und die hellgrünen Wände waren frisch gestrichen. Natürlich waren nirgendwo Vergoldungen zu sehen, aber edle Schnitzereien schmückten die entlang den Wänden aufgestellten roten Stühle und mehrere kleine Tische in einem dunkleren Blau als die Fliesen. Die Leuchter aus Messing waren glänzend poliert. Sorgfältig angeordnete Immergrünzweige schmückten den gekehrten Kamin, und auch der Kaminsims war mit Reliefs versehen und nicht nur aus einfachem Stein. Die Reliefs schienen seltsam gewählt - sie stellten das dar, was die Leute in Ebou Dar die Dreizehn Sünden nannten: ein Mann, dessen Augen vor Neid fast sein ganzes Gesicht einnahmen, ein Bursche, dessen Zunge ihm vor Geschwätzigkeit beinahe bis auf die Knöchel hing, ein die Zähne fletschender Mann, der aus Habgier Münzen an seine Brust preßte, und so weiter -, aber alles in allem stellte es sie sehr zufrieden. Wer auch immer diesen Raum hatte ausstatten lassen, konnte sich auch einen frischen Außenverputz leisten, und der einzige Grund, ihn nicht zu erneuern, wäre, nicht auffallen zu wollen.
    Die Dienerin hatte die Tür offen gelassen, und plötzlich drangen Stimmen aus dem Gang herein.
    »Ich kann es nicht glauben, daß Ihr sie hergebracht habt.« Die Stimme der Sprecherin klang vor Ungläubigkeit und Zorn angespannt. »Ihr wißt, wie vorsichtig wir sind, Setalle. Ihr wißt mehr, als Ihr wissen solltet und das wißt Ihr mit Sicherheit.«
    »Es tut mir sehr leid, Reanne«, antwortete Herrin Anan steif. »Ich habe nicht richtig darüber nachgedacht. Ich ... schwöre, daß ich für das Verhalten dieser Mädchen bürge und mich Eurem Urteil beuge.«
    »Das ist nicht nötig!« Reannes Stimme klang jetzt vor Entsetzen höher. »Das heißt... Ich meine, Ihr hättet es nicht tun sollen, aber ... Setalle, verzeiht, daß ich meine Stimme erhoben habe. Sagt, daß Ihr mir vergebt.«
    »Ihr habt keinen Grund, Euch zu entschuldigen, Reanne.« Die Gastwirtin klang wahrhaftig gleichzeitig kläglich und widerwillig. »Es war falsch von mir, sie herzubringen.«
    »Nein, nein, Setalle. Ich hätte nicht so mit Euch sprechen dürfen. Bitte, Ihr müßt mir vergeben. Bitte verzeiht.«
    Herrin Anan und Reanne Corly betraten den Raum, und Nynaeve blinzelte überrascht. Der Unterhaltung nach hatte sie eine Frau erwartet, die jünger wäre als Setalle Anan, aber Reanne hatte überwiegend

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