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Der Dolchstoss

Der Dolchstoss

Titel: Der Dolchstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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worden, obwohl niemand es so nannte. Jedenfalls bis jetzt nicht. Merilille, Adeleas und Vandene stellten sich Elayne wie Richter entgegen, Sareithas Stuhl stand dort, wo sich der Sitz des Anklägers befände, und Careanes Stuhl am Platz des Verteidigers, und die Domani-Grüne nickte nachdenklich, während die tairenische Braune, die ihre Anklägerin gewesen wäre, fortfuhr. »Sie hat ihre Schuld selbst zugegeben. Ich empfehle, daß das Kind auf den Palast beschränkt werden sollte, bis wir abreisen, und harte Arbeit leistet, damit ihr Geist und ihre Hände beschäftigt sind. Weiterhin empfehle ich in regelmäßigen Abständen eine kräftige Anzahl Hiebe, um sie daran zu erinnern, nicht hinter dem Rücken von Schwestern zu handeln. Und dasselbe für Nynaeve, sobald sie ausfindig gemacht werden kann.«
    Elayne schluckte. Auf den Palast beschränkt? Vielleicht mußten sie dies nicht als Gerichtsverhandlung bezeichnen, damit es eine war. Sareitha hatte vielleicht noch nicht die alterslosen Züge erworben, aber das Gewicht des Alters der anderen Frauen erdrückte Elayne. Adeleas und Vandene, deren Haar fast vollkommen weiß war - und selbst ihre alterslosen Gesichter spiegelten das Alter wider. Merililles Haar war glänzend schwarz, und doch hätte es Elayne nicht überrascht zu erfahren, daß sie die Stola genauso lang oder länger als die meisten Aes Sedai trug. Das gleiche könnte für Careane gelten. Keine von ihnen beherrschte die Macht so gut wie sie selbst, aber ... all diese Erfahrungen als Aes Sedair all dieses Wissen, dieses Ansehen. Eine starke Erinnerung daran, daß sie erst achtzehn war und noch vor einem Jahr Novizinnen-Weiß trug.
    Careane machte keinerlei Anstalten, Sareithas Vorschlägen zu widersprechen. Vielleicht sollte sie sich am besten selbst verteidigen. »Dieses Geheimnis, von dem Ihr sprecht, hat offensichtlich etwas mit dem Zirkel zu tun, aber...«
    »Die Schwesternschaft geht Euch nichts an, Kind«, unterbrach Merilille sie scharf. Sie atmete tief ein und glättete die silbergrauen Röcke mit den goldenen Schlitzen. »Ich schlage vor, daß wir das Urteil fällen«, sagte sie kalt.
    »Ich stimme mit Euch überein und beuge mich Eurer Entscheidung«, sagte Adeleas. Sie sah Elayne enttäuscht an und schüttelte stirnrunzelnd den Kopf.
    Vandene winkte ab. »Ich stimme überein und beuge mich. Aber ich schließe mich dem Sitz des Anklägers an.« Careanes Blick enthielt vielleicht ein wenig Mitleid.
    Merilille öffnete den Mund.
    Das schüchterne Klopfen an der Tür durchbrach die augenblickliche, bedrohliche Stille.
    »Was, unter dem Licht, gibt es?« murrte Merilille ärgerlich. »Ich hatte Pol gesagt, daß niemand uns stören soll. Careane?«
    Nicht die jüngste, aber die schwächste in der Macht, erhob sich Careane und glitt zur Tür. Sie bewegte sich trotz ihrer kräftigen Gestalt stets anmutig wie ein Schwan.
    Es war Pol selbst, Merililles Dienerin, die hereinplatzte und nach rechts und links gerichtet Hofknickse vollführte. Eine schlanke, grauhaarige Frau, die normalerweise eine Würde an den Tag legte, die der ihrer Herrin gleichkam, runzelte sie jetzt besorgt die Stirn, was auch angemessen war, nachdem sie trotz Merililles Anweisungen hier eingedrungen war. Elayne war nicht mehr so froh gewesen, jemanden zu sehen, seit ... seit Mat Cauthon im Stein von Tear erschien. Ein entsetzlicher Gedanke. Wenn Aviendha nicht bald sagte, sie sei ihrem Toh ausreichend begegnet, könnte sie vielleicht einfach ausprobieren, ob ihre Qual beendet werden könnte, wenn sie den Mann bat, sie doch noch zu schlagen.
    »Die Königin hat dies selbst gebracht«, verkündete Pol atemlos und streckte einen mit einem großen roten Wachsklumpen versiegelten Brief aus. »Sie sagte, wenn ich ihn Elayne nicht sofort brächte, würde sie ihn ihr selbst hineinbringen. Sie sagte, es ginge um die Mutter des Kindes.« Elayne hätte fast mit den Zähnen geknirscht. Die Dienerinnen der Schwestern hatten alle bereits die Art ihrer Herrinnen angenommen, über Nynaeve und sie zu reden, wenn auch selten dort, wo sie es hören konnten.
    Sie riß den Brief wütend an sich, bevor Merilille es ihr erlaubte - wenn sie es ihr erlaubt hätte - und brach das Siegel mit dem Daumen.
    Meine Lady Elayne!
    Ich grüße die Tochter-Erbin von Andor mit erfreulichen Neuigkeiten. Ich habe vor kurzem erfahren, daß Eure Mutter, Königin Morgase, lebt, derzeit Gast Pedron Nialls in Amador ist und sich nichts sehnlicher wünscht, als wieder mit Euch

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