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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Zeichen traten die beiden Priester an ihr Bett. »Ich werde Ihnen, Hochwürden und Ihnen, Herr Pfarrer, nichts mitteilen, was Sie nicht schon wissen. Sie, Hochwürden, haben als erster Ihren Blick in mein Gewissen geworfen, haben fast meine ganze Vergangenheit darin gelesen, und, was Sie dort gesehen haben, hat Ihnen genügt. Mein Beichtvater, dieser Engel, den der Himmel neben mich gestellt hat, weiß etwas mehr: ich habe ihm alles gestehen müssen. Sie beide, deren Intelligenz durch den Geist der Kirche erleuchtet ist, will ich um Rat fragen, auf welche Weise ich als wahre Christin das Leben lassen muß. Glauben Sie, die Sie erhabene und heilige Gemüter sind, daß, wenn der Himmel der vollkommensten, der tiefsten Reue, die jemals eine schuldbeladene Seele verspürt hat, zu verzeihen geruht, glauben Sie, daß ich allen meinen Pflichten hienieden genug getan habe?«
    »Ja,« sagte der Erzbischof, »ja, meine Tochter.«
    »Nein, mein Vater, nein,« sagte sie, sich mit blitzenden Augen aufrichtend. »Einige Schritte von hier gibt es ein Grab, wo ein Unglücklicher ruht, der die Last eines furchtbaren Verbrechens trägt; in der prunkenden Behausung hier gibt es eine Frau, die der Ruf der Wohltätigkeit und Tugend ziert. Dies Weib segnet man, den armen jungen Menschen verflucht man! Der Verbrecher ist mit Verwerfung geschlagen worden, ich erfreue mich der allgemeinen Wertschätzung; ich habe den größten Anteil an seiner Missetat, in vielem aber ist er an dem Guten beteiligt, das mir so viel Ruhm und Dankbarkeit einbringt. Ich, eine Betrügerin, habe die Verdienste, er, ein Märtyrer seiner Verschwiegenheit, ist mit Schande bedeckt! In einigen Stunden werde ich sterben und sehe einen ganzen Bezirk um mich weinen, eine ganze Provinz meine Wohltaten, meine Frömmigkeit und meine Tugenden feiern; während er inmitten der Beleidigungen, angesichts einer ganzen in Haß auf die Mörder zusammengeströmten Bevölkerung gestorben ist! Sie, meine Richter, sind duldsam, aber in mir selber höre ich eine gebieterische Stimme, die mir keine Ruhe läßt. Ach, Gottes Hand, die weniger sanft ist als die Ihre, hat mich tagtäglich geschlagen, wie um mich zu benachrichtigen, daß nicht alles gesühnt sei. Meine Fehler werden nur durch ein öffentliches Geständnis gebüßt. Er ist glücklich, er, der Verbrecher, der sein Leben mit Schmach im Angesichte von Himmel und Erde dahingegeben hat. Und ich, ich täusche noch die ganze Welt, wie ich die menschliche Gerechtigkeit getäuscht habe. Nicht eine Huldigung gab es, die mich nicht beleidigt, nicht ein Lob, das nicht mein Herz verbrannt hätte. Sehen Sie in der Ankunft des Generalprokurators nicht einen Befehl des Himmels, der mit der Stimme, die mir »gestehe« zuruft, in Einklang steht?«
    Die beiden Priester, der Kirchenfürst wie der einfache Priester, diese beiden großen Leuchten, hielten die Augen gesenkt und bewahrten Schweigen. Durch die Größe und die Resignation der Schuldigen allzu bewegt, konnten die beiden Richter kein Urteil aussprechen.
    »Mein Kind,« sagte der Erzbischof nach einer Pause, sein schönes, durch die Sitten seines frommen Lebens kasteites Haupt erhebend, »Sie gehen über die Gebote der Kirche hinaus. Der Ruhm der Kirche besteht darin, ihre Dogmen mit den Sitten jeder Zeit in Einklang zu bringen, denn die Kirche ist dazu da, in Gesellschaft der Menschheit durch die Jahrhunderte der Jahrhunderte zu schreiten. Die geheime Beichte hat nach ihren Vorschriften die öffentliche Beichte ersetzt. Diese Umwandlung hat der neue Glaube bewirkt. Die Leiden, die Sie fortwährend erlitten haben, genügen. Sterben Sie in Frieden: Gott hat Sie sehr wohl gehört.«
    »Steht das Gelübde der Verbrecherin nicht in Einklang mit den Gesetzen der anfänglichen Kirche, die den Himmel um so viel Heilige, Märtyrer und Bekenner, wie es Sterne am Firmament gibt, bereichert hat?« fuhr Véronique mit Heftigkeit fort. »Wer hat geschrieben: ›Bekennet einer dem anderen.‹ Taten das nicht die unmittelbaren Schüler unseres Heilandes? Lassen Sie mich öffentlich, auf den Knien meine Schande bekennen. Das soll die Wiedergutmachung meines Unrechts gegen die Welt, gegen eine durch meinen Fehler geächtete und beinahe erloschene Familie sein. Erfahren muß die Welt, daß meine Wohltaten keine Opfergabe sind, sondern eine Schuld, die ich bezahle. Wenn später, nach mir, irgendein Anzeichen den lügnerischen Schleier, der mich bedeckt, herunterreißen würde? ... Ach, dieser Gedanke führt

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