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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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gegenübergestellt werden kann, und einen frei herunterhängenden statt am Unterleib anlie­genden Penis. Schon im zweiten Jahrhundert n. Chr. lei­tete der griechische Arzt Galen aus der anatomischen Zerlegung verschiedener Tiere unsere ungefähre Stel­lung in der Natur richtig ab, als er feststellte, daß der Affe dem Menschen »von den Eingeweiden, den Mus­keln, Arterien, Venen, Nerven und der Skelettform her am stärksten ähnelt«.
    Es ist auch nicht schwer, den Platz des Menschen un­ter den Primaten zu bestimmen, denn wir ähneln ganz offensichtlich den Menschenaffen, unter anderem dar­in, daß wir anders als die übrigen Affen keinen Schwanz besitzen. Klar ist auch, daß die kleinwüchsigen Gib­bons mit ihren langen Armen unter den Menschenaffen aus dem Rahmen fallen und daß Orang-Utans, Schim­pansen, Gorillas und Menschen enger miteinander ver­wandt sind als mit den Gibbons. Hiernach wird die Be­stimmung von Verwandtschaftsbeziehungen jedoch un­erwartet schwierig, und die Wissenschaftler streiten intensiv über drei Fragen:
    Wie genau sieht der Stammbaum der Verwandt­schaftsbeziehungen von Menschen, lebenden Menschen­affen und ausgestorbenen Affenahnen aus ? Welcher der lebenden Menschenaffen ist beispielsweise unser näch­ster Verwandter ?
    Wann lebte der letzte gemeinsame Ahne von uns und jenem Verwandten, welcher Affe es auch sein mag ?
    Welchen Teil unseres genetischen Programms haben wir mit unserem nächsten lebenden Verwandten ge­meinsam ?
    Die erste dieser drei Fragen, so möchte man anneh­men, müßte durch die vergleichende Anatomie bereits geklärt sein. Wir besitzen eine starke äußerliche Ähn­lichkeit mit Schimpansen und Gorillas, unterscheiden uns von ihnen jedoch in Merkmalen wie dem Hirnvolu­men, dem aufrechten Gang, der wesentlich schwächeren Behaarung sowie einer Vielzahl weniger deutlich sicht­barer Eigenschaften. Bei näherer Betrachtung dieser ana­tomischen Fakten ist jedoch viel weniger klar, was aus ihnen folgt. Je nachdem, welche anatomischen Merkma­le man für die wichtigsten hält und wie man sie inter­pretiert, sind Biologen unterschiedlicher Ansicht dar-über, ob wir am engsten mit dem Orang-Utan verwandt sind (die Meinung der Minderheit) – in diesem Fall wä-ren die Schimpansen und Gorillas von unserem Stamm­baum abgezweigt, bevor wir uns von den Orang-Utans trennten – oder ob wir nicht vielmehr den Schimpansen und Gorillas am nächsten stehen (die Mehrheitsauffas­sung), wobei dann die Vorfahren der Orang-Utans ih­ren eigenen Weg früher eingeschlagen hätten.
    Unter den Vertretern der Mehrheitsansicht sind die meisten Biologen davon ausgegangen, daß Goril­las und Schimpansen einander stärker ähneln als dem Menschen, was bedeuten würde, daß unsere Linie vom Stammbaum fortführte, bevor sich Gorillas und Schim­pansen voneinander trennten. Dieser Schluß entspricht dem gesunden Menschenverstand, demzufolge ja Schim­pansen und Gorillas in eine Kategorie mit der Bezeich­nung »Menschenaffen« gehören, während wir Men­schen etwas ganz anderes sind. Denkbar ist jedoch auch, daß wir uns nur deshalb im Aussehen unterscheiden, weil sich Schimpansen und Gorillas seit den Tagen un­seres gemeinsamen Ahnen nur unwesentlich veränder­ten, während wir uns in wenigen besonders auffälligen Merkmalen wie dem aufrechten Gang und dem Hirn­volumen sehr stark veränderten. In diesem Fall könnte der Mensch entweder dem Gorilla oder dem Schimpan­sen am meisten ähneln, oder der Abstand in der allge­meinen genetischen Ausstattung könnte zwischen allen dreien ungefähr gleich sein.
    Unter Anatomen herrscht also nach wie vor Unei­nigkeit über die Details unseres Stammbaums. Welche Version man auch bevorzugt, anatomische Studien ge­ben keine Antwort auf die zweite und dritte Frage nach dem Zeitpunkt unserer Abzweigung und dem geneti­schen Abstand von den Menschenaffen. Vielleicht könn­ten Fossilienfunde die Probleme mit dem Stammbaum und der Datierung lösen, allerdings nicht die Frage des genetischen Abstands. Das heißt, wenn wir nur genü-gend Fossilien hätten, so wäre die Hoffnung berech­tigt, auf eine Serie datierter proto­menschlicher Fossi­lien und eine weitere Serie datierter proto­schimpansi­scher Fossilien zu stoßen, die vor etwa zehn Millionen Jahren auf einen gemeinsamen Ahnen zuliefen und die sich wiederum einer Serie von Proto-Gorilla-Fossilien vor zwölf Millionen Jahren näherten. Leider wurde die Hoffnung, durch Fossilien

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