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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Gemeinsamkeiten mit Gorillas, Schimpansen und Orang-Utans haben. Un­ter diesen drei Menschenaffen gilt unter Anatomen der Orang-Utan als ein wenig abseits stehend, und auch dies stimmt mit den Ergebnissen der DNS-Forschung über­ein, die einen Unterschied von 3,6 Prozent zwischen der DNS von Orang-Utans und der von Menschen, Goril­las und Schimpansen feststellte. Geographisch trennten sich diese drei Arten bereits vor recht langer Zeit von Gibbons und Orang-Utans : Lebende und fossile Gib­bons und Orang-Utans sind auf Südostasien beschränkt, während lebende Gorillas und Schimpansen sowie früh­menschliche Fossilien nur in Afrika vorkommen.
    Ebensowenig Anlaß zur Überraschung bot auf der an­deren Seite die Feststellung, daß die stärkste Ähnlichkeit zwischen der DNS des gewöhnlichen Schimpansen und des Zwergschimpansen besteht, die sich zu 99,3 Prozent gleichen und nur zu 0,7 Prozent unterscheiden. Beide Arten gleichen sich so sehr, daß sie erst 1929 überhaupt eigene Namen erhielten. Am Äquator in Zentral-Za­ire lebende Schimpansen werden als »Zwergschimpan­sen« bezeichnet, da sie im Durchschnitt etwas kleiner (und von schwächerer Statur und langbeiniger) sind als die weitverbreiteten »gewöhnlichen Schimpansen«, de­ren Lebensraum in Afrika weiter nördlich des Äquators liegt. Aufgrund der jüngsten Fortschritte im Verständ­nis des Verhaltens von Schimpansen wurde jedoch klar, daß sich hinter den geringfügigen anatomischen Unter­schieden zwischen Zwerg- und gewöhnlichen Schim­pansen erhebliche Unterschiede im Fortpflanzungsver­halten verbergen. Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Schimpansen nehmen die Zwergschimpansen bei der Kopulation, wie die Menschen, eine Vielzahl von Stel­lungen ein, unter anderem von Gesicht zu Gesicht ; der Anstoß zum Geschlechtsakt kann sowohl von Weibchen als auch von Männchen kommen ; die Weibchen sind die meiste Zeit paarungsbereit, nicht nur einige Tage in der Monatsmitte ; außerdem gibt es starke Bande nicht nur zwischen Männchen, sondern auch zwischen Weib­chen oder zwischen Männchen und Weibchen. Offenbar hat die kleine Zahl von Genen, die sich bei Zwerg- und gewöhnlichen Schimpansen unterscheiden (0.7 Prozent), bedeutende Folgen für die Sexualphysiologie und die Geschlechtsrollen. Auf dieses Thema werde ich in diesem und im nächsten Kapitel noch zurückkommen, wenn es um die genetischen Unterschiede zwischen Menschen und Schimpansen geht.
    In allen bisher behandelten Fällen lagen bereits über­zeugende anatomische Beweise für die Verwandtschafts­verhältnisse vor, so daß die auf der DNS beruhenden Schlüsse nur bestätigten, was Anatomen bereits heraus­gefunden hatten. Es gelang jedoch auch, mit Hilfe der DNS-Methode ein Problem zu lösen, an dem die Anato­mie gescheitert war : die Klärung der Verwandtschafts­verhältnisse zwischen Menschen, Gorillas und Schim­pansen. Wie Abb. 1 zeigt, unterscheiden sich Menschen von gewöhnlichen Schimpansen bzw. Zwergschimpan­sen in nur 1,6 Prozent der DNS ; 98,4 Prozent sind iden­tisch. Bei Gorillas ist der Unterschied etwas größer, er beträgt ungefähr 2,3 Prozent zu Menschen und Schim­pansen.
    Lassen Sie uns einen Moment innehalten und überle­gen, was diese Zahlen eigentlich bedeuten.
    Die Abzweigung des Gorillas von unserem gemein­samen Stammbaum muß kurz vor unserer Trennung vom gewöhnlichen Schimpansen und vom Zwergschim­pansen erfolgt sein. Nicht Gorillas, sondern Schimpan­sen sind unsere engsten Verwandten. Umgekehrt sind die engsten Verwandten der Schimpansen nicht Goril­las, sondern Menschen. Die herkömmliche Klassifikation beruhte dagegen auf der anthropozentrischen Sichtweise, daß der mächtige Mensch stolz und allein im Zentrum der Welt steht und daß eine fundamentale Dichotomie zwischen ihm und den Affen besteht, die samt und son­ders in den Abgründen der Bestialität anzusiedeln seien. Künftig werden die Taxonomen die Dinge vielleicht et­was anders sehen müssen, nämlich aus der Perspektive des Schimpansen : Danach besteht nur eine schwache Di­chotomie zwischen den ein wenig höherstehenden Men­schenaffen (den drei Schimpansen, einschließlich des »Menschen-Schimpansen«) und den ein wenig tieferste­henden (Gorillas, Orang-Utans, Gibbons).
    Die traditionelle Unterscheidung zwischen »Men­schenaffen« (definiert als Schimpansen, Gorillas usw.) und Menschen entspricht nicht der Realität.
    Der genetische Abstand (1,6 Prozent) zwischen uns und den Zwerg- und

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