Der dritte Schimpanse
aufwiesen, vor allem die Beherrschung des Feuers und den Gebrauch von Werkzeugen. Aber das hätte den au-ßerirdischen Besucher wohl nicht mehr beeindruckt als das erstaunliche Verhalten von Bibern und Laubenvö-geln. Innerhalb einiger zehntausend Jahre – eines für einen einzelnen Menschen unendlich lang erscheinenden, aber gemessen an unserer Stammesgeschichte sehr kurzen Zeitraums – waren jene Eigenschaften zum Vorschein gekommen, die den Menschen so einzigartig, aber auch anfällig machen.
Welches waren jene wenigen Ingredienzen, die uns zu Menschen werden ließen? Da unsere Besonderheiten erst so kürzlich auftraten und mit so geringfügigen Ver-änderungen einhergingen, müssen sie oder zumindest Vorläufer von ihnen bereits im Tierreich vorhanden gewesen sein. Welches waren also die tierischen Vorläufer von Kunst und Sprache, Völkermord und Drogensucht ?
Unser derzeitiger biologischer Erfolg als Spezies beruht auf besonderen Merkmalen des Menschen. Von den größeren Tierarten ist keine andere auf allen Kontinenten heimisch oder bevölkert sämtliche Lebensräume, von der Wüste und dem Polargebiet bis zum tropischen Regenwald. Kein größeres Wildtier kann es zahlenmä-ßig mit uns aufnehmen. Doch zu unseren Besonderheiten gehören auch zwei, die unser Überleben in Frage stellen : der Hang zum gegenseitigen Töten und zur Zerstörung der Umwelt. Beides kommt auch bei anderen Arten vor : Löwen und viele andere Tiere töten Angehö-rige der eigenen Art, und Elefanten trampeln die Vegetation nieder. Doch beim Menschen nimmt die Bedrohung ein viel größeres Ausmaß an – wegen unserer technologischen Potenz und der Explosion unserer Zahl.
Schon oft wurde der Weltuntergang für den Fall prophezeit, daß wir keine Einsicht zeigten und uns nicht zur Umkehr entschlössen. Neu ist daran heute, daß die Vorhersage aus zwei Gründen wahrscheinlich eintrifft . Erstens gibt es Atomwaffen, mit denen die Menschheit erstmals in ihrer Geschichte ein Mittel zur völligen Selbstvcrnichtung besitzt. Und zweitens eignen wir uns bereits 40 Prozent der Nettoproduktivität der Erde (d. h. der aus der Sonneneinstrahlung gewonnenen Nettoenergie) an. Da sich die Weltbevölkerung zur Zeit im Rhythmus von 41 Jahren verdoppelt, werden die biologischen Grenzen des Wachstums bald erreicht sein. Kriege um die begrenzten Ressourcen unseres Planeten erscheinen dann unausweichlich. Zudem werden bei anhaltendem Tempo der Artenausrottung im Laufe des nächsten Jahrhunderts die meisten Pflanzen- und Tierarten ausgestorben oder vom Aussterben bedroht sein – und das, obwohl wir viele dringend zum eigenen Überleben brauchen.
Warum soll man diese ebenso bekannten wie deprimierenden Fakten immer wiederholen ? Und welchen Nutzen hat es, die tierischen Ursprünge der destruktiven Eigenschaften des Menschen zurückzuverfolgen? Wenn sie tatsächlich Teil unseres evolutionären Erbes sind, dann heißt das doch nicht daß sie genetisch festgelegt und also unveränderlich sind?
Doch in Wirklichkeit ist unsere Lage nicht hoffnungslos. Uns mag ja der Drang zum Töten von Fremden und Geschlechtsrivalen angeboren sein. Aber dennoch haben menschliche Gesellschaften immer wieder – und nicht ohne Erfolg – den Versuch unternommen, diese Instinkte unter Kontrolle zu bekommen und die meisten Menschen vor der Ermordung zu bewahren. Selbst wenn man die beiden Weltkriege mitberücksichtigt, sind im 20. Jahrhundert in den Industrieländern im Verhältnis viel weniger Menschen durch Gewalt ums Leben gekommen als in steinzeitlichen Stammesgesellschaften. In vielen modernen Bevölkerungen ist die Lebenserwartung deutlich hö-her als in der Vergangenheit. Umweltschützer verlieren auch nicht mehr jeden Kampf gegen Vertreter des Fortschritts um jeden Preis. Selbst eine Reihe von Erbkrankheiten, wie das Fölling-Syndrom und die Kinderdiabetes, können heute behandelt oder geheilt werden.
Wenn ich auf die drohenden Gefahren hinweise, möchte ich deshalb nur dazu beitragen, daß wir Fehler nicht wiederholen, sondern aus der Vergangenheit lernen und unser Verhalten korrigieren. Diese Hoffnung steht auch hinter der Widmung am Anfang des Buches. Meine Zwillingssöhne sind Jahrgang 1987 und werden im Jahre 2044 so alt sein wie ich jetzt. Was wir heute tun, wird ihre Welt bestimmen.
Es geht mir in diesem Buch nicht um bestimmte Lö-sungsvorschläge. Es ist ja ohnehin ziemlich klar, was alles geschehen
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