Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga
wunderbar?«, flüsterte sie aufgeregt. »Ist er nicht ein wirklicher, echter Herr?«
Penelope verstand nichts von wirklichen Herren, sie fand nur, dass er zwar besser gekleidet als die meisten war, sich aber gestelzter benahm und dadurch wieder an Glaubwürdigkeit verlor. Ganz anders als der Chefarzt des Hospitals. Oder sein deutscher Assistent, den sie unter einem Sonnenschirm ganz in der Nähe entdeckte. Bernhard Kreuz litt unter der australischen Hitze mehr als jeder andere, doch er trug es mit größtmöglicher Fassung, ganz als sei die Hitze ein Krieg. Und vom Krieg verstand er ja etwas, sagten die Leute, die mehr über ihn wussten. Er nahm Penelopes Blick wahr und nickte ihr scheu zu. Sie errötete.
Der Gouverneur und seine Gattin hatten ganz in derNähe Platz genommen, die geladenen Gäste taten es ihnen gleich. Lachlan Macquarie liebte es, zwischen den Menschen zu sitzen. Sein Stuhl und der seiner Gattin standen für beste Sicht auf das Rennen in vorderster Reihe, dahinter hatten sich die Offiziere des 73. Regiments versammelt. Dienstboten rannten mit Tabletts umher, servierten kühle Getränke und verteilten die Liste der startenden Pferde. Man hörte Wiehern und die Schreie der Herren nach Stallburschen, Gamaschen, Zügeln, Bürsten. Es roch nach Pferdemist, wenn ein Bursche nicht schnell genug war, einen Haufen wegzuräumen. Macquarie wünschte auf der Rennbahn äußerste Ordnung und Sauberkeit. Er war ins Gespräch vertieft mit Wentworth, dessen Neuerwerbung, ein kohlrabenschwarzer Hengst mit feinem Kopf und blitzenden Augen, mit dem letzten Schiff aus Indien gekommen war und sich so gut von der Reise erholt hatte, dass er bereits an den Start gehen konnte.
»So eins wollen wir haben, ein schwarzes Pferd, so eins wie der Doktor hat«, krähte John, und Penelope hatte alle Hände voll damit zu tun, den Jungen auf seinem Platz zu halten, was ihr missbilligende Blicke der Hausherrin eintrug.
»Elizabeth sollte mehr essen.« Mrs. Blaxland nahm die Gouverneursgattin mit ihrem Fernglas unter die Lupe. »Ihre Konstitution wird für dieses Land nicht ausreichen. Schauen Sie sich doch an, wie zart sie ist.« Penelope folgte dem Finger der Kaufmannsgattin, um Mrs. Macquarie zumindest von hinten anzuschauen. Ihr schneeweißes Seidenkleid im modischen Empirestil umhüllte in der Tat eine gertenschlanke Gestalt, der dünne Schal konnte die spitzen Knochen an den Schultern kaum verbergen. Neckische Löckchen rund um den Nacken betonten einen schwanenhaftgeschwungenen Hals und ein energisches kleines Kinn. Mrs. Macquarie war überaus schön. Jedes Mal, wenn Penelope sie traf, konnte sie sich kaum an ihr sattsehen.
»Elizabeth ist stets besorgt um alles Mögliche, nur nicht um sich selber. Macquarie sollte sie mehr schonen, stattdessen unternimmt er nichts dagegen, dass sie ihn auf jeder anstrengenden Reise begleitet, statt daheim auf dem Sofa zu ruhen.« Mrs. Hathaway schüttelte den Kopf. Penelope fand, dass die Gouverneursgattin überhaupt nicht danach aussah, auch nur eine Stunde auf dem Sofa zu verschwenden. Keine Frau in der Kolonie ähnelte der Nichtstuerin Lady Rose. Die Kolonie forderte etwas von den Frauen. Sie schenkte ihnen nichts. Dennoch liebten sie es, über Mode zu plappern.
»Ihr neues Kleid ist sehr hübsch. Ich hörte, dass der Stoff aus Paris gekommen ist.«
»Welch ein Glück! Dieser unselige Napoleon hat dem Modemarkt wirklich keinen Gefallen getan – sie sperren einfach die Meere ab und lassen uns hier in alten Lumpen sitzen.« Die Kontinentalsperre traf New South Wales hart – jedes Schiff aus der Heimat wurde umjubelt, weil man wusste, dass längst nicht alle es durch die Sperre schafften. Für Mrs. Blaxland waren die Schiffe pure Leidenschaft, sie genoss den Ruf, die kostspieligste Gattin der Kolonie zu sein, und sonnte sich darin. In jedem Fall trug sie den auffälligsten Hut, ein Gebilde aus Stroh, das, mit Blumen und Tüll geschmückt, bei jeder Bewegung ein wenig auf ihrem Kopf wackelte.
Penelope legte den Arm um John, der es beinahe geschafft hatte, davonzulaufen, um näher bei den Pferden sein zu können. Da noch kein Pferd zum Hathaway’schen Haushaltgehörte, übten die eleganten Tiere eine große Faszination auf ihn aus.
»Schau, der Braune, welch lange Beine, er wird fliegen, wenn er erst losrennt! Und der Schwarze neben ihm, das ist das Pferd von Dr. Wentworth! Er kommt aus Indien, und wenn man seine Stute zu ihm stellt, bekommt man ein Fohlen. Mama, ich möchte ein
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