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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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heben.
    Was Penelope aus dem kurzen Treffen mitnahm, war nicht die Beschreibung der Instrumente und wie man Kindern am besten half. Es war sein weicher und ein wenig bedauernder Blick, als sie fortgeschickt wurde, obwohl Kreuz doch eigentlich ihretwegen gekommen war. Man besuchte jedoch auch in der Sträflingskolonie von New South Wales keine Frau in braunen Kleidern.
    Es war Teil ihrer Überlebensstrategie, nicht an Ann zu denken. Nicht an die Zeit, die sie miteinander geteilt hatten, nicht an die Angst und nicht an jene Nacht, da ihr Leben sich verändert hatte. Erst recht nicht an jenen Tag, als ihre Wege sich endgültig trennten.
    Carrie und sie sprachen nicht mehr von der Hinrichtung an diesem Tag und dass nun eine weitere von ihnen nie mehr zurückkommen würde – der Tod war anders als eine rätselhafte Abwesenheit, er störte den Frieden, den sie sich gebastelt hatten. Das Leben verlief in ruhigen Bahnen. Es lullte sie ein zwischen kühlen Morgen und schwülen Abenden, es schenkte ihr Arbeit und das behütete Dasein in einem bürgerlichen Haushalt.
    Carrie nahm ihre eigene Aufforderung, alles zu ergreifen,was sich ihr bot, in den folgenden Wochen sehr ernst. Mr. Arthur küsste sie noch ein weiteres Mal, und diesmal wurde es nötig, dazu den Flur zu verlassen, damit das Haus nicht darüber aufwachte. Penelope hörte sie im Wäschespeicher durch eine dünne Wand, keine drei Schritte von ihrem Bett getrennt. Sie hörte, wie Carrie ihn züchtig hinhielt und ihn danach umso lauter stöhnen ließ, als sie ihre Röcke hob und ihn ihren prächtigen Hintern in Besitz nehmen ließ, weil sie es von hinten liebte. Die Geräusche verrieten, dass er das auf jede nur erdenkliche Art und Weise und vor allem unermüdlich tat. Mr. Arthur schien etwas von Frauen zu verstehen. Penelope drückte sich das Kissen fest auf die Ohren.
     
    Wochenlang hatte Mary sich gefragt, ob es richtig gewesen war, den Konstabler niederzuschlagen und zu fliehen. Es hatte keine Zeugen für die Tat gegeben. Sie hatte ihn an der richtigen Stelle am Kopf getroffen, so dass er sofort zusammengesackt war. Sie hatte ihren Weg durch die Gärten hinunter zum Hafen genommen, und dort saß sie nun, im Hinterzimmer einer düsteren Spelunke und rührte Salben für Seeleute an, die das Hospital scheuten, und für die Huren, die darunter litten, nicht feucht genug für ihre Freier zu werden. Sie wusste auch Mittel gegen Eiterpickel, Schrunden, Juckreiz und syphilitische Geschwüre, und der Besitzer der Spelunke, ein fetter einäugiger Chinese, strich das Geld für die Behandlung ein. Vor seinen Kunden brüstete er sich damit, eine wahre Wunderheilerin gefunden zu haben. Mary durfte neben der Feuerstelle schlafen, und weil er dem Magistrat seine neue Arbeiterin gemeldet hatte, erhielt er sogar Lebensmittel für sie, und Mary musste nicht hungern.
    Doch die Dinge waren nicht einfacher geworden. Der Hafen lag ein gutes Stück weiter entfernt von dem feinen Haus, wo sie ihre Tochter wusste. Und Hua-Fei hatte keinen Sinn für herumstreunende Arbeiterinnen, also gab es auch keinen Passierschein für sie. Mary fand sich als Gefangene in dem Hinterzimmer wieder, bewacht durch einen schlitzäugigen Sadisten, der Katzen und Hunde erschlug und ihr die Kadaver hinwarf, damit sie sie verwertete und vor allem begriff, dass er vor ihr keinen Halt machen würde, sollte sie einen Fluchtversuch unternehmen.
    »Machst du auch dicke Bäuche weg?«, fragte Hua-Fei eines Tages, als sie beim Essen saßen. Sein Blick wanderte über ihre hagere Figur mit derselben Gier, wie er junge Mädchen betrachtete.
    »Nein«, erwiderte Mary.
    »Aber du kannst es, nicht wahr?« Hua-Fei ließ seine fette Hand an ihrem Rücken herunterwandern. Er hätte sie längst auf sein Lager geworfen, wenn sie ihn nicht mit ihrem Blick in Schach gehalten hätte. Sie wusste, dass er ihren bösen Blick fürchtete, und sie tat alles dafür, dass das so blieb. »Eine Ahnung sagt mir, dass du es kannst. Das bringt gutes Geld ein – wir werden es unter den Huren verbreiten, dass sie herkommen können.«
    »Nein!«, herrschte sie ihn an. »Ich mach das nicht! Such dir eine andere dafür!«
    Sein fetter Wanst wackelte hin und her, als er lachte und ihr den halbvollen Teller wegnahm.
    »Du wirst es tun, Frau. Du wirst für mich dicke Bäuche wegmachen. Und wir werden damit viel Geld verdienen.«
    Zum ersten Mal keimte der Gedanke an Flucht in ihr auf.
     
    Der Oktober neigte sich dem Ende zu, und die australische Sonne

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