Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
Vom Netzwerk:
zu fahren … Sie war nur ein einfaches Mädchen, aber hübscher als die meisten anderen. Der Mann, der sie in Gedanken abends in den Schlaf wiegte, hatte ihr das gesagt …
    Ihr wohlgenährtes Aussehen weckte bei den ehemaligen Freundinnen noch mehr Neid.
    »Guck nur, was sie für ein fettes Gesicht bekommen hat!«, kreischte Prudy, als sie am Glockenturm von St. Saviour aufeinandertrafen.
    »Unsere Unterhosennäherin«, kicherte ihre Freundin Heather, »lässt sich wie ein Gänschen mästen!«
    »Na, eine fette Näherin im Bett ist allemal besser als eine dürre Dirne, würde ich meinen.« Prudys Augen glitzerten gehässig. Penelope fiel wieder einmal nichts zur Verteidigung ein, und so floh sie vor dem Gelächter der Mädchen und stürzte sich in das Gassenlabyrinth von Southwark.
     
    Es hatte zu nieseln begonnen. Feuchtigkeit deckte ein Gespinst aus feinen Tropfen über den Unrat, es roch modrig. Penelope kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an. Mit langen Armen versuchte der Modergeruch, sie in die Gosse zu ziehen und ihr das Kreuz zu beugen, wie er es früher immer getan hatte. Angeekelt schüttelte sie den Kopf und hielt sich die Nase zu. Seltsam! Früher wäre sie nie auf die Idee gekommen, sich ihm zu widersetzen.
    Etwas hatte sich verändert, seit sie im Haus 28 arbeitete. Wie feine Häkelspitze hatte sich der Duft der Pfirsichblüten über ihr Gemüt gelegt und sie vergessen lassen, wie die Wirklichkeit roch …
    »Da habe ich ja schon richtig was, das ich vorzeigen kann. Du bist eine echte Künstlerin!«
    Die Lady nahm die Füße vom Sofa und tanzte mit demhalbfertigen Schal, den sie Penelope zur Anprobe abgenommen hatte, durch ihren Salon. »Wunderhübsch! Mein Vater wird bald von seiner Reise zurück sein. Deine Arbeit wird ihm sehr gefallen!« Sie drehte sich so heftig, dass die Vitrine leise klirrte. »Und weißt du was? Noch mehr Schiffe haben angelegt, hat der Kutscher erzählt. Ich werde Besuch bekommen.« Ihre dunklen Augen blitzten nun verschwörerisch. »Ich werde Besuch bekommen. Besuch …«
    Zu Penelopes Erstaunen drehte die Lady sich zum Fenster um. Dort blieb sie für einen Moment stehen und wirkte gar nicht mehr so rund und aufgeplustert. Ihr Hals streckte sich, und ihre eine Hand strich selbstvergessen über die weiße Haut am Haaransatz, während die andere sich um die pralle Taille legte und ihre Finger zärtlich auf und nieder wandern ließ … Die Lady liebkoste sich selbst! Penelopes Augen rundeten sich ob dieser sündhaften Beobachtung, doch sie bekam keine Gelegenheit, darüber weiter nachzudenken, denn Mistress Anabell rauschte in den Salon und wies das Zimmermädchen an, die Asche aus dem Kamin zu räumen.
    »Und dass du es nur ordentlich machst! Ich will nicht schon wieder Asche auf dem Boden haben!«, schnarrte sie. Penelope senkte den Kopf auf ihre Häkelei und war froh, dass Emma und nicht sie diese ungeliebte Arbeit verrichten musste.
    Lady Rose blieb am Fenster stehen. Ihre Hände hatten innegehalten, es hatte den Anschein, als seien sie nur Stellvertreter und warteten auf jemanden, der ihre Rolle übernehmen würde …
     
    Bald wusste jedermann von dem bevorstehenden Besuch.
    »Wo war Lady Rose’ Vater?«, wagte Penelope zu fragen,als man nach dem Essen noch einen kurzen Moment beisammensaß.
    Misstress Anabell duldete sonst keine Neugier, doch heute wehte ein anderer Wind durch das Haus. Sie lächelte, wozu sie ihrer Meinung nach nur selten Grund hatte.
    »Mr. Winfield hat Indien bereist. Er kommt nach beinahe sieben Monaten nun wieder nach Hause.« Ihr Lächeln wurde streng. »Und auch der junge Mr. Chester ist nach vier Monaten wieder im Hafen eingelaufen – er tat seinen Dienst für die britische Krone draußen auf See. Lady Rose ist ihm sehr zugetan. Und Mr. Winfield ist darüber nicht sehr erfreut.« Sie prüfte den Sitz ihrer makellosen Haube und erhob sich. Die Plauderstunde war beendet. Die Mädchen schwärmten auseinander, tuschelnd, wispernd, Mr. Chester sieht so unglaublich gut aus – aber er ist ja viel zu arm, erzählt man sich, Mr. Winfield will ihn nicht als Schwiegersohn, du lieber Himmel!
    Penelope war für diesen aufregenden Tag ausnahmsweise in der Küche eingeteilt worden, nachdem sie eine schier endlose Zeit Tischdecken und Servietten auf Löcher untersucht hatte. »Mr. Winfield liebt es, ausgiebig zu speisen«, erklärte die Köchin. »Er hasst das verdorbene Essen auf den Schiffen. Nichts Frisches, nur vergorenes und eingelegtes Zeug, und

Weitere Kostenlose Bücher