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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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egal, solange du deine Arbeit für ihn erledigst. Ich kannte einen, der war so fleißig, dass er immer am Nachmittag schon fertig war. Er hat danach ein kleines Vermögen mit Rodungsarbeiten gemacht. Noch zwei Jahre, dann hat er seine Strafe abgedient und ist ein gemachter Mann. Er wird sich Land kaufen und freier und reicher sein als je zuvor im verdammten Irland.« Joshua nahm ihr den leeren Napf aus der Hand. »So läuft das hier. Solange du als Sträfling lebst, machst du, was sie sagen, und sie tun, was sie wollen. Aber jeder versucht, das Beste daraus zu machen.« Im Schimmer der Glut sah Penelope, wie er lächelte. »Das ist anders als daheim, das wirst du noch merken. Hier hindern sie dich nicht mit Dünkel und Gesetzen daran, was aus deinem verdammten Leben zu machen.«
    »Warum bist du hier?«, flüsterte sie schüchtern. Er klang so freundlich und so klug, sie konnte sich kaum vorstellen, dass er ein Verbrechen begangen haben sollte.
    »Ich habe heimlich die Schafe meines Herrn geschoren, damit mein Weib Wolle zum Spinnen hatte. Hab nur ein wenig Wolle weggenommen, hat man kaum gesehen. Ich verstehe was von Schafen.« Er grinste. »Aber mich hat jemand verpfiffen. Sie lauerten mir auf – und das war’s. Im Gefängnis von Cork hab ich ’n halbes Jahr auf den Galgen gewartet, dann hieß es auf einmal, ab aufs Schiff. Meine Moira wollte freiwillig mit mir kommen. Aber wir hatten das Geld nicht. Wenn meine sieben Jahre um sind, geh ich richtig für Geld arbeiten und kann ihr die Schiffspassage bezahlen. Reverend Marsden hat mir schon Land in Aussicht gestellt. Er weiß, dass ich ein guter Schäfer bin.«
    Penelope schaute ihn fassungslos an. So eine Sträflingsgeschichte hatte sie noch nie gehört. Hier saß kein Verbrecher, niemand, der nach einem kleinen Delikt zum Verbrecher geworden war, weil das unerbittliche Leben, Hunger oder gar die Lust am Verbrechen ihn dazu getrieben hatte. Weil irgendjemand schuld war, dass er vor Gericht gelandet war … Joshua Browne akzeptierte seine Strafe, statt mit ihr zu hadern und nach Schuldigen zu suchen wie fast alle anderen Verurteilten, die sie bisher getroffen hatte. Er machte das Beste daraus, und sein Glaube an die Zukunft schien unerschütterlich.
    »Und du – warum bist du hier?« Aus einer Kiste zog er eine nach Alkohol riechende Blechkanne hervor und goss zwei irdene Becher voll mit Rum. Einen davon reichte er ihr. »Du trinkst doch Rum? Alle Weiber trinken Rum – er macht die Zunge locker und den Geist leicht. Und am Ende ist alles nur noch halb so schlimm. Das ist der Rhythmus dieses verdammten Landes. Alles ist nur halb so schlimm, wenn du Rum getrunken hast.«
    Joshua prostete ihr zu und trank seinen Becher auf einenZug aus. Penelope zögerte. Dann tat sie es ihm nach, nahm den Becher, setzte ihn an die Lippen und kippte den Rum hinunter. Doch sogleich bereute sie ihre kindische Vertrauensseligkeit. Dieser Rum war anders als der auf dem Schiff. Er erfüllte ihren Mund mit eisiger Härte. Er schmeckte kalt und fremd, und als er einen Moment später aufflackerte, legte er sich wie ein Brenneisen über ihren Gaumen und ließ sie vor Schmerzen keuchen.
    »Nicht so eilig, Mädchen. Eile haben wir nach New South Wales nicht mitgebracht.« Joshua ließ seinen Arm stützend über ihre Schulter gleiten. »Das hier ist anderes Zeug, als die feinen Pinkel trinken. Damit solltest du vorsichtig sein.«
    Durch den Husten kroch Furcht vor ihm hoch, doch er unternahm weiter nichts, er wartete nur.
    Die Glut funkelte sie wütend an, als er mit einem Ast darin herumstocherte. Rauchschwaden stiegen hoch, bis sie vor lauter Tränen nichts mehr sehen konnte. Sie schniefte, da goss er ohne ein weiteres Wort ihren Becher wieder voll. »Trink ihn ganz langsam, bis du dich dran gewöhnt hast.«
    Penelope nickte, wischte sich das Gesicht trocken – und beschloss, dass er erst mal mit allem recht haben würde. Vorerst. Morgen würde ein neuer Tag sein. Heute gab es etwas zu essen, ein Bett. Was wollte sie mehr? Nur kurz wunderte sie sich, dass sie sich über nichts mehr wunderte.
    Joshua setzte die geleerten Näpfe ineinander und räumte sie an den Rand des Zeltes. Den Kessel klappte er zu und schob ihn in die Glut zurück.
    »Du musst hier nichts von früher erzählen. Hier hat jeder seine Geschichte. Wie es war. Und was schiefgelaufen ist. Lauter Scheißgeschichten, sag ich dir. Du willst sie irgendwann sowieso nicht mehr hören.« Joshua spielte mit demDeckel der Rumkanne

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