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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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herum, klappte ihn auf und zu, auf und wieder zu. »Für jeden hier kann es nur besser werden. Jeden von uns hat eine Scheißgeschichte hierher gebracht. Das verdammte Urteil lehrt dich loszulassen. Deine verdammte Vergangenheit loszulassen und was Neues anzufangen.« Er nahm ihr Kinn in die Hand und lächelte. »Die Sache ist nur: Genau das ahnen die Hurensöhne nicht, die uns hierher geschickt haben.«
    Verständnislos sah Penelope ihn an. Der Rum aus dem zweiten Becher flüsterte ihr zu, dass sie eines Tages verstehen würde. Dann setzte seine Wirkung ein, und er warf einen Schleier aus Gleichgültigkeit über ihr Gemüt. Durchsichtig, weich und schwer hing der Schleier an ihr herab, ließ sie freiwillig in die Decken sinken und stillhalten. Willenlos ließ sie sich von Joshua in die Arme nehmen. Sie sank in die Decken und schloss die Augen, als der Schafhirte sie bestieg und den Lohn für das Nachtlager einforderte. Selbst seine Haut stank nach Schaf.
     
    »Hier steckst du also. Ich hatte immer mal Ausschau nach dir gehalten.«
    Ann Pebbles’ Gesicht verzog sich zu einem erfreuten Lächeln, als sie Penelope am Feuer erkannte. »Ach … haste dir einen Schafhirten angelacht? Sorgt er gut für dich?« Sie bückte sich und kroch auf allen vieren in das Zelt, um sich neben Penelope niederzulassen und ihr über den Rücken zu streicheln. »Schlägt er dich?«
    Penelope strengte sich an, die alte Bekannte durch den Nebel zu erkennen, den der Rum ihr ins Hirn gezaubert hatte. Das tat er nun täglich, denn Joshua war freigiebig damit. Wenn sie aus der Fabrik zu ihm ins Zelt kroch, stand die Kanne stets gefüllt neben dem Feuer, und er verlangtenichts extra dafür. Es war nicht so, dass ihr irgendwas fehlte – aber es war gut, dass das Zeug da war. Jeden Tag, seit sie bei ihm war …
    »Ich koche ihm das Essen«, beschrieb sie nach reiflichem Überlegen ihre Aufgabe.
    »Schlägt er dich?« Ann drehte ihr Gesicht zu sich. »Du bist ja völlig betrunken, Mädchen.«
    Das fand Penelope nun nicht. Ihr Rausch hatte genau jenen Zustand erreicht, in dem sie es ertrug, dass der Schafhirte nach Hause kam, sein von ihr zubereitetes Essen herunterschlang, ein wenig mit ihr erzählte, sie in immer der gleichen Weise nahm und dann grunzend auf ihr einschlief. In der Morgendämmerung erwachte sie, wenn er sich von ihr herunterwälzte, die Kleider überstreifte und zu seinen Schafen ging. Nein, geschlagen hatte Joshua sie in der Tat noch nicht.
    »Er ist ein guter Mann«, beharrte sie. Sie strengte sich an, suchte in ihrer Erinnerung, da war etwas gewesen. »Er ist ein guter Mann.« Dann fiel es ihr wieder ein. »Er treibt es halt mit seinen Schafen.« Das Grinsen auf ihrem Gesicht fiel breiter aus, als beabsichtigt, als sie ihre heimliche Entdeckung preisgab, dann kicherte sie leise.
    Ann packte sie am Arm. »Er tut waaas?«, flüsterte sie. »Er fickt seine Schafe? Penny, dafür können sie ihn hängen.«
    »Ich vermute, dass er das weiß. Aber er liebt es. Ich bin ihm mal hinterhergeschlichen. Er liebt es wirklich.« Mit zitternder Hand tauchte sie einen geschnitzten Suppenlöffel in den Kessel und schöpfte für Ann einen Napf voll. »Hier, iss! Ich gieß einfach Wasser dazu, er wird’s schon nicht merken.«
    »Und wenn doch?«
    Penelope zuckte mit den Schultern. »Dann wird er’sschnell vergessen. Weißt du – ich kann das jetzt. Weiß, wie ich ihn anfassen muss.«
    Die andere musterte sie scharf. »Du hast ein paar verdammte Dinge gelernt, Mädchen. Das ist nicht gut, du bist viel zu jung.« Ann aß ein paar Löffel von der fettigen Suppe.
    Penelope sah ihr stumm dabei zu. Schweiß lief ihr über die Schläfen. Immerzu war es heiß, ganz gleich, wohin man sich begab. In der Fabrik gab es kein Lüftchen, im Zelt stand die Luft, draußen brannte bis weit in den Abend hinein unerbittlich die Sonne vom stahlblauen Himmel, weswegen man besser im Zelt blieb, sich nicht bewegte und den Schweiß ertrug, bis man ihn vergaß. Das hatte sie auf dem Schiff gelernt. Dort hatte es nur den Staub nicht gegeben, der sich hier wie eine klebrige Maske über das verschwitzte Gesicht legte. Auf dem Schiff war es das Salz gewesen, das sich ins Antlitz grub, hier war es der Staub, und er bedeckte die Haut so vollständig, dass man darüber das Lachen vergaß. Das Weinen vergaß man auch.
    »Zu jung«, wiederholte sie abschätzig. »Bis wann ist man zu jung für … Dinge?« Ungewollt quollen dann doch Tränen aus den Augenwinkeln und verbrannten

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