Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga
Gönner Merinoschafe, deren hochwertigeWolle in England einen guten Preis erzielte. Das meiste Geld jedoch, so fand Penelope heraus, als sie müde und durstig den Hof erreichte und durch die Ritzen der Scheune spähte, schien er mit dem Handel von Rum zu machen. Aufgereiht standen die Fässer im Schatten und warteten darauf, als stumme Passagiere unter Planen auf der Ladefläche der Kutsche irgendwohin zu verschwinden, wo ihr Inhalt viel Geld eintrug und Menschen in die Gleichgültigkeit trieb.
Ann Pebbles wurde nie müde, Heynes’ Qualitäten als Gemüsebauer herauszustreichen. Auf seinen Feldern wuchsen die besten Kartoffeln der Kolonie, daneben prangten die dicksten Kohlköpfe, seine Hühner legten die meisten Eier und lieferten die saftigsten Sonntagsbraten. Heynes’ Farm war ein Paradies, doch das schnellste Geld ließ sich nun einmal im Rumhandel verdienen.
Am Haus schlugen Türen. Holz krachte, Hunde begannen zu kläffen – wie ein riesiger Vogel ließ sich Lärm auf dem stillen Hof nieder.
»Bist du taub, Schlampe, wie oft hab ich dir gesagt, dass meine Hosen in die Truhe gehören und nicht auf die Truhe – du alte Schlampe, du wirst sie jetzt falten! Jetzt! Runter mit dir! Jetzt!«
»Ich wollte doch nicht – ich wollte …«
»Ich weiß, was du wolltest! Du willst immer nur alles haben! Ich gebe dir verdammte Seife, die dir gar nicht zusteht, und Zucker in den Tee – ich gebe dir ein verdammtes Kleid. Nichts weiter wirst du bekommen, alle Belohnungen sind ab jetzt gestrichen! Auf die Knie, Schlampe, leck mir die Schuhe sauber!«
Entsetzt lugte Penelope an der Scheune vorbei, da hatte der eine Köter sie bereits entdeckt. Kläffend kam er auf siezugerannt und sprang sie mit einem Riesensatz an. Seine Zähne verfingen sich in ihrem Rock, Stoff riss. Sie verlor darüber das Gleichgewicht, stürzte zu Boden. Der Hausherr ließ das Stuhlbein sinken, mit dem er Ann Pebbles soeben hatte schlagen wollen. Neugierig glotzte er Penelope an.
»Wer bist du? Was willst du? Hier gibt es nichts für dich! Auf Bettler hetze ich die Hunde – hau ab, dahin, wo du hergekommen bist!« Ein schriller Pfiff entfuhr seinen Lippen, die Hunde hechelten erwartungsvoll an seine Seite. Gierig blitzten ihre weißen Zähne unter den Lefzen hervor. Ein weiterer Pfiff, und sie sausten wieder los –
»Haltet ein – sie ist meine Freundin!«, schrie Ann auf, doch im nächsten Moment fuhr seine Hand nieder und traf sie am Kopf.
»Du hast keine Freundin. Du hast nichts! Ich will hier keine Besucher, keine Neugierigen, keine Klatschtanten und ganz sicher keine weiteren Huren!« Dennoch pfiff er die Köter zurück.
»Einen Becher Wasser.« Penelope sammelte ihren ganzen Mut, der sie bis hierher getragen hatte. Die beiden Hunde saßen vor ihr, zwei drohende Wächter, deren Aufgabe es war, diesen Hof von Gesindel sauberzuhalten. Sie, Penelope, war Gesindel. Sie reckte den Kopf. Nein, das war sie nicht. Allenfalls dieser Kerl, der ihre Freundin vor sich auf die Knie zwang und Miene machte, sie weiter zu verprügeln.
Niemand rührte sich – weder Herr noch Hunde.
Ihr Herz schlug wild. Er hatte sie in der Hand mit diesen Bestien – und niemand würde ihm einen Vorwurf machen, wenn er seinen Hof schützte. Triumphierend erschien diese Gewissheit auf seinem Gesicht. Sein Hof, seine Hunde – sein Reich.
»Verpiss dich«, sagte er und packte Ann hart an der Schulter.
»Bitte«, versuchte Penelope es erneut. »Ich bitte um einen Becher Wasser. In Christi Namen, nur einen Becher Wasser.« Innerlich bebte sie vor Angst um Ann, die ihr Gesicht hinter den Händen verbarg. Ihr wundervolles langes Haar hing zerzaust über die Schultern und bis auf den Boden herab, das Hemd war aus dem Rock gerutscht und entblößte an einer Stelle ihren blutigen Rücken.
Er musste sie bereits im Haus geschlagen haben.
»Seien Sie so freundlich und geben Sie mir einen Becher Wasser«, wiederholte Penelope und überwand sich, an den nun knurrenden Hunden vorbeizugehen. Für ihre Freundin fand sie den Mut und beschleunigte ihre Schritte. »Ich möchte nur Wasser haben, in Christi Namen.«
Hinter dem Haus bewegte sich etwas – zwei Männer mit Harken kamen um die Ecke, die Harken zogen sie müde hinter sich her. Zerlumpte Sträflingskleidung schlabberte um ihre mageren Körper, schwarze Augen stachen aus hohlwangigen Gesichtern heraus. Sie zögerten, taten noch einen Schritt und noch einen. Penelope hoffte, dass sie Ann gegen ihren Herrn zu Hilfe eilen
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